Leitsatz (amtlich)

1. Der Charakter einer Erklärung als öffentlich-beglaubigt im Sinne des § 29 GBO geht nicht durch eine nachträgliche Änderung des über der Unterschrift stehenden Textes verloren, da die öffentliche Beglaubigung nur eine Beglaubigung der Unterschrift des Erklärenden, nicht dagegen des Inhalts der schriftlich abgefassten Erklärung umfasst.

2. Ob das Grundbuchamt oder das an dessen Stelle tretende Beschwerdegericht eine nachträglich veränderte Urkunde als von der beglaubigten Unterschrift gedeckt ansieht und die Urkunde daher als ausreichende Eintragungsunterlage akzeptiert, ist keine Frage des § 29 GBO, sondern eine Frage der Beweiskraft der (nach wie vor öffentlich beglaubigten) Urkunde, für die die Regeln des Freibeweises gelten.

 

Normenkette

BeurkG § 40; GBO §§ 19, 27, 29

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Beteiligten ... wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamt - Villingen-Schwenningen vom 16.10.2023, Az. VSW002 GRG 686/2023, aufgehoben.

2. Das Grundbuchamt wird angewiesen, den Antrag auf Löschung der im Grundbuch von Schwenningen Blatt ..., Abt. III Nr. 1 eingetragenen Grundschuld nicht aus den in der Zwischenverfügung vom 16.10.2023 genannten Gründen zurückzuweisen.

3. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten der Beteiligten nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Beteiligte ... begehrt die Löschung einer Grundschuld aus dem Grundbuch.

Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 14.05.2013 (Notariat IV Villingen, IV UR 1877/2013) erwarb die Beteiligte ... 267/10.000 Miteigentumsanteil an dem Grundstück Flst. Nr. ... (..., Gebäude- und Freifläche zu 4.181 qm verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung ... und einem Kellerraum ..., im Aufteilungsplan je mit Nr. ... bezeichnet), eingetragen in Blatt ...24 im Grundbuch des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen für die Gemarkung Schwenningen (Teileigentumsgrundbuch), sowie 22/10.000 Miteigentumsanteil an demselben Grundstück (verbunden mit dem Sondereigentum an einem Tiefgaragenstellplatz, im Aufteilungsplan mit Nr. ... bezeichnet), eingetragen in Blatt ...40 desselben Teileigentumsgrundbuchs. Mit notarieller Urkunde vom 13.06.2013 (Notariat IV Villingen, IV UR 2299/2013) bestellten die Kaufvertragsparteien zum Zwecke der Finanzierung des Kaufpreises eine Grundschuld zugunsten der finanzierenden Bank (im Folgenden: Gläubigerin), die sich gegenständlich auf den in Blatt ...24 sowie den in Blatt ...40 eingetragenen Miteigentumsanteil erstreckte.

Mit Schreiben vom 23.08.2023 beantragte Notar ... gemäß § 15 Abs. 2 GBO für die Beteiligte ... unter Beifügung einer sich lediglich auf die Belastung im Grundbuch von Schwenningen Blatt ...24 beziehenden Löschungsbewilligung vom 11.07.2023 der Gläubigerin sowie - auf demselben Blatt - Zustimmungserklärung und Löschungsantrag der Eigentümerin (Auszug aus den Grundakten, AS 90) nebst Unterschriftsbeglaubigung der Eigentümerin (UVZ K 1783/2023; AS 93) den Vollzug der Löschung der Grundschuld im Grundbuch von Schwenningen Blatt ...40. Schon zuvor war aufgrund eines Antrags vom 08.08.2023 die Löschung der im Grundbuch von Schwenningen, Blatt ...24, in Abt. III Nr. 1 eingetragenen Grundschuld vollzogen worden. Weil sich die diesem Antrag beigefügte Löschungsbewilligung ebenfalls nur auf Blatt ...24 bezogen hatte, wurde hinsichtlich Blatt ...40 (Tiefgaragenstellplatz Nr. ...) nur eine Mithaftentlassung vorgenommen.

Mit Schreiben vom 30.08.2023 wies das Grundbuchamt darauf hin, dass es für die Löschung der Grundschuld Abt. III Nr. 1 in Blatt ...40 der Löschungsbewilligung des Gläubigers in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO (Unterschriftsbeglaubigung) bedürfe und forderte den antragstellenden Notar auf, die erforderlichen Unterlagen bis zum 27.09.2023 nachzureichen. Hierauf übermittelte Notar ... mit Schreiben vom 21.09.2023 die von der Gläubigerin um ein Komma und die Blattzahl "...40" handschriftlich ergänzte Löschungsbewilligung vom 11.07.2023 nebst Begleitschreiben der Gläubigerin (Auszug aus den Grundakten, AS 100, 103).

Mit Schreiben vom 25.09.2023 teilte das Grundbuchamt dem antragstellenden Notar mit, dass die ergänzte Löschungsbewilligung nicht in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO vorgelegt worden sei und es des Weiteren noch der Zustimmung der Grundstückseigentümerin zur Löschung des Rechtes Abt. III Nr. 1 in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO bedürfe, da diese bisher lediglich der Löschung der Grundschuld im Blatt ...24 zugestimmt habe. Zur Erledigung setzte das Grundbuchamt Frist bis zum 30.10.2023, die fruchtlos verstrich.

Mit Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO vom 16.10.2023 stellte das Grundbuchamt fest, dass der beantragten Löschung der Grundschuld das Fehlen einer Löschungsbewilligung des Gläubigers in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO sowie die fehlende Zustimmung des eingetragenen Grundstückseigentümers zur Löschung des Rechts in öffentlich beglaubigter Form gemäß § 29 GBO als Hindernisse entgegenstünden. ...

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