Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung der Sachverständigenvergütung bei einer erheblichen Überschreitung des Auslagenvorschusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine "erhebliche" Überschreitung des Auslagenvorschusses - die gemäß § 8a Abs. 4 JVEG zu einer Kürzung der Sachverständigenvergütung führen kann - setzt voraus, dass Kosteninteressen der Parteien tangiert sind.

2. Wäre der Gutachtenauftrag bei einer rechtzeitigen Anzeige des Sachverständigen, dass der angeforderte Vorschuss nicht ausreicht, weder abgebrochen noch eingeschränkt worden, kommt eine Kürzung der Vergütung gemäß § 8a Abs. 4 JVEG nicht in Betracht.

 

Normenkette

JVEG § 8a Abs. 4; ZPO § 407a Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Offenburg (Beschluss vom 03.08.2016; Aktenzeichen 2 O 194/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Sachverständigen Michael Schwarz wird der Beschluss des LG Offenburg vom 03.08.2016, Az. 2 O 194/13, abgeändert:

Die Vergütung des Sachverständigen Michael Schwarz wird auf 6.695,06 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat im Verfahren vor dem LG Offenburg die Zahlung einer Versicherungsleistung in Höhe von 14.882,30 EUR verlangt. Nach einem Rohrbruch hat die Klägerin geltend gemacht, bestimmte Schäden am Belag eines Balkons und an der Außenfassade seien durch ausgetretenes Leitungswasser verursacht worden. Die entsprechenden Reparaturkosten seien daher von der Beklagten im Rahmen der Wohngebäudeversicherung zu erstatten. Auf Antrag der Klägerin hat das LG zur Frage der Verursachung der Schäden ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt. Dieses Gutachten hat der Beschwerdeführer erstellt. Das Gutachten ist zu dem Ergebnis gekommen, die von der Klägerin im Rechtsstreit angegebenen Schäden seien nicht durch ausgetretenes Leitungswasser verursacht worden. Die Klägerin hat daraufhin ihre Klage zurückgenommen.

Für die Erstattung des Gutachtens hat das LG Kostenvorschüsse in Höhe von insgesamt 5.000,00 EUR angefordert. Die Vorschüsse sind von der Klägerin bezahlt worden. Der Beschwerdeführer hat am 22.04.2016 das Gutachten bei Gericht eingereicht, und gleichzeitig seine Leistungen mit insgesamt 6.695,06 EUR abgerechnet. Die Kostenbeamtin des LG hat mit Verfügung vom 28.04.2016 die Rechnung gekürzt und einen Betrag lediglich in Höhe der angeforderten Vorschüsse von 5.000,00 EUR zur Zahlung angewiesen. Auf Antrag des Sachverständigen hat der Einzelrichter des LG mit Beschluss vom 03.08.2016 die Vergütung des Sachverständigen auf 5.000,00 EUR festgesetzt. Der Sachverständige habe seine Pflicht aus § 407a Abs. 3 Satz 2 ZPO verletzt, das Gericht rechtzeitig auf eine absehbare erhebliche Überschreitung des angeforderten Vorschusses hinzuweisen. Daher sei die Vergütung des Sachverständigen gemäß § 8a Abs. 4 JVEG auf den Betrag der Vorschüsse in Höhe von insgesamt 5.000,00 EUR zu begrenzen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde des Sachverständigen. Er ist der Auffassung, die Staatskasse schulde den vollen Betrag seiner Rechnung in Höhe von 6.695,06 EUR. Der Umstand, dass er das Gericht vor Erstellung des Gutachtens nicht auf die den Vorschuss übersteigenden Kosten hingewiesen habe, könne keine Bedeutung haben. Denn unter den gegebenen Umständen stehe fest, dass die Parteien auch in Kenntnis der höheren Kosten nicht auf die Erstellung des Gutachtens verzichtet hätten. Der unterbliebene Hinweis auf höhere Kosten habe mithin nicht zu einem finanziellen Nachteil der Parteien geführt. An dem unterbliebenen Hinweis treffe ihn zudem kein Verschulden. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass das Gericht auch nach Eingang des schriftlichen Gutachtens noch einen zusätzlichen Vorschuss hätte anfordern können.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten mit Beschluss vom 25.10.2016 dem Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - zur Entscheidung vorgelegt. Die Rechnung des Sachverständigen überschreite den Vorschuss von 5.000,00 EUR um 34 Prozent. Dies sei erheblich im Sinne von § 8a Abs. 4 JVEG. Der Sachverständige hätte die erwartende Überschreitung des Vorschusses rechtzeitig vorher erkennen und dem Gericht mitteilen können. Bei einer erheblichen Überschreitung des Vorschusses habe das Gericht nach der gesetzlichen Regelung in § 8a Abs. 4 JVEG keinen Spielraum bei der Entscheidung.

Die Parteien hatten im Beschwerdeverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Bezirksrevisorin bei dem LG Offenburg tritt als Vertreterin der Staatskasse der Beschwerde entgegen. Sie hält die Auffassung des LG im Nichtabhilfebeschluss für zutreffend und verweist auf einschlägige Gerichtsentscheidungen.

II. Die zulässige Beschwerde des Sachverständigen ist begründet. Ihm steht für die Erstellung des schriftlichen Gutachtens eine Vergütung in Höhe von 6.695,06 EUR zu.

1. Die Abrechnung des Sachverständigen vom 22.04.2016, die mit einer Summe von 6.695,06 EUR brutto schließt, entspricht den Vorschriften des JVEG. Der Sachverständige hat insgesamt 58,75 Stunden für seine Tätigkeit aufgewendet. Zusammen mit den weiteren Positionen ergibt sich ...

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