Leitsatz (amtlich)

Bei einem nach Verfahrenseinleitung erfolgten Aufenthaltswechsel des Kindes aus einem Mitgliedstaat der EuEheVO in einen Nichtmitgliedstaat, der aber Mitglied im KSÜ ist, kommt eine perpetuatio fori nicht in Betracht. Insoweit besteht gem. § 61 lit. a EuEheVO kein Vorrang von Art. 8 EuEhVO gegenüber Art. 5 KSÜ.

 

Verfahrensgang

AG Donaueschingen (Beschluss vom 24.05.2011; Aktenzeichen 2 F 34/11 SO)

 

Tenor

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Verfahren über eine Beschwerde gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Donaueschingen vom 24.5.2011 (2 F 34/11 SO) wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt Verfahrenskostenhilfe für eine von ihm beabsichtigte Beschwerde.

Der Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die nicht miteinander verheirateten Eltern des Kindes A., geb. am 23.7.2007. Der Kindesvater hat im Oktober 2009 die Vaterschaft anerkannt. Die Kindesmutter ist Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge.

Die Eltern lebten zunächst zusammen in einem Haushalt mit zwei weiteren Kindern der Mutter, die von zwei weiteren Vätern abstammen, S. D., geb. am 22.8.2001, und L. D., geb. am 19.10.2004.

Um Pfingsten 2010 trennten sich die Eltern. Der Kindesvater verblieb mit den drei Kindern der Kindesmutter in der ehemals ehelichen Wohnung, die Kindesmutter verließ diese Wohnung spätestens dann, als sie sich in der Schweiz einem neuen Lebenspartner zuwandte, mit diesem zusammenzog und Heiratspläne hatte. Die Kindesmutter sah ihre Kinder unregelmäßig an Wochenenden sowie in den Ferien, bei diesen Gelegenheiten nahm die Kindesmutter die drei Kinder auch mit an ihren neuen Wohnort in der Schweiz.

Für Anfang März 2011 plante die Kindesmutter den Umzug der Kinder an ihren neuen Wohnort in der Schweiz. Zu diesem Zweck ließ sie das Kindergeld, das bis einschließlich Januar 2011 auf das Konto des Kindesvaters überwiesen wurde, ab Februar 2011 auf ihr Konto überweisen. Bereits am 14.1.2011 meldete die Kindesmutter die Kinder beim Einwohnermeldeamt in der Schweiz an (I, 95); auch im Kindergarten bzw. in der Schule wurden die Kinder angemeldet.

Die Kindesmutter teilte Anfang 2011 dem Kindesvater mit, dass sie den Umzug der Kinder in die Schweiz plane.

Im vorliegenden Verfahren hat der Kindesvater mit Anwaltsschriftsatz, datiert auf den 1.3.2011, eingegangen beim AG am 7.3.2011, einen Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge gestellt. Er hat sich auf die Verfassungswidrigkeit des damals geltenden § 1626a BGB berufen. Am 10.3.2011 ging mit Datum vom gleichen Tag ein Antrag des Antragstellers auf Verfahrenskostenhilfe ein, in dem ein "beigefügter Schriftsatz" als "Entwurf" bezeichnet wird (im VKH-Heft des Antragstellers).

Zwischen dem 03.03. und dem 9.3.2011 verzog die Kindesmutter mit den Kindern in die Schweiz. Ab Montag, den 14.3.2011, besuchten die beiden älteren Kinder die dortige Schule, das gemeinsame Kind A. wurde für die Einschulung zum August 2011 angemeldet (I, 101). Am 29.4.2011 heiratete die Kindesmutter ihren schweizerischen Lebensgefährten (I, 111). Dem gemeinsamen Kind wurde eine Aufenthaltsbewilligung für die Schweiz erteilt, die als Einreisedatum den 9.3.2011 ausweist (I, 181).

Nachdem die Kindesmutter mit den Kindern Anfang März 2011 in die Schweiz gezogen war, beantragte der Kindesvater mit Anwaltsschriftsatz vom 10.3.2011, eingegangen beim Familiengericht am gleichen Tag, den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Dies ist Gegenstand des Parallelverfahrens (Az. 2 F 36/11 - 5 UF 139/11).

Das Familiengericht Donaueschingen führte am 14.4.2011 eine Anhörung der Kindeseltern in beiden Verfahren durch (vgl. Protokoll I, 55). In diesem Rahmen wies es insbesondere darauf hin, dass eine internationale Zuständigkeit fehlen könnte.

Mit Beschluss vom 24.5.2011 wies das Familiengericht Donaueschingen den Antrag des Kindesvaters zurück. Zur Begründung führt es aus, dass der Antrag unzulässig sei, da eine internationale Zuständigkeit nicht gegeben sei. Die Zuständigkeit richte sich nach dem KSÜ. Dieses verdränge die in Art. 8 EuEheVO geregelte perpetuatio fori. Ein Fall des widerrechtlichen Verbringens i.S.v. Art. 7 KSÜ bzw. Art. 10 EuEheVO sei nicht gegeben, da die Kindesmutter Inhaberin der alleinigen elterlichen Sorge sei. Das Kind habe mittlerweile seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz. Der Beschluss wurde dem Kindesvater am 26.5.2011 zugestellt (I, 217).

Mit Anwaltsschreiben vom 24.6.2011, eingegangen beim OLG am 24.6.2011 (II, 5, der Stempel des Nachtbriefkastens auf II, 1 dürfte auch für diesen Schriftsatz gelten), beantragte der Kindesvater Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren. Zur Begründung verwies er auf den Entwurf einer Beschwerdeeinlegung und -begründung mit dem angekündigten Antrag:

Unter Abänderung des Beschlusses des AG Donaueschingen vom 24.5.2011 (Az. 2 F 34/11 SO) wird die alleinige elterliche Sorge für die minderjährige Tochter A. D., geboren am 23.7.2007...

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