Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsatz eines 12-jährigen Kindes beim Abbrennen einer Gartenhütte
Leitsatz (amtlich)
1. Eine vorsätzliche Herbeiführung des Versicherungsfalles setzt voraus, dass sich der Vorsatz des Versicherungsnehmers, bzw. des Versicherten, nicht nur auf die schadenursächliche Handlung (Anzünden von Pappbechern und eines Pullovers) bezieht, sondern auch auf den eingetretenen Schaden (hier: Abbrennen einer Gartenhütte).
2. Bei einem 12-jährigen Jungen, der "mit dem Feuer spielt", kann nicht ohne weiteres von der objektiv erkennbaren Gefährlichkeit seines Tuns auf einen bedingten Schädigungsvorsatz (Abbrennen der Gartenhütte) geschlossen werden.
Normenkette
VVG § 103
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 14 O 119/12) |
Tenor
Der Senat erwägt eine Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO. Vorher erhalten die Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen.
Gründe
I. Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Haftpflichtversicherung. In diese Versicherung ist als mit versicherte Person einbezogen der am 27.12.1998 geborene C. T., der im Haushalt des Klägers lebt. Der Kläger verlangt im Rechtstreit von der Beklagten Versicherungsschutz im Hinblick auf Schadensersatzansprüche, die von Dritten gegenüber C. T. geltend gemacht werden.
Am 4.3.2011 hielt sich der damals 12-jährige C. T. zusammen mit seinem damals 11-jährigen Freund M. G. in einem Gartengelände in der Nähe von E. auf. In zwei Gartenhütten zündeten C. T. und sein Freund M. G. verschiedene Gegenstände an. Durch die brennenden Gegenstände wurden jeweils die Hütten in Brand gesetzt. Eine Gartenhütte brannte vollständig ab, die andere wurde erheblich beschädigt. Die jeweiligen Eigentümer der Hütten machten in der Folgezeit Schadensersatzansprüche gegen C. T. geltend. In einem Verfahren beim LG Freiburg (6 O 392/11) einigte sich C. T. mit dem Geschädigten B. H. auf eine Abgeltung sämtlicher Schadensersatzansprüche gegen Zahlung eines Betrages von 2.500 EUR. Der andere Geschädigte, A. T., hat wegen seiner Hütte von C. T. außergerichtlich die Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 3.645,84 EUR verlangt.
Das LG hat mit Urteil vom 16.1.2013 entsprechend dem Antrag des Klägers festgestellt, dass die Beklagte dem mit dem Kläger in häuslicher Gemeinschaft lebenden C. T. Versicherungsschutz wegen der am 4.3.2011 an den Gartenhütten des B. H. und des A. T. entstandenen Schäden zu gewähren habe, und für alle hieraus resultierenden Schadensersatzansprüche Dritter sowie für die Kosten der Rechtsverteidigung. Außerdem hat das LG die Beklagte verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 359,50 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Versicherungsschutz seien gegeben. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, Versicherungsschutz sei wegen vorsätzlichen Handelns von C. T. ausgeschlossen. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei nicht nachgewiesen, dass C. T. und M. G. vorsätzlich gehandelt hätten.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie greift die Beweiswürdigung des LG an. Entgegen der Auffassung des LG stehe auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass C. T. gewusst und gewollt habe, dass die beiden Hütten in Brand gesetzt wurden. Daher sei die Beklagte nicht zur Leistung verpflichtet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung der Beklagten verwiesen.
II. Nach Auffassung des Senats dürften die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO vorliegen. Die Einwendungen der Beklagten gegen die Entscheidung des LG dürften voraussichtlich keinen Erfolg haben. Auch aus anderen Gründen (§ 522 Abs. 2 Ziff. 2, 3, 4 ZPO) erscheint die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten.
1. Der Kläger ist als Versicherungsnehmer berechtigt, Versicherungsschutz für den mitversicherten C. T. geltend zu machen. Unstreitig besteht ein Versicherungsvertrag, in welchem sich die Beklagte verpflichtet hat, Versicherungsschutz für Schadensersatzansprüche Dritter gegen C. T. zu gewähren. Die Beklagte ist zu Leistungen verpflichtet, da nach der fahrlässigen Inbrandsetzung von zwei Gartenhütten durch C. T. Schadensersatzansprüche der Geschädigten B. H. und A. T. gegen C. T. bestehen. Möglicherweise kommen Ansprüche weiterer Dritter, die durch dasselbe Ereignis geschädigt sind, in Betracht. Zu Recht hat das LG daher entsprechend dem Feststellungsantrag des Klägers erkannt.
Die Versicherung umfasst gem. § 101 Abs. 1 VVG auch die Kosten des Rechtsschutzes, die C. T. durch die Abwehr von Ansprüchen Dritter entstanden sind oder noch entstehen. Hinsichtlich der bereits entstandenen Kosten von C. T. bei der Verteidigung gegen Ansprüche des Geschädigten B. H. (LG Freiburg - 6 O 392/11) ist zwischen den Parteien außer Streit, dass die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten war (§ 101 Abs. 1 Satz 1 VVG). Soweit weitere Kosten bei der Verteidigung gegen Ansprüche des Geschädigten A. T. oder anderer ...