Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsrecht. Abänderung. Abänderung des Umgangsrechts
Leitsatz (amtlich)
Umgangskontakte des nicht mehr sorgeberechtigten Elternteils mit den gemeinsamen Kindern sind mit den Augen der Kinder zu sehen. Die Interessen des umgangsberechtigten Elternteils sind hierbei nachrangig. Die Kinder dürfen daher nicht durch eine über das übliche Maß hinausgehende Umgangsregelung überfordert werden, nur weil diese als „Trostpflaster” für den auf das Sorgerecht verzichtenden Elternteil vereinbart worden war.
Normenkette
BGB §§ 1634, 1696
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Beschluss vom 04.07.1997; Aktenzeichen 3 F 258/96) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Karlsruhe vom 04.07.1997 – 3 F 258/96 – wird zurückgewiesen.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten in zweiter Instanz hat der Antragsgegner zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin (Kindesmutter) begehrt eine Reduzierung des Umgangsrechts des Antragsgegners (Kindesvater) mit seinen Töchtern.
Die Parteien sind seit 03.03.1993 durch Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Karlsruhe (3 F 34/92) rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus ihrer am 25.09.1986 in Cham geschlossenen Ehe gingen die Kinder … geboren am 19.04.1989 und …, geboren am 28.06.1991 hervor. Das Sorgerecht für die Kinder wurde anläßlich der Scheidung der Kindesmutter übertragen.
Die Eltern hatten zunächst noch im Scheidungstermin wechselseitige Sorgerechtsanträge gestellt, dann jedoch Einigung dahingehend erzielt, daß die elterliche Sorge der Kindesmutter allein zustehen soll. Der Kindesvater erhielt das Recht, die Kinder alle zwei Wochen jeweils von Mittwoch 09:00 Uhr bis zum darauffolgenden Sonntag 18:00 Uhr zu sich zu nehmen bei flexibler Regelung der Geburtstage, Feiertage sowie Ferien (AS 85 der beigezogenen Akten 3 F 34/92 des Amtsgerichts Karlsruhe).
Ab 27.06.1995 verschoben die Parteien – veranlaßt durch die berufliche Beanspruchung des Kindesvaters – einvernehmlich die Umgangstermine vierzehntägig auf Donnerstag 09:00 Uhr bis Sonntag 09:00 Uhr, dann ab 15.05.1996 auf Mittwoch 16:30 Uhr bis Sonntag 18:00 Uhr (vgl. AS 9 der erstinstanzlichen Akten 3 F 258/96 wegen § 33 FGG). Ab Oktober 1996 ist der Umfang der Umgangskontakte des Vaters mit seinen Kindern erneut streitig.
Der 34 Jahre alte Kindesvater ist in zweiter Ehe verheiratet. Er studiert nach wie vor Architektur, hat sich darüber hinaus aber selbständig gemacht auf dem Gebiet „Computersysteme im Bauwesen”. Die 33 Jahre alte, nicht berufstätige Kindesmutter ist ebenfalls wieder verheiratet. Aus ihrer neuen Beziehung ist das Kind …, am 22.06.1993 hervorgegangen.
Mit Schriftsatz vom 10.10.1996 begehrte der Kindesvater die Durchsetzung der gerichtlichen Umgangsvereinbarung und des die Umgangsvereinbarung genehmigenden Beschlusses des Amtsgerichts Karlsruhe vom 03.03.1993 (vgl. AS 1 der erstinstanzlichen Akten 3 F 258/96 wegen § 33 FGG).
Mit Schriftsatz vom 18.10.1996 leitete die Kindesmutter das vorliegende Verfahren mit dem Antrag ein, die Vereinbarung vom 03.03.1993 dahingehend abzuändern, daß der Antragsgegner das Recht hat, seine Kinder jeweils nur noch jedes zweite Wochenende von Freitag, 17:30 Uhr bis Sonntag 17:30 Uhr zu sich zu nehmen (I, 3). Zur Begründung führte die Antragstellerin aus, die Kinder hätten in den letzten Jahren sehr darunter gelitten, daß es zwischen den Eltern ein ständiges Hin und Her über die Ausübung der Besuchskontakte des Vaters gegeben habe. Insbesondere … zeige inzwischen körperliche Schmerzsymptome. Beide Mädchen müßten wissen, wo nun ihr Zuhause sei. Der vom Antragsgegner gewünschte intensive Umgang mit seinen Kindern verhindere, daß die Kinder die Vorstellungen der Mutter über die medizinische Betreuung und schulische Ausbildung akzeptieren könnten, da der Vater konträre Vorstellungen habe und diese vor den Kindern nicht verbergen könne; so habe er sogar öffentlich gegen die freie Waldorfschule Stellung genommen, die die älteste Tochter besuche.
Demgegenüber hat der Antragsgegner auf den Wunsch der Kinder abgestellt, die genauso oft bei ihm wie bei der Mutter sein wollten. Er halte es aus der Sicht eines engagierten Vaters, der an Elternabenden teilnehme, gemeinsame Gespräche unter Moderation eines Lehrers suche, nicht für tragbar, sich in die Rolle des Wochenendvaters drängen zu lassen. Auch die religiösen Überzeugungen der Kindesmutter und ihres Ehemanns, die der Sekte des indischen Guru Sathya Baba angehören würden – was die Antragstellerin allerdings bestreitet –, erforderten ein sehr großzügiges Umgangsrecht für ihn, da ansonsten die Entwicklung der Kinder zu kontaktfähigen und freien Menschen behindert würde.
Das Familiengericht hat ein Gutachten des Sachverständigen … eingeholt. Dieser schlägt in seinem Gutachten vom 18.04.1997 (I, 111 ff.) vor, den Vater-Kind-Kontakt quantitativ in der Weise weiterzuführen, wie dies ursprünglich zwischen den Parteien vereinbart worden war. Der ...