Leitsatz (amtlich)
Die Anordnung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung eines Verurteilten, dessen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 StGB) gemäß § 67 d Abs. 6 StGB erledigt worden ist und der danach die zugleich verhängte Freiheitsstrafe verbüßt, kommt nach § 66 b Abs. 1 oder 2 StGB nicht schon in Betracht, weil seine Gefährlichkeit fortbesteht; hinzukommen müssen Tatsachen die losgelöst von denjenigen, die zur Begründung der Maßregel des § 63 StGB herangezogen waren, die Gefährlichkeit des Verurteilten auf abweichender Grundlage belegen.
(Anschluss an BGH GSSt 1/08 vom 07.10.2008).
Tenor
Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Unterbringungsbefehl des Landgerichts F. vom 15.12.2008 aufgehoben und die Freilassung des Verurteilten angeordnet.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
I.
1.
J. R. wurde durch Urteil des Landgerichts F. vom 12.04.2001 - 2 KLs 10 Js 20951/00 AK 30/00), rechtskräftig seit 20.04.2001, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 2 Fällen und wegen sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen in zwei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt; darüber hinaus wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Die Strafkammer sah es ausweislich der nach § 267 Abs. 4 StPO abgekürzt abgefassten Urteilsgründe als erwiesen an, dass der homosexuell pädophile Verurteilte, der bereits durch Urteil des Landgerichts F. vom 22.04.1993 - 35 KLs 14/92 - wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit homosexuellen Handlungen zu der Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt worden war und vier Jahre und vier Monate dieser Freiheitsstrafe verbüßt hatte, unmittelbar nach seiner bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug im Jahr 1996 Kontakt zu männlichen Kindern im Alter zwischen 11 und 14 Jahren und männlichen Jugendlichen aufgenommen und die nachfolgend aufgeführten Straftaten begangen hat:
-
An einem Nachmittag in den Sommerferien des Jahres 1997 hatte der - möglicherweise alkoholisierte, aber in seiner Steuerungsfähigkeit nicht eingeschränkte - Verurteilte mit dem am 30.03.1986 geborenen A. M., dem er zuvor eine nicht unerhebliche Menge Alkohol (Eierlikör) zu trinken gegeben hatte, gemeinsam gebadet, vor ihm bis zum Samenerguss onaniert, den Jungen schließlich eingeseift und dabei - in sexueller Absicht - den Penis des Jungen kurz angefasst. Das Landgericht hat den nach § 176 StGB strafbaren sexuellen Missbrauch des Kindes mit einer Einzelstrafe von einem Jahr und vier Monaten geahndet. Ausweislich der tatrichterlichen Feststellungen litt das Tatopfer als Folge der sexuellen Übergriffe - zu denen das Landgericht neben der abgeurteilten Tat weitere Vorfälle rechnete, die nicht Gegenstand der Anklage gewesen sind oder von deren Verfolgung in der Hauptverhandlung vorläufig gemäß § 154 Abs. 2 StPO abgesehen worden ist - unter Schlafstörungen und Aggressionen, die mehrere Psychotherapien erforderlich machten.
-
Zu einem nicht näher bezeichneten Tatzeitpunkt vollzog der Verurteilte an dem am 25.03.1985 geborenen M.B., den er im Sommer des Jahres 1999 kennen gelernt hatte, den Oralverkehr; im Juni 2000 vollzog der Verurteilte im Beisein des am 07.09.1986 geborenen P. K. an M. B. den Analverkehr und veranlasste P. K. dazu, gleichfalls den Analverkehr an B. zu vollziehen. Das Landgericht hat die als Vergehen des sexuellen Missbrauchs eines Jugendlichen (§ 182 StGB) qualifizierten Taten mit Einzelstrafen von sechs (Oralverkehr) und acht Monaten (Analverkehr) geahndet.
-
Am 12. oder 13.06.2000 vollzog der Verurteilte an dem zur Tatzeit 13 Jahre alten P. K., der seit dem 12.06.2000 dauerhaft bei ihm wohnte, sich sexuell auffällig verhielt und möglicherweise die Initiative zu ersten sexuellen Kontakten zum Verurteilten ergriffen hatte, den Oralverkehr und manipulierte anschließend am Penis des Jungen. Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt (UAs 14), dass "der persönlichkeitsbedingt labile" Verurteilte, der "seit 1998 immer mehr in seine alten Verhaltensweisen, die auch zu der letzten Verurteilung geführt hatten, zurückgefallen" war, dessen Leben durch die zunehmende Anzahl von Sexualkontakten zu Kindern und Jugendlichen bestimmt wurde und der sich ein oder zwei Tage nach dem Einzug des Jungen an die Polizei, das Jugendamt und die Mutter des Jungen gewandt und sie über seine - einschlägigen - Vorstrafen informiert hatte, möglicherweise in seiner Fähigkeit, Sexualkontakte zu P. K zu unterlassen, erheblich eingeschränkt war. Die als schwerer sexueller Missbrauch eines Kindes im Sinne des § 176a StGB qualifizierte Tat wurde mit einer Einzelstrafe von zwei Jahren geahndet.
-
Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt Ende Juli oder Anfang August des Jahres 2000 vollzog der Verurteilte an dem am 28.02.1988 geborenen P. S. den Oralverkehr. Der tatrichterlichen Wertung zufolge war die Steuerungsfäh...