Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansprüche der mit dem Vater des Kindes nicht verheirateten, in Paraguay lebenden Mutter auf Betreuungsunterhalt
Leitsatz (amtlich)
1. Zur internationalen Zuständigkeit für Ansprüche einer mit dem Vater des Kindes nicht verheirateten, in Paraguay lebenden Mutter auf Betreuungsunterhalt.
2. Auf Ansprüche einer in Paraguay lebenden Mutter gegen den in Deutschland lebenden, mit ihr nicht verheirateten Vater des Kindes ist paraguayanisches Recht anzuwenden.
Verfahrensgang
AG Konstanz (Entscheidung vom 07.12.2016; Aktenzeichen 2 F 226/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Konstanz vom 07.12.2016 (2 F 226/16) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich mit der Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Verfahrenskostenhilfeantrags für ein Unterhaltsverfahren, mit dem sie Betreuungsunterhalt gegen den Antragsgegner geltend zu machen beabsichtigt.
Die Antragstellerin trägt vor, die Mutter des Kindes ... (geboren ...) zu sein. Die Vaterschaft des Antragsgegners zu ihrem Sohn sei gerichtlich festgestellt (Amtsgericht Konstanz vom 30.06.2016 - 2 F 219/14). Das Kind sei mit einem Down-Syndrom zur Welt gekommen und seit der Geburt zu 100 % schwer behindert. Sein körperbezogener Pflegebedarf sei mit knapp vier Stunden täglich anzusetzen. Sie müsse ihren Sohn während des Schulunterrichts betreuen und außerhalb der Schulzeiten ständig beaufsichtigen. Eine Behindertenschule gebe es an ihrem Wohnort in ... nicht. Sie habe den Antragsgegner zum Zwecke der Geltendmachung ihres Unterhaltsanspruchs mit Anwaltsschreiben vom 20.06.2016 zur Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse aufgefordert. Betreuungsunterhalt könne sie gemäß § 1615 l BGB beanspruchen. Ihr Mindestbedarf sei mit 880 EUR monatlich anzusetzen. Sie beabsichtigt zu beantragen, den Antragsgegner zur Zahlung rückständigen Unterhalts in Höhe von 130.240 EUR (für den Zeitraum von August 2004 bis November 2016) und zur Zahlung laufenden Unterhalts in Höhe von 880 EUR monatlich ab Dezember 2016 zu verpflichten.
Der Antragsgegner verweist auf eine Entscheidung vom 23.10.2015 (2 F 150/15), mit der ein früherer Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragstellerin abgewiesen worden sei.
Mit Beschluss vom 07.12.2016 hat das Amtsgericht den Antrag unter Hinweis auf die Gründe seiner Entscheidung im Verfahren 2 F 150/15 abgelehnt. Anzuwenden sei das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HUP) vom 23.11.2007 (Text auszugsweise bei Palandt/Thorn, BGB, 76. Auflage 2017, Anhang Artikel 18 EGBGB) auch im Verhältnis zu Paraguay, da es als "loi uniforme" ausgestaltet sei. Danach sei paraguayisches Recht anzuwenden. Dieses kenne keine dem § 1615 l BGB entsprechende Anspruchsgrundlage. Der Höhe nach entbehre der Antrag jeglicher Substantiierung. Für den Zeitraum vor dem 01.10.2014 seien etwaige Ansprüche verwirkt.
Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Antrag in vollem Umfang weiter. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Konstanz sei eine logische Folge der bisherigen Abläufe, insbesondere des Verfahrens 2 F 219/14 und der im Wege der einstweiligen Anordnung ausgesprochenen Verpflichtung des Antragsgegners, ab 01.04.2015 monatlichen Kindesunterhalt in Höhe von 292 EUR zu zahlen (Amtsgericht Konstanz vom 01.07.2015 - 2 F 79/15). Der Anspruch auf Betreuungsunterhalt sei nicht von dem Anspruch auf Kindesunterhalt abkoppelbar. Das Wohl des Kindes gebiete es ebenso, über den Betreuungsunterhalt in Konstanz mit zu entscheiden, wie die Prozesswirtschaftlichkeit. Sowohl der Antragsgegner als auch das Kind seien deutsche Staatsangehörige. Gemäß Artikel 18 Abs. 2 EGBGB sei deutsches Recht anzuwenden. Nach Artikel 4 Abs. 2 und 3 HUP könne es keinen Zweifel an der Anwendbarkeit deutschen Rechts geben. Sie gehöre zum Kreis der nach Artikel 4 Abs. 1 lit. a-c HUP berechtigten Personen, da sich die Unterhaltspflicht aus familiären Beziehungen ergebe. Nach ihrer Wahl sei gemäß § 232 Abs. 2 und 3 FamFG auch das Gericht zuständig, bei dem ein Kindesunterhaltsverfahren anhängig sei; diese Anspruchsgrundlage habe das Amtsgericht übersehen. Bei dem von der angefochtenen Entscheidung herangezogenen Artikel 97 des paraguayischen Gesetzes über die Teilreform des Zivilgesetzbuches handle es sich nicht um geltendes Recht. Dieses leite sich viel mehr aus Art. 249 ff. des Codigo Civil Paraguayo (CCP) ab. Nach Art. 256 CCP stehe ihr Betreuungsunterhalt zu. Die Höhe des Anspruchs sei im Hauptsacheverfahren zu klären.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Vorbringens der Beteiligten und der Gründe der angefochtenen Entscheidung wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. §§ 127, 567 f. ZPO). Sie ist in der Sache nicht begründet. Der beabsichtigte Unterhaltsantrag der Antragstellerin ist ohne Aussicht auf Erfolg, § 114 ...