Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Keine Gleichartigkeit zwischen Grundrentenentgeltpunkten und übrigen Entgeltpunkten
Leitsatz (amtlich)
1. Zwischen Grundrentenentgeltpunkten und übrigen Entgeltpunkten besteht auch nach der zum 01.07.2024 in Kraft getretenen Neuregelung des § 120f SGB VI weiterhin keine Gleichartigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG.
2. Der Entfall des bisherigen § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI beruht auf einem gesetzgeberischen Versehen.
Normenkette
SGB VI § 120 f.; VersAusglG § 18
Verfahrensgang
AG Lörrach (Beschluss vom 20.06.2024; Aktenzeichen 11 F 704/23) |
Tenor
1. Auf die Beschwerden der Antragstellerin und der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lörrach vom 20.06.2024 (11 F 704/23) dahingehend abgeändert, dass in Ziffer 2 des Tenors nach dem zweiten Absatz der nachfolgend genannte weitere Absatz eingefügt wird:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (Vers. Nr. ...) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 0,4589 Entgeltpunkten für langjährige Versicherung auf deren Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. ...), bezogen auf den 31.07.2023, übertragen.
2. Die beteiligten Ehegatten tragen die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens jeweils zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.488 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Regelung des Versorgungsausgleichs.
Mit Verbundbeschluss vom 20.06.2024 hat das Amtsgericht - Familiengericht - Lörrach (11 F 704/23) die am ...2017 geschlossene Ehe der beteiligten Ehegatten aufgrund des am 26.08.2023 zugestellten Scheidungsantrags geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.
Dabei hat das Amtsgericht die vom Antragsgegner bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (im Folgenden: weitere Beteiligte Ziffer 3) erworbenen Anrechte ausgeglichen, ohne den in der Auskunft des Versorgungsträgers vom 03.04.2024 ausgewiesenen Ausgleichswert hinsichtlich der Entgeltpunkte für langjährige Versicherung zu berücksichtigen.
Gegen den ihnen jeweils am 01.07.2024 zugestellten Beschluss wenden sich sowohl die Antragstellerin als auch die weitere Beteiligte Ziffer 3 mit ihren jeweils am 08.07.2024 beim Amtsgericht Lörrach eingegangenen Beschwerden, mit denen sie beantragen, die Entscheidung über den Versorgungsausgleich hinsichtlich der vom Antragsgegner in der Ehezeit erworbenen Grundrentenentgeltpunkte zu ergänzen.
Die übrigen Beteiligten hatten Gelegenheit zu Stellungnahme.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Auf die nach §§ 58 ff. FamFG statthaften, form- und fristgerecht eingelegten und insgesamt zulässigen Beschwerden der Antragstellerin und der weiteren Beteiligten Ziffer 3 war der Ausspruch zum Versorgungsausgleich wie aus Ziffer 1 des Tenors ersichtlich abzuändern.
1. Es liegt eine im Versorgungsausgleichsverfahren wirksame Teilanfechtung der Entscheidung des Familiengerichts bezüglich des Ausgleichs der vom Antragsgegner bei der weiteren Beteiligten Ziffer 3 erworbenen Entgeltpunkte für langjährige Versicherung (sog. Grundrentenentgeltpunkte) vor (vgl. BGH vom 03.02.2016 - XII ZB 629/13, juris Rn. 7; BGH vom 26.01.2011 - XII ZB 504/10, juris Rn. 17).
Bei den Grundrentenentgeltpunkten handelt es sich um ein eigenständiges, gesondert auszugleichendes Anrecht (OLG Nürnberg vom 06.05.2022 - 11 UF 283/22, juris Rn. 6; OLG Koblenz vom 04.03.2022 - 7 UF 46/22, juris Rn. 10; OLG Braunschweig vom 30.05.2022 - 2 UF 66/22, juris Rn. 12). Die übrigen Anrechte der Antragstellerin und des Antragsgegners sind durch die Beschwerde nicht betroffen. Die Antragstellerin hat in der Ehezeit keine Grundrentenentgeltpunkte erlangt.
Zwischen den vom Antragsgegner erworbenen Grundrentenentgeltpunkten und den von der Antragstellerin erworbenen übrigen Entgeltpunkten besteht keine wechselseitige Gleichartigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG (BGH vom 10.01.2024 - XII ZB 389/22, juris Rn. 20; jurisPK-BGB/Breuers, 10. Auflage 2023, § 18 VersAusglG Rn. 55), die eine Einbeziehung ihres Anrechts gebieten würde (vgl. BGH vom 03.02.2016 - XII ZB 629/13, juris Rn. 7). Bislang war in § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ausdrücklich klargestellt, dass die in der allgemeinen Rentenversicherung als Zuschläge für langjährige Versicherung gewährten Entgeltpunkte und die übrigen Entgeltpunkte nicht als Anrechte gleicher Art gelten. Nach der zum 01.07.2024 in Kraft getretenen Neufassung des § 120f Abs. 2 SGB VI gelten zwar nur noch die in der allgemeinen Rentenversicherung und in der knappschaftlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte nicht als Anrechte gleicher Art. Die bisherige Nr. 3 der Vorschrift ist entfallen. Hierbei handelt es sich indes um ein gesetzgeberisches Versehen. Die zum 01.07.2024 in Kraft getretene Fassung wurde bereits mit dem Renten...