Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestellung eines ungeeigneten, weil fachlich nicht ausreichend qualifizierten Sachverständigen kann zwar eine unrichtige Sachbehandlung im Sinne des § 21 GKG darstellen und dazu führen, dass die dadurch entstandenen Kosten nicht den Parteien auferlegt werden können. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die fehlende Sachkunde eines Sachverständigen für das Gericht erkennbar gewesen ist.
2. Bei der Prüfung der Frage, ob Kosten gemäß § 21 GKG niederzuschlagen sind, ist entscheidungserheblich, ob dem Gericht ein schwerwiegender Verfahrensfehler infolge unrichtiger Sachbehandlung unterlaufen ist. Ob dagegen der Sachverständige die Unverwertbarkeit des Gutachtens verschuldet hat oder nicht, spielt in diesem Zusammenhang keine Rolle.
3. Verfahrensökonomische Aspekte stellen keinen Grund dar, um von der Erhebung von Kosten abzusehen.
Normenkette
GKG § 21; FamGKG § 20
Verfahrensgang
AG Karlsruhe-Durlach (Beschluss vom 19.07.2016; Aktenzeichen 3 F 3/09) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Staatskasse wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Karlsruhe-Durlach vom 19.07.2016 (Az.: 3 F 3/09) aufgehoben.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Klägerin und der Beklagten sind getrennt lebende und seit März 2014 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe der Beteiligten ist die am ... geborene Tochter L. hervorgegangen.
In dem Verfahren 3 F 3/09 hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung von Trennungsunterhalt ab September 2008 in Anspruch genommen. Ferner hat sie in Abänderung einer Jugendamtsurkunde vom 30.09.2009 Kindesunterhalt in Höhe von 128 % des jeweiligen Mindestunterhalts gefordert.
Zwischen den Parteien war streitig, ob die Klägerin in der Lage ist, ihre berufliche Tätigkeit als Industriekauffrau bei der Firma B. auszuweiten oder ob es sich bereits um eine überobligationsmäßige Tätigkeit handelte.
Im Jahre 2001 war bei der Klägerin die Diagnose Hepatitis C gestellt worden, in deren chronischen Verlauf es zur Ausbildung einer Leberzirrhose gekommen war. Die Klägerin musste sich mehrfach Langzeittherapien unterziehen; sie wurde mit einer Kombination von Medikamenten, u.a. Interferon, behandelt.
Die Klägerin hat behauptet, dass sie keinesfalls einer vollschichtigen Tätigkeit nachgehen könne. Im April 2001 sei bei ihr erstmals Hepatitis C diagnostiziert worden. Neben den Erkrankungen der Leber (Leberzirrhose, Hepatitis C, Behandlungen mit Interferon und Ribaverin) liege bei ihr ein Krankheitsbild des psychiatrischen Bereiches vor, das sich in Müdigkeit, Antriebslosigkeit, innerer Unruhe und Konzentrationsstörungen manifestiere.
Mit Beweisbeschluss vom 03.11.2011 (Band IV, AS. 1993) hat das AG die Einholung eines Sachverständigengutachten angeordnet. Hinsichtlich der Beweisfragen wird auf den Beweisbeschluss vom 03.11.2011 verwiesen. Das Gutachteninstitut D. ist gebeten worden, mitzuteilen, ob und gegebenenfalls welcher Arzt innerhalb des Instituts die Sachverständigenfragen bearbeiten werde und ob der Gutachtensauftrag in seiner Gesamtheit im dortigen Institut ausgeführt werden könne (Ziffer 5 des Beschlusses).
Mit Schriftsatz vom 22.11.2011 hat die Klägerin weiter zu ihren Erkrankungen vorgetragen und beantragt, ein interdisziplinäres Gutachten in Auftrag zu geben, an welchem ein Neurologe/Psychiater, ein Spezialist für Hepatitis C sowie ein Leberspezialist und ein Arbeitsmediziner beteiligt sein müssten (Bd. IV, AS. 2003, 2007). Mit Verfügung des Gerichts vom 12.01.2012 ist den Parteien ein Schreiben des Gutachteninstituts vom 18.12.2011 übermittelt worden, in dem als mögliche Gutachter Dr. med. T. S. und Dr. med. F. S. benannt worden sind. Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Mit Schriftsatz vom 09.02.2012 (Bd. V, AS. 2157 ff.) hat die Klägerin daraufhin ausgeführt, es erscheine ihr grundsätzlich geeigneter, spezialisierte Ärzte einer Universitätsklinik mit der Begutachtung zu beauftragen. Es bestünden Bedenken bezüglich der Sachkunde für den speziellen Bereich der Hepatits C-Erkrankung und deren psychischen Auswirkungen.
Mit weiterem Beweisbeschluss vom 11.06.2012 (Band V, AS. 2233 ff.) hat das AG seinen Beweisbeschluss ergänzt und präzisiert. Trotz der vorgetragenen Bedenken der Klägerin sind mit der Erstattung der Gutachten das Gutachteninstitut D., Medizinische Gutachten, Dr. med. T. S. und Dr. med. F. S., beauftragt worden. Hinsichtlich des Ergebnisses der Begutachtung wird Bezug genommen auf das fachärztliche internistische Gutachten des Dr. med. T. S. und das neurologisch-psychiatrische Gutachten des Sachverständigen Dr. med. F. S. vom 17.09.2012 (Bd. V, AS. 2309 ff.). Die Sachverständigen sind davon ausgegangen, dass die Klägerin (Zeitpunkt der Untersuchung: 02.08.2012) nicht in der Lage gewesen ist, einer vollschichtigen Tätigkeit nachzugehen, aber leichte Arbeiten in einem Umfang von 6 - 7 Stunden täglich verrichten könne.
Mit Schriftsatz vom 16.10.2012 (Bd. V, AS. 2393f) hat die Klägerin eine...