Leitsatz (amtlich)
Durch die Verbindung mehrerer Verfahren darf dem Kostenschuldner gebührenrechtlich kein Nachteil entstehen. Der Erlass eines Teilurteils in einem Verfahren, dessen verbliebener Rest danach mit anderen Verfahren verbunden wird, steht bei Gesamtbeendigung durch Vergleich einer Gebührenermäßigung nach KV Nr. 1211 der Anlage 1 zum GKG nicht entgegen.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 07.10.2009; Aktenzeichen 1 O 64/06) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG Freiburg vom 7.10.2009 - 1 O 64/06 - wird der Kostenansatz in den Kostenrechnungen Nr. 8969955166497 und 8969955166501 geändert.
Für die Verfahren 1 O 38/07 (Streitwert 52.500 EUR) und 1 O 368/06 (Streitwert 100.000 EUR) wird jeweils nur eine Gebühr angesetzt, der Gebührenansatz somit um 2.824 EUR (1.112 EUR + 1.712) ermäßigt. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Im Verfahren 1 O 64/06 erging am 12.9.2006 ein Teilurteil. Danach wurde mit Beschluss vom 07.2.2007 ein Teil des Verfahrens abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 1 O 38/07 fortgeführt. Dieses Verfahren wurde durch Beschluss vom 08.2.2007 mit dem Verfahren 1 O 368/06 verbunden. Schließlich wurde das Verfahren 1 O 368/06 durch Beschluss vom 24.06.2009 mit dem Verfahren 1 O 64/06 verbunden.
Das Verfahren wurde am 19.06.2009 durch Vergleich beendet, dessen Inhalt mit Beschluss vom 24.06.2009 festgestellt wurde.
In der Kostenrechnung wurden für jedes der drei Verfahren 1 O 64/06, 1 O 38/07 und 1 O 368/06 jeweils drei Gerichtsgebühren aus den einzelnen Streitwerten berechnet.
Die hiergegen eingelegte Erinnerung wurde mit Beschluss des LG Freiburg vom 07.10.2009 zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Beschwerde. Sie meinen, dass durch den Vergleichsabschluss eine Ermäßigung der Gerichtsgebühren eingetreten sei oder zumindest höchstens eine 3-fache Gebühr aus dem zusammengerechneten Wert der einzelnen Gerichtsverfahren erhoben werden könne.
II. Die gemäß § 66 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
Im Ausgangspunkt zutreffend wurden die schon vor der Verbindung angefallenen Gerichtsgebühren aus den einzelnen Streitwerten der drei Gerichtsverfahren 1 O 64/06, 1 O 38/07 und 1 O 368/06 berechnet. Der Senat schließt sich insoweit der Begründung der angegriffenen Entscheidung in vollem Umfang an.
Für das Verfahren 1 O 64/06 bleibt es aus den zutreffenden Gründen dieser Entscheidung auch bei drei Gebühren aus dem Streitwert dieses Verfahrens vor der Verbindung.
Im Übrigen steht das in diesem Verfahren vor der Verbindung ergangene Teilurteil, mit dem sich das Gericht im Rahmen des durch Verbindung entstandenen Verfahrens nicht mehr befassen musste, einer Ermäßigung gemäß GK Verz. 1211 Nr. 3 nicht entgegen. Vom Zweck des Gesetzes her erscheint insoweit eine einschränkende Auslegung geboten, weil die Beklagten andernfalls bei sonst gleichen Umständen bei Prozessverbindung mehr Gebühren zahlen müssten als ohne diese Verbindung, ohne dass hierfür ein Grund ersichtlich wäre (vgl. auch OLG München - NJW-RR 1999,1232; Binz/Zimmermann GKG 2. Aufl. 2009, 1211 KV GKG Anm. 38). Die von der Vertreterin der Staatskasse in ihrer Stellungnahme (AS 459) zitierte Entscheidung des OLG Saarbrücken (nicht Zweibrücken) v. 04.4.2008 - 2 W 64/08 betrifft keinen Fall von Klageverbindung, sondern den der Klageerweiterung nach Erlass eines Teilurteils (ebenso die im Beschluss v. 07.10.2009 zitierte Entscheidung des OLG Nürnberg - MDR 2003, 416).
Die Frage, ob sich die Gebührenermäßigung bei einem Vergleich nach Verbindung aus dem durch die Verbindung entstandenen Streitwert berechnet (so z.B. Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. § 147 Rn. 10; Meyer GKG 10. Aufl. 2008 KV 1211 Rn. 32) oder ob die jeweiligen Einzelgebühren zu ermäßigen sind (so z.B. OLG München a.a.O.; Binz/Zimmermann a.a.O., Musielak ZPO 7. Aufl. 2009, § 147 Rn. 9)) ist aus den Erwägungen oben im letzteren Sinn zu entscheiden.
Eine Kostenentscheidung ist gemäß § 66 Abs. 8 GKG nicht veranlasst.
Die Rechtsbeschwerde kann nicht zugelassen werden (§ 66 Abs. 3 und 4 GKG; vgl. Meyer GKG 10. Aufl. § 66 Anm. 63).
Fundstellen
Haufe-Index 2290681 |
AGS 2010, 192 |