Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert einer durchgeführten Nebenintervention stimmt, auch wenn der Nebenintervenient keinen eigenen Antrag stellt, mit dem Streitwert der Hauptsache überein. Auf seinen Antrag kommt es für den Streitwert der Nebenintervention nur an, wenn er, sofern im Einzelfall überhaupt möglich, klarstellt, dass er sich nur teilweise am Rechtsstreit beteiligt (Anschluss an BGHZ 31, 144 = NJW 1960, 42).
Normenkette
GKG § 25; ZPO §§ 3, 66, 101
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 14 O 555/99) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 25.6.2002 gegen den Beschluss des LG Freiburg vom 18.6.2002 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den ergänzenden Streitwertbeschluss des LG vom 18.6.2002 ist gem. §§ 567 Abs. 1 ZPO, 25 Abs. 3 S. 1 GKG zulässig, jedoch nicht begründet. Da gem. § 25 Abs. 2 S. 2 GKG der festgesetzte Streitwert auch von Amts wegen geändert werden kann, steht die vorangegangene Beschwerdeentscheidung des OLG einer ergänzenden Festsetzung des Streitwertes der Nebenintervention nicht entgegen.
Zutreffend hat sich das LG bei dieser Streitwertfestsetzung der Rechtsprechung des BGH folgend (BGHZ 31, 136 [140] = MDR 1960, 139) am Wert der Hauptsache orientiert (so auch OLG München v. 27.3.1997 – 28 U 2631/96, OLGReport München 1997, 179 = MDR 1997, 788 = NJW-RR 1998, 420). Dem gegenüber stellt die überwiegende Rechtsprechung der OLG (vgl. hierzu Schneider/Herget, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rz. 3360 m.w.N.) auf das eigene Interesse des Streithelfers an seinem Beitritt ab. Dem ist nicht zu folgen.
Entscheidend ist vielmehr das Interesse des Streithelfers am Ausgang des Rechtsstreits selbst und nicht sein wirtschaftliches Interesse außerhalb des Rechtsstreits. Auch sonst kommt es bei der Streitwertfestsetzung auf das Interesse der Parteien am Ausgang des Rechtsstreits selbst und nicht darauf an, welche anderweitigen Interessen sie außerhalb des Rechtsstreits verfolgen. Unterstützt der Streithelfer eine Hauptpartei nur hinsichtlich eines Teiles von deren Ansprüchen, so ist nur deren Teilwert anzusetzen, eine solche Situation liegt jedoch hier nicht vor. Wenn auch die Streithelferin der Kläger keinen eigenen Antrag gestellt hat und für sie außerhalb des Rechtsstreits im Verhältnis zu den Klägern nur von Interesse war, ob der Rechtsvorgänger der Kläger wegen eines Teilbetrages von 100.000 DM einer ausgezahlten Lebensversicherung entreichert war, so war doch im Rechtsstreit selbst für die Streithelferin der Kläger von Interesse, ob die Kläger mit ihrem Vorbringen Erfolg haben, ihr Rechtsvorgänger sei geschäftsunfähig gewesen und deshalb sei ihre Klage in vollem Umfang begründet.
Mit ihrem Beitritt hat sich die Streithelferin der Kläger auch ohne Antragstellung diesem Begehren des Klägers angeschlossen. Mit diesem Anschluss hat sie sich an dem Prozess in dem gleichen Umfang beteiligt, wie die Partei, der sie beigetreten ist. Soweit sie Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringt, bezwecken sie in einem Fall wie hier den Sieg dieser Partei in voller Höhe des von dieser geltend gemachten Klaganspruchs. Sie konnte auch selbstständig Rechtsmittel einlegen. Für die Art ihrer Prozessführung macht es keinen Unterschied, ob sie ein wirtschaftliches Interesse hat, das dem der Hauptpartei gleichkommt oder ob es geringer oder gar höher ist. Diese Fragen sind lediglich für das Innenverhältnis zwischen ihr und der von ihr unterstützten Partei und später für die Höhe eines etwaigen Anspruchs zwischen diesen Parteien nach beendetem Rechtsstreit von Bedeutung. Während des Prozesses und im Verhältnis der Gegenpartei steht der Streithelfer nicht anders als die Hauptpartei. Sein prozessuales Verhalten bezieht sich auf den selben Streitgegenstand wie dasjenige der Parteien selbst (BGHZ 31, 136 [140] = MDR 1960, 139).
Auch im Übrigen sind für die Streitwertfestsetzung die Rechtsbeziehungen außerhalb des eigentlichen Rechtsstreits nicht von Bedeutung. Dem Gesichtspunkt des Kostenrisikos kommt demgegenüber keine entscheidende Bedeutung zu. Der Streitverkündende und der Streitverkündungsgegner haben die freie Entscheidung, ob sie unter Kostengesichtspunkten von der Möglichkeit der Streitverkündung oder des Beitritts Gebrauch machen. Insofern ist für sie die Situation die gleiche wie für jede Hauptpartei. Hingegen würde bei einer Bewertung des Interesses des Streithelfers nach dem Interesse außerhalb des Rechtsstreits dieser trotz gleicher Stellung im Rechtsstreit gegenüber den Hauptparteien einseitig begünstigt. So lange der Streithelfer, sofern im Einzelfall überhaupt möglich, nicht klarstellt, dass er sich nur teilweise am Rechtsstreit beteiligt, kann es deshalb nicht darauf ankommen, ob er selbst einen Antrag stellt.
Fundstellen
Haufe-Index 1106628 |
NJW-RR 2003, 1007 |
JurBüro 2003, 83 |
MDR 2003, 357 |
BRAGOreport 2003, 59 |
OLGR-KS 2002, 458 |