Leitsatz (amtlich)
Solange im Unterhaltsverfahren die Möglichkeit besteht, einen die Beschwerdesumme unterschreitenden Beschwerdeantrag noch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung auf einen die Wertgrenze des § 61 Abs. 1 FamFG übersteigenden Umfang zu erweitern, darf die Beschwerde nicht wegen Nichterreichens der Beschwerdesumme als unzulässig verworfen werden. Nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist kann die Erweiterung jedoch nur auf schon in der Beschwerdebegründung angeführte Gründe gestützt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 27. März 2012 - VI ZB 74/11 -, juris). Fehlen diese, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Normenkette
FamFG § 61 Abs. 1, § 117 Abs. 1 S. 3
Verfahrensgang
AG Pforzheim (Aktenzeichen 1 F 329/21) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim (1 F 329/21) vom 23.05.2022 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt im Beschwerdeverfahren die Zahlung von weiterem rückständigem Trennungsunterhalt für die Monate Oktober und November 2021.
Die Beteiligten heirateten am 05.05.2021 standesamtlich, nachdem sie bereits am 18.07.2020 nach islamischem Ritus die Ehe geschlossen hatten. Bereits im Mai 2021 trennten sie sich wieder und wurden mit Beschluss vom 22.12.2021 durch das Amtsgericht - Familiengericht - Pforzheim (1 F 228/21) geschieden.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.10.2021 forderte die Antragstellerin den Antragsgegner zu der Zahlung von monatlichem Trennungsunterhalt in Höhe von 513,00 EUR auf.
Nachdem eine außergerichtliche Einigung nicht zustande gekommen war, hat die Antragstellerin beim Amtsgericht - Familiengericht - Pforzheim (1 F 329/21) mit Schriftsatz vom 22.12.2021 einen rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 513,00 EUR für den Zeitraum Mai 2021 bis einschließlich November 2021 geltend gemacht.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie habe um den 23.05.2021 einige Tage bei ihrer Tante in K. verbracht. Dort habe sie über ihre Vermieterin erfahren, dass der Antragsgegner und sie getrennt seien. Sie habe den Antragsgegner in der Folgezeit mündlich zu der Zahlung von Trennungsunterhalt aufgefordert. Bei der Berechnung des Unterhalts seien bei ihr pauschale berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 80,00 EUR monatlich anzurechnen.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich begehrt, den Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin rückständigen Trennungsunterhalt für die Monate Mai bis November 2021 in Höhe von insgesamt 3.591,99 EUR zu bezahlen.
Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten und hat die Antragsabweisung verfolgt.
Er hat vorgetragen, die Antragstellerin habe ihn zu einer Zahlung von Trennungsunterhalt für die Monate Mai bis einschließlich September 2021 nicht aufgefordert. Bei ihm seien zudem Fahrtkosten zu seiner Arbeitsstätte in Höhe von 310,50 EUR monatlich zu berücksichtigen.
Mit Beschluss vom 23.05.2022 hat das Amtsgericht den Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin einen rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von insgesamt 780,00 EUR für die Monate Oktober und November 2022, jeweils 390,00 EUR, zu bezahlen. Hinsichtlich der Monate Mai bis einschließlich September 2021 hat es die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen, da eine hinreichende Aufforderung zur Zahlung von Unterhalt im Sinne des § 1613 Abs. 1 BGB erst ab Oktober 2021 nachgewiesen sei. Zu diesem Beweisthema hat das Amtsgericht die von der Antragstellerin benannte Zeugin F. A. vernommen. Seiner Unterhaltsberechnung hat es die zwischen den Beteiligten unstreitigen Nettoeinkommen in Höhe von 1.637,57 EUR (Antragstellerin) und 2.800,00 EUR (Antragsgegner) sowie für den Antragsgegner monatliche Fahrtkosten zu seiner Arbeitsstätte in Höhe von 297,00 EUR zugrunde gelegt. Für die Antragstellerin seien keine berufsbedingten Aufwendungen in Abzug zu bringen. Da sie ihre Arbeitsstelle fußläufig erreichen könne, entstünden ihr keine Fahrtkosten. Anderweitige Aufwendungen habe sie nicht geltend gemacht.
Konkrete berufsbedingte Aufwendungen der Antragstellerin - insbesondere in Form von Fahrtkosten - waren nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Vortrags der Beteiligten.
Die Antragstellerin hat gegen den ihr am 24.05.2022 zugestellten Beschluss am 20.06.2022 unbeschränkt Beschwerde eingelegt.
Mit Beschwerdebegründungsschrift vom 21.07.2022 führt sie aus, das Amtsgericht habe zu Unrecht nicht berücksichtigt, dass die Antragstellerin ab dem 27.05.2021 aus K. zu ihrer Arbeitsstelle in M. habe fahren müssen. Dies gehe aus der Vernehmung der Zeugin A. im amtsgerichtlichen Verfahren hervor. Es seien daher monatliche Fahrtkosten in Höhe von 954,50 EUR zu berücksichtigen, woraus sich für die Monate Oktober und November 2021 ein monatlicher Trennungsunterhaltsanspruch in Höhe von jeweils 907,00 EUR errechne.
Sie beantragt mit Beschw...