Leitsatz (amtlich)
Im Sitzungsprotokoll ausdrücklich als solche bezeichnete oder ersichtlich als solche gewährte Mittagspausen sind bei der Berechnung der für die Gewährung eines Längenzuschlags des Pflichtverteidigers maßgeblichen Dauer der Teilnahme des Pflichtverteidigers an der Hauptverhandlung grundsätzlich und regelmäßig nicht in Abzug zu bringen.
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Entscheidung vom 20.07.2012; Aktenzeichen 3 KLs 250 Js 34832/10) |
Tenor
1.
Auf die Beschwerde des gerichtlich bestellten Verteidigers Rechtsanwalt xxxxxxxx aus Karlsruhe wird der Beschluss des Landgerichts - 3. Große Strafkammer - Karlsruhe vom 20. Juli 2012 (3 KLs 250 Js 34832/10) aufgehoben.
2.
Der Festsetzungsbeschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 24. Februar 2012 wird dahin abgeändert, dass die Vergütung des Verteidigers auf 1.244.80 € (i.W:. eintausendzweihundertvierundvierzig) festgesetzt wird.
3.
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Rechtsanwalt xxxxxxxx war im vorliegenden Sicherungsverfahren aufgrund am 28.03.2011 erfolgter gerichtlicher Bestellung vor der 3. Großen Strafkammer des Landgerichts Karlsruhe als Pflichtverteidiger für den Beschuldigten tätig. Die Hauptverhandlung fand am 19.01.2012 in seiner Anwesenheit statt. Die auf 9.00 Uhr anberaumte Sitzung - der Verteidiger war auf diesen Zeitpunkt geladen und auch erschienen - begann um 9.04 Uhr und endete um 15.30 Uhr. Sie wurde von 11.53 Uhr bis 13.30 Uhr für eine Mittagspause unterbrochen.
Der Beschwerdeführer macht mit Kostenrechnung vom 20.01.2012, welche sich einschl. MwSt. auf insgesamt 1.244,80 € beläuft, neben der Terminsgebühr Nr. 4114, 4115 VV RVG eine zusätzliche Gebühr nach Nr. 4116 VV RVG (Teilnahme an einer erstinstanzlichen Hauptverhandlung vor der Strafkammer von mehr als 5 und bis 8 Stunden) in Höhe von 108,- € geltend. Die Rechtspflegerin des Landgerichts erkannte die beantragte Zusatzgebühr mit der Begründung, die sich auf eine Stunde und 37 Minuten belaufende Zeit der Mittagspause sei bei der Berechnung der für den Gebührentatbestand Nr. 4116 VV RVG maßgeblichen Dauer der Hauptverhandlung in Abzug zu bringen, nicht an und setzte - ansonsten dem Antrag des Rechtsanwalts folgend - mit Beschluss vom 24.02.1012 die an diesen für die erste Instanz zu zahlende Vergütung auf 1.116,28 € fest. Die Strafkammer wies - nach Nichtabhilfe durch die Rechtspflegerin und Übertragung der Sache vom Einzelrichter auf die Kammer - die gegen diese Festsetzung form- und fristgerecht eingelegte Erinnerung des Rechtsanwalts mit Beschluss vom 20.07.2012 zurück. Gegen diesen Beschluss richtet sich die - von der Strafkammer in diesem ausdrücklich zugelassene - Beschwerde des Rechtsanwalts.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde, der die Strafkammer mit Entschließung vom 03.08.2012 nicht abgeholfen hat und über die der Senat gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG in der Besetzung mit drei Richtern zu entscheiden hat, ist infolge der für den Senat gem. § 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 4 RVG bindenden Zulassung durch die Strafkammer statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Dem Beschwerdeführer steht die von ihm in Höhe von 108.--€ geltend gemachte zusätzliche Terminsgebühr Nr. 4116 VV RVG zu. Die Zeit der Mittagspause ist bei der Ermittlung der für diese Zusatzgebühr maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer nicht in Abzug zu bringen.
1. Nach Nr. 4116, 4117 VV RVG erhält der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt im erstinstanzlichen Verfahren vor der Strafkammer des Landgerichts neben der Terminsgebühr Nr. 4114 oder 4115 RVG je Hauptverhandlungstag eine zusätzliche Gebühr, wenn er mehr als fünf und bis acht Stunden (Nr. 4116 VV RVG) oder mehr als acht Stunden (Nr. 4117 VV RVG) an der Hauptverhandlung teilnimmt. Diese Zusatzgebühren betragen nach - vorliegend gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG zur Anwendung kommendem - bisherigem Recht 108.--€ (Nr. 4116 VV RVG) bzw. 216.-€ (Nr. 4117 VV RVG) und nach der mit dem 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 23.07.2013 (BGBl. 2013 I, 2586) erfolgten, seit 01.08.2013 geltenden Anhebung nunmehr 128.--€ (Nr. 4116 VV RVG) bzw. 256.--€ (Nr. 4117 VV RVG). Weitere die fünf bzw. acht Stunden übersteigende Dauer der Teilnahme des Verteidigers an der Hauptverhandlung besonders vergütende Gebührentatbestände - sog. Längenzuschläge - finden sich in Teil 4 (Strafsachen) VV RVG für das erstinstanzliche Verfahren vor dem Amtsgericht in Nr. 4110, 4111 und vor dem Oberlandesgericht, dem Schwurgericht und besonderen Strafkammern des Landgerichts in Nr. 4122, 4123, für das Berufungsverfahren in Nr. 4128, 4129 sowie für das Revisionsverfahren in Nr. 4134, 4135.
2. Die Frage, ob und in welchem Umfang bei der Ermittlung der für diese sog. Längenzuschläge maßgeblichen Hauptverhandlungsdauer eine - im Sitzungsprotokoll ausdrücklich als solche ausgewiesene oder ersichtlich als solche angeordnete - Mittagspause anzurechnen...