Leitsatz (amtlich)
1. Hat eine Partei den Schonbetrag übersteigendes Vermögen ausgegeben, vermindert dies das nach § 115 Abs. 3 ZPO einzusetzende Vermögen, wenn ihr nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Einkommen rechnerisch unter Null liegt und die Ausgaben dem Fehlbetrag entsprechen. Andernfalls (also: die Ausgaben übersteigen den Fehlbetrag oder es liegt ein nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Einkommen vor) ist die Verminderung des Vermögens für § 115 Abs. 3 ZPO nur beachtlich, wenn Sonderbedarf zu befriedigen war und (oder) die Ausgaben sich nicht als grob fahrlässige, mutwillige oder böswillige (hier nicht entschieden) Vermögensminderung darstellen.
2. Bestehen die Ausgaben aus der Zahlung auf den Honoraranspruch eines in der Sache zunächst tätig gewesenen aber dann entlassenen Rechtsanwalts, ist dies für Zwecke des § 115 Abs. 3 ZPO anzuerkennen, wenn die Mandatskündigung in Bezug auf die durch sie verursachte Vermögensminderung nicht grob fahrlässig, mutwillig oder böswillig war. Die Grundsätze, nach denen entschieden wird, ob der Partei nach Beiordnung eines Rechtsanwalts ein zweiter beigeordnet werden kann, gelten nicht.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Rastatt (Aktenzeichen 5 F 330/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der ihr Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des AG - FamG - Rastatt aufgehoben.
Die erneute Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin wird dem AG übertragen.
Gründe
(nicht dem Antragsteller mitzuteilen)
Die Antragsgegnerin begehrt Prozesskostenhilfe als Antragsgegnerin in einer Scheidungssache, Beteiligte oder Partei in Folgesachen, Beteiligte in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Einzelheiten sind dem Senat nicht bekannt, weil das AG nur die Akten vorgelegt hat, welche für die Scheidungssache und ein Verfahren "EA III" geführt werden. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am 15.9.2004 zugestellt.
Mitte Februar 2004 zahlte der Antragsteller an die Antragsgegnerin 10.000 EUR aus. Das AG hat die Antragsgegnerin darauf verwiesen, mit diesen ihre Prozesskosten zu finanzieren und Prozesskostenhilfe versagt. Verschiedene von der Antragsgegnerin behauptete Ausgaben hat es nicht gelten lassen.
Das Rechtsmittel der Antragsgegnerin hat vorläufig Erfolg.
Die Antragsgegnerin hatte grundsätzlich die ihr zugeflossenen Mittel auch für die Finanzierung ihrer Prozesskosten bereitzuhalten. Sie durfte damit aber auch andere Ausgaben bestreiten. Von den geltend gemachten sind indessen - noch - nicht alle anzuerkennen. Es verbleibt gegebenenfalls ein über dem Schonbetrag liegender Betrag, mit dem die Prozesskosten ganz (Versagung der Prozesskostenhilfe) oder teilweise (Anordnung nach § 115 Abs. 3 i.V.m. § 120 Abs. 1 Satz 1 ZPO) finanziert werden können. Was der Fall ist, muss das AG berechnen. Dieses wird auch für die Scheidungssache, die einzelnen Folgesachen und Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung oder -verfolgung zu prüfen haben.
1. Die Ehe der Parteien war bereits Anfang Januar 2004 in einer Krise. Sie erörterten bereits im Dezember 2003 Scheidungsfolgen und lebten nach Darstellung des Antragstellers seit Januar 2004 in der Ehewohnung getrennt. Die Antragsgegnerin hatte deshalb die ihr zugeflossenen 10.000 EUR für die Finanzierung der zukünftigen Prozesskosten bereit zu halten. Ausgaben für andere Zwecke durfte sie machen, indessen nicht unter einseitiger Vernachlässigung ihres Prozesskostenbedarfs. Nach der - allerdings nicht unwidersprochen gebliebenen Rechtsprechung des Senats (B.v. 30.7.1985 - 16 WF 127/85 - Justiz 1986, 20 = MDR 1986, 151 = NJW-RR 1986, 779) ist einer Partei Prozesskostenhilfe zu versagen, wenn sie grob fahrlässig ihr Vermögen derart vermindert hat, dass sie deswegen Schwierigkeiten hat, ihre Prozesskosten aufzubringen (a.A. Zöller/Philippi ZPO, 26. Aufl., § 115 Rz. 75 m.w.N.: Mutwilligkeit). Nicht erforderlich ist jedenfalls, dass die Partei in der Absicht gehandelt hat, Kostenbefreiung zu erlangen (Philippi, a.a.O.). Soweit der Senat überhaupt Ausgaben feststellen kann, war mit diesen auch keine grob fahrlässige Vermögensminderung verbunden. Damit wäre auch eine mutwillige auszuschließen.
2.a) Die Antragsgegnerin macht den Kauf von Winterkleidung und Schuhen für das gemeinsame Kind für 200 EUR geltend.
aa) Ausgaben zur Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs sind außer Betracht zu lassen, wenn der Partei ein nach § 115 Abs. 2 ZPO einzusetzendes Einkommen von mehr als Null verbleibt. Dann ist der Partei zuzumuten, sich mit ihrem Lebensbedarf entsprechend zu beschränken und ihr Vermögen für den Lebensbedarf erst anzugreifen, nachdem daraus die Prozesskosten gedeckt sind. Dasselbe gilt für Ausgaben für eine i.S.d. § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2b ZPO unterhaltsberechtigte Person, wenn deren Bedarf entweder durch ihr (Unterhalts-)einkommen oder (gegebenenfalls ergänzend) den dort festgelegten Freibetrag gedeckt ist und der um Prozesskostenhi...