Leitsatz (amtlich)
Bei einer Vertragsübernahme durch Vertrag zwischen ausscheidendem und eintretendem Vertragspartner wirkt Zustimmung der verbleibenden Vertragspartei gem. § 184 Abs. 1 BGB auf den Zeitpunkt des Vetragsschlusses zurück.
Normenkette
BGB §§ 182, 184
Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 30.04.2007; Aktenzeichen 9 O 371/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der die Bewilligung der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des LG Mannheim vom 30.4.2007 - 9 O 371/06 - aufgehoben und die Sache an das LG zurückverwiesen.
Gründe
Die Antragstellerin macht Ansprüche aus einem gekündigtem Lebensversicherungsvertrag geltend. Das LG hat Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, Ansprüche aus abgetretenem Recht kämen mangels rechtzeitiger Anzeige der Abtretung an die Antragsgegnerin nicht in Betracht. Der Lebensversicherungsvertrag sei auch nicht wirksam auf die Antragstellerin übertragen worden, da die Antragsgegnerin zum Zeitpunkt der Pfändung noch nicht zugestimmt habe. Zum Zeitpunkt der Zustimmung sei die Forderung bereits gepfändet gewesen und Verfügungen nach der Pfändung der Gläubigerin ggü. gem. §§ 136 BGB, 829 ZPO relativ unwirksam.
Die sofortige Beschwerde ist begründet und hat vorläufig Erfolg. Sie führt zur Zurückverweisung an das LG.
Nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des LG, dass die Abtretung vom 12.5.2003 der Antragsgegnerin bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht vor Zugang des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom 28.6.2006 angezeigt wurde. Das Schreiben der Antragstellerin und ihres Ehemannes vom 14.5.2006 nimmt keinen Bezug auf die frühere Abtretung und zielt auch nicht auf eine bloße Übertragung von Rechten, sondern auf eine Vertragsübernahme ab. Als Anzeige einer Abtretung i.S.v. § 13 ALB kann die Mitteilung nicht verstanden werden (§ 133 BGB).
Zutreffend geht das LG davon aus, dass die Antragstellerin und ihr Ehemann am 14.5.2006 um die Mitwirkung der Antragsgegnerin an einer Vertragsübernahme nachsuchten, über welche sich beide Eheleute einig waren. Dem LG ist auch darin zu folgen, dass das Schreiben vom 22.5.2006 noch nicht die für die Bewirkung der Vertragsübernahme notwendige Erklärung der Antragsgegnerin darstellte. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass eine Zustimmung als Einwilligung oder Genehmigung auch konkludent erteilt werden kann (MünchKomm/BGB, 2003, Vorbemerkung zu § 414, Rz. 8 und § 398 Rz. 4).
Nicht gefolgt werden kann aber der Auffassung des LG, dass wegen der am 6.7.2006 erfolgten Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Zustimmungserklärung der Antragsgegnerin in keinen Fall einen (unbelasteten) Vertragsübergang auf die Antragsgegnerin bewirken konnte. Mit der von der Antragsstellerin herangezogenen Vorschrift des § 184 Abs. 1 BGB hat das LG sich nicht auseinander gesetzt.
Bei einer Vertragsübernahme handelt es sich um das Auswechseln einer Vertragspartei durch Rechtsgeschäft. Sie setzt die Mitwirkung von drei Parteien voraus und kann in der Form eines "dreiseitigen Vertrages" oder durch Vertrag zwischen ausscheidendem und eintretendem Vertragspartner unter Zustimmung der verbleibenden Vertragspartei vorgenommen werden (BGH v. 20.4.2005 - XII ZR 29/02, MDR 2005, 920 = BGHReport 2005, 1169 = NJW-RR 2005, 958, 959). Hätten die Antragstellerin, ihr Ehemann und die Antragsgegnerin den Vertragsübergang als dreiseitigen Vertrag ausgestaltet, so wäre der Übergang erst mit der Vertragserklärung der Antragsgegnerin als verbleibender Vertragspartners wirksam geworden. Die der Antragstellerin übertragenen Rechte wären daher durch die vorangegangene Pfändung durch die Rechte der Gläubigerin des Ehemanns geschmälert.
Anders verhält es sich jedoch, wenn hier von einem Vertrag zwischen ausscheidendem und eintretendem Vertragspartner unter Zustimmung der verbleibenden Vertragspartei ausgegangen werden muss. Nach herrschender Meinung unterfällt diese Zustimmung den §§ 182 ff. BGB (BGH v. 20.6.1985 - IX ZR 173/84, BGHZ 95, 88 = MDR 1985, 1021; BGH v. 3.12.1997 - XII ZR 6/96, BGHZ 137, 255 = MDR 1998, 394). Auf die durchaus beachtliche Gegenmeinung (vgl. Bamberger/Roth/Bub, BGB, vor § 182 Rz. 8) kann eine Versagung der Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht daher nicht gestützt werden (BGH VersR 2006, 718; OLG Karlsruhe v. 13.11.2006 - 16 WF 163/06, OLGReport Karlsruhe 2007, 269-270). Nach § 184 Abs. 1 BGB wirkt die Zustimmung regelmäßig auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück. Dass hier anderes bestimmt ist, ist nicht auszumachen. Somit wäre die Antragstellerin im Zeitpunkt der Pfändung am 6.7.2006 hinsichtlich der streitgegenständlichen Lebensversicherung bereits in die damalige gesamte Rechtsstellung ihres geschiedenen Ehemanns eingetreten und materiell Berechtigte gewesen. § 184 Abs. 2 BGB steht einem unbelasteten Rechtserwerb der Antragstellerin nicht entgegen, da nach Maßgabe dieser Vorschrift lediglich Zwangsverfügungen gegen den Zustimmenden ihre Wirkung behalten. Der Pfändung...