Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 44 F 1424/14) |
Tenor
Das von der Antragstellerin gegen die Sachverständige... gerichtete Ablehnungsgesuch wird für begründet erklärt.
Gründe
Das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin ist zulässig und begründet.
Gemäß §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO, 30 Abs. 1 FamFG kann ein Sachverständiger aus den gleichen Gründen, die zur Ablehnung eines Richters führen würden, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Für die Ablehnung kommt es nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich parteilich ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Ausreichend ist bereits, wenn vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung genügend objektive Gründe vorliegen, die Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit und Objektivität des Sachverständigen geben (BGH NJW 1975, 1363; OLG München, NJW 1963, 1682; KG, MDR 1982, 762).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Dabei bedarf es keiner abschließenden Klärung, inwieweit die Gründe des im Beschwerdeverfahren vorgebrachten Ablehnungsgesuchs ausschließlich die Sachkunde der Gutachterin und die Qualität des Gutachtens zum Gegenstand haben und damit eine Ablehnung grundsätzlich nicht rechtfertigen (Zöller/Greger, ZPO, 30. Auflage 2014, § 406 Rn. 9 m.w.N.). Denn die Besorgnis der Befangenheit ergibt sich aus den erstinstanzlich zur Begründung des Ablehnungsgesuchs vorgebrachten Umständen, die Gegenstand der mündlichen Erörterung im Senatstermin vom 10.11.2015 waren.
Nachdem sich das Familiengericht mit der Frage der Befangenheit der Sachverständigen nicht in einem gesonderten Beschluss, sondern in der angefochtenen Hauptsacheentscheidung auseinandergesetzt hat, ist im Beschwerdeverfahren zu prüfen, ob die Beschwerde gegen einen entsprechenden Ablehnungsbeschluss Erfolg gehabt hätte (Zöller/Greger, a.a.O., § 406 Rn. 14a). Insoweit bekräftigte die Sachverständige im Rahmen der Erörterung der beanstandeten Äußerungen insbesondere, dass sie es nach wie vor als unwahrscheinlich erachte, dass der Vater die Mutter entsprechend deren Schilderung gewürgt und geschlagen habe. Hierbei stützte sich die Sachverständige allein auf die Beurteilung der Persönlichkeit des Vaters, der - falls der Vortrag der Mutter zutreffen sollte - eine entsprechende Täterpersönlichkeit haben müsse. Dies setze voraus, dass der Vater einen abgespaltenen Teil der Persönlichkeit habe, wofür wiederum Voraussetzung sei, dass der Vater selbst während seiner Kindheit extremer Gewalt ausgesetzt gewesen sei, was jedoch mit dem vom Elternhaus des Vaters gewonnenen Eindruck nicht in Einklang zu bringen sei.
Die Sachverständige hat damit außerhalb ihres Gutachtensauftrages zu Lasten der Mutter eine Bewertung der Glaubhaftigkeit streitiger Tatsachen vorgenommen, ohne diese auf objektive
Beweismittel oder eigene konkrete Erkenntnisse tatsächlicher Art stützen zu können. Vielmehr liegt ihrer Bewertung lediglich der vom Vater und dessen Familie gewonnene Eindruck zu Grunde. Diese weder mit den Grundsätzen der Beweiswürdigung noch der Glaubhaftigkeitsbegutachtung in Deckung zu bringende und die Glaubwürdigkeit der Mutter in Frage stellende Vorgehensweise, ist auch bei vernünftiger Betrachtung aus Sicht der Mutter geeignet, die Befürchtung einer Voreingenommenheit gegenüber der Mutter zu begründen. Dies gilt umso mehr, als die Sachverständige in ähnlicher Weise auch die streitige Behauptung der Mutter über Beziehungen des Vaters zu anderen, teils minderjährigen Frauen ebenfalls als sehr unwahrscheinlich einschätzte. Verstärkt wird die Befürchtung der Parteilichkeit zugunsten des Vaters objektiv dadurch, dass die Ausführungen der Sachverständige nicht hinreichend erkennen lassen, ob und gegebenenfalls wie sie den Vater belastenden Gesichtspunkte - insbesondere das Vorliegen der eidesstattlichen Versicherung der Mutter über die behaupteten Tätlichkeiten und die Schilderung der Kinder...,... und... über Schläge des Vaters - in ihre Beurteilung eingestellt hat.
Aufgrund des Erfolgs des Ablehnungsgesuchs kann das Gutachten der Sachverständigen im weiteren Verfahren nicht mehr verwertet werden (Zöller/Greger, a.a.O., § 406 Rn. 15) Eine gesonderte Kostenentscheidung ist entbehrlich, da es sich um Kosten des Verfahrens handelt (Zöller/Vollkommer, a.a.O. § 46 Rn. 8).
Fundstellen
Dokument-Index HI29189369 |