Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 27.11.2015; Aktenzeichen 10 O 452/15)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Karlsruhe vom 27.11.2015 - 10 O 452/15 - aufgehoben und der Streitwert von Amts wegen für die erste Instanz auf 1.548,80 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten in der Hauptsache um die Wirksamkeit der Kündigung eines Bausparvertrags.

Der Kläger schloss am 02.10.1980 mit der Beklagten, einer Bausparkasse, einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von ursprünglich 40.000 DM, welche zum 01.12.1995 auf 80.000 DM erhöht wurde. Die Guthabenverzinsung in der Ansparphase beträgt 2,5 %, der Darlehenszins für das vorgesehene Bauspardarlehen 4,5 %. Der Bausparvertrag ist seit 30.06.2002 zuteilungsreif. Zum 31.12.2014 wies der Bausparvertrag ein Bausparguthaben von 22.125,86 EUR auf.

Die Beklagte wies den Kläger ab Zuteilungsreife regelmäßig auf diese hin und bot ihm die Ausreichung eines Bauspardarlehens oder die Auszahlung des Bausparguthabens an. Mit Schreiben vom 15.03.2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrags zum 30.09.2015.

Der Kläger ist der Auffassung, sich nicht vertragswidrig verhalten zu haben. Er hält die Kündigung für unwirksam und hat die Feststellung des Fortbestehens des Bausparvertrags begehrt.

Dem ist die Beklagte entgegen getreten.

Das LG hat die Klage unter Berufung auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit Urteil vom 27.11.2015 abgewiesen und mit Beschluss vom gleichen Tag den Streitwert auf 22.125,86 EUR festgesetzt. Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.12.2015 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 4.305 EUR herabzusetzen. Der Wert des Feststellungsantrags bemesse sich nicht nach dem angesparten Bausparguthaben, sondern - ausgehend von der gesamten Bausparsumme - nach der Differenz zwischen dem vertraglich zugesicherten Guthabenzins und dem aktuell marktüblichen Zins, allerdings begrenzt auf den dreieinhalbfachen Jahresbetrag.

Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 23.12.2015 nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer Stellungnahme auf die einschlägige Rechtsprechung namentlich des Oberlandesgerichts Stuttgart hingewiesen.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat der Einzelrichter das Verfahren dem Senat zur Entscheidung übertragen (§ 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG).

II. Die Streitwertbeschwerde des Klägers, mit der dieser eine Herabsetzung des vom LG auf 22.125,86 EUR festgesetzten Streitwerts begehrt, ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht eingelegt (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG) und übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstands 200 EUR (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG). Auch in der Sache hat die Streitwertbeschwerde Erfolg; der Streitwert ist danach gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen auf 1.548,80 EUR festzusetzen.

1. Gemäß § 48 Abs. 1 GKG richtet sich der Gebührenstreitwert in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach den für die Zuständigkeit des Prozessgerichts geltenden Vorschriften über den Wert des Streitgegenstands, d.h. nach §§ 3 ff. ZPO. In vermögensrechtlichen Streitigkeiten hat das Gericht daher gemäß § 3 ZPO den Wert nach freiem Ermessen festzusetzen. Im Rahmen einer positiven Feststellungsklage ist grundsätzlich auf das wahre wirtschaftliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung - nach § 40 GKG im Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung - abzustellen (BGH, Beschl. v. 01.06.1976 - VI ZR 154/75, juris); dabei ist der Wert des Rechtsverhältnisses zugrunde zu legen und regelmäßig ein Abschlag von 20 % gegenüber dem Wert einer entsprechenden Leistungsklage vorzunehmen (BGH, NJW-RR 2000, 1266; OLG Stuttgart, JurBüro 2007, 144; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16 Stichwort "Feststellungsklagen"). Maßgebend sind jeweils die Umstände des Einzelfalls (Schneider/Herget/Onderka, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn. 6120 f.).

2. Maßstab für die Festsetzung des Streitwerts ist folglich das objektive wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Parteien. Maß und Richtung des wirtschaftlichen Interesses des Klägers orientieren sich dabei grundsätzlich an den in der Klagschrift dargelegten objektiven Erwartungen des Klägers, wenn sich hierfür hinreichend objektive Anhaltspunkte ergeben (BGH, NJW 2006, 3060, juris Rn. 8). Zu bewerten ist vorliegend daher das Interesse des Klägers, den Bausparvertrag weiterhin in der Ansparphase belassen und unter Inanspruchnahme der vereinbarten Guthabenverzinsung fortführen zu können.

Denn anders als in dem vom LG zur Begründung der angegriffenen Entscheidung herangezogenen Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.02.1997 (WM 1997, 741) geht es vorliegend nicht um die Kündigung eines an den Bausparer ausgereichten Bauspardarlehens durch die Bausparkasse, nach der die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta in Streit steht. ...

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