Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahren nach § 1666 BGB/Kindeswohlgefährdung. Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung des Verfahrenspflegers

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 15.09.1999; Aktenzeichen 47 F 88/99)

 

Tenor

Die Beschwerde des Rechtsanwalts O. gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Freiburg vom 15.09.1999 (47 F 88/99) wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Das Familiengericht – die zuständige Rechtspflegerin – hat dem in einem Verfahren nach § 1666 BGB als Verfahrenspfleger tätig gewesenen Rechtsanwalt O. eine Vergütung in Höhe von 1.740 DM bewilligt (25 Stunden × 60 DM = 1.500 DM zuzügl. 16 % MWSt. = 240 DM). Mit Beschluss vom 15.09.1999 (AS. 121) hat es den Antrag des Verfahrenspflegers auf Festsetzung einer Vergütung in Höhe von 5.266,40 DM gemäß seiner Kostennote vom 09.07.1999 (AS. 89: 25 Stunden × 180 DM zuzügl. einer Auslagenpauschale in Höhe von 40 DM zuzügl. MWSt. in Höhe von 726,40 DM) zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des früheren Verfahrenspflegers. Zur Begründung trägt er vor, der Stundensatz von (höchstens) DM 60 sei für ihn als Fachanwalt für Familienrecht und Mediator unangemessen niedrig und deshalb verfassungswidrig. Er könne gemäß § 112 Abs. 4 und Abs. 5 BRAGO höhere Gebühren verlangen.

Der Bezirksrevisor des Landgerichts … als Vertreter der Staatskasse ist der Beschwerde entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach §§ 67 Abs. 3 Satz 3, 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Zutreffend hat das Familiengericht dem früheren Verfahrenspfleger nur einen Stundensatz von 60 DM und insgesamt für 25 Stunden eine Vergütung in Höhe von 1.740 DM einschließlich MwSt. bewilligt. Die Vergütung eines Verfahrenspflegers richtet sich, weil die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung gemäß § 1 Abs. 2 BRAGO nicht anwendbar ist, nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BVormG (Berufsvormündervergütungsgesetz – in Kraft seit 01.01.1999 –). Danach beträgt der Satz für jede Stunde der Tätigkeit als Verfahrenspfleger 60 DM. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 BVormG wird die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer zusätzlich ersetzt. Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung ist somit die vom Familiengericht bewilligte Vergütung in Höhe von 1.740 DM nicht zu beanstanden.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hält der Senat den in § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormG festgelegten Stundensatz von 60 DM für einen Rechtsanwalt, der als Verfahrenspfleger tätig ist, nicht für verfassungswidrig (vgl. hierzu Gerold/Schmidt/Madert, BRAGO, 14. A. § 1 Rn. 21). Es mag sein, daß ein solcher Stundensatz im Interesse des Einsatzes qualifizierter und kompetenter Verfahrenspfleger nicht angemessen und im übrigen für einen Rechtsanwalt unter Einbeziehung etwaiger Bürounkosten nicht immer kostendeckend ist. Aber auch die nach Gegenstandswerten abgestuften Pauschgebühren nach der BRAGO stellen bei einem geringen Streitwert und aufwendigem Rechtsstreit nicht immer eine angemessene Vergütung des Rechtsanwalts dar. § 1 Abs. 1 BVormG ist nicht speziell auf einen Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger zugeschnitten. Betätigt sich ein Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger, wird er in aller Regel – was ihm im übrigen freisteht – auch noch in anderen Bereichen der Rechtspflege, die nach der BRAGO vergütet werden, tätig sein. Insofern sind § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormG und die BRAGO, wenn der Rechtsanwalt – je nach Tätigkeit – sowohl nach dem BVormG als auch nach der BRAGO abrechnet, im Zusammenhang zu sehen. Die zusammengenommenen Vergütungs- und Gebührensätze nach dem BVormG und der BRAGO sind nach Auffassung des Senats immer noch so bemessen, daß ein Rechtsanwalt, der auch als Verfahrenspfleger tätig ist, nach der sog. Mischkalkulation seine Kosten decken und seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Allein durch einen im Einzelfall nicht kostendeckenden Vergütungssatz in Höhe von 60 DM gemäß § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormG wird ein (auch) als Verfahrenspfleger tätiger Rechtsanwalt nicht in seiner Berufsfreiheit oder -ausübung (Art. 12 GG) tangiert. Die Wahrnehmung von Aufgaben eines Verfahrenspflegers kann bei einem Rechtsanwalt nicht zur Begründung eines eigenständigen Berufes führen, sondern stellt eine bloße Erweiterung seines Aufgabenbereiches als Rechtsanwalt dar, so daß die Begrenzung des Stundensatzes auf 60 DM in § 1 Abs. 1 BVormG keinen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl darstellt. Eine Verpflichtung, berufliche Leistungen für eine Vergütung zu erbringen, die nicht kostendeckend und damit nicht angemessen ist, ist verfassungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt der Einschränkung der freien Berufsausübung zu beurteilen (vgl. BverfGE 10, 185, 192 ff., 197; 47, 285, 321). Eine derartige unangemessene und unzumutbare Einschränkung ist aber zumindest bei einem Rechtsanwalt der sein Tätigkeitsfeld auf den Bereich als Verfahrenspfleger ausgeweitet hat und Vergütungen sowohl (in der Re...

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