Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenspflegerbestellung wegen Zwangsbehandlung bei einstweiliger Unterbringung: Selbständige Anfechtbarkeit der Bestellung bei Verstoß gegen das rechtliche Gehör
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers ist im Verfahren über die Zustimmung zur Zwangsbehandlung während der einstweiligen Unterbringung selbständig anfechtbar; weder § 276 Abs. 6 FamFG noch § 305 Satz 1 StPO stehen entgegen.
2. Vor der Bestellung eines Verfahrenspflegers ist dem Betroffenen grundsätzlich rechtliches Gehör zu gewähren.
Verfahrensgang
LG Konstanz (Entscheidung vom 05.02.2018) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Landgerichts Konstanz - Strafvollstreckungskammer - vom 05.02.2018 aufgehoben.
Die Bestellung von Rechtsanwalt Dr. X aus K zum Verfahrenspfleger wird aufgehoben. Zum Verfahrenspfleger wird Rechtsanwalt Benjamin Y aus M bestellt.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Betroffenen im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.
Gründe
I.
Der Betroffene ist - nach vorausgegangener Untersuchungshaft und Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe - seit dem 11.05.2017 im Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Z einstweilig untergebracht (§ 126a Abs. 1 StPO). Durch nicht rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Konstanz vom 27.01.2017 wurde der Betroffene zu Gesamtfreiheitsstrafen von zwei Jahren und von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Daneben wurde seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Einen im Frühjahr 2017 gestellten Antrag auf gerichtliche Zustimmung zur zwangsweisen Behandlung mit antipsychotischer Medikation nahm das ZfP Z zurück, nachdem der Betroffene in der mündlichen Anhörung am 08.06.2017 seine Zustimmung zur Behandlung erteilt hatte. Mit der damals erfolgten Bestellung von Rechtsanwalt H erklärte sich der Betroffene nicht einverstanden.
Am 12.01.2018 beantragte das ZfP Z erneut die gerichtliche Zustimmung zur zwangsweisen Behandlung des Betroffenen mit einem antipsychotisch wirkenden Medikament. Das Landgericht Konstanz bestellte am 15.01.2018 - ohne Anhörung des Betroffenen - Rechtsanwalt Dr. X zum Verfahrenspfleger. Am 18.01.2018 meldete sich Rechtsanwalt Y, der im Strafverfahren als Verteidiger des Betroffenen bestellt ist, für den Betroffenen und widersprach der beantragten Zwangsbehandlung. Ebenfalls am 18.01.2018 erfolgte die mündliche Anhörung des Betroffenen im ZfP Z, an der neben dem Betroffenen der Verfahrenspfleger und der behandelnde Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie teilnahmen. Mit Beschluss vom 19.01.2018 erließ das Landgericht Konstanz eine einstweilige Anordnung, mit der unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der beantragten Behandlung mit einem Antipsychotikum (und mit einem sedierenden Medikament) vorläufig bis längstens 02.02.2018 zugestimmt wurde.
Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt Y vom 24.01.2018 beantragte der Betroffene dessen Beiordnung und legte gegen den Beschluss vom 19.01.2018 Beschwerde ein (dies ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 2 Ws 38/18). Mit weiterem Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten vom 25.01.2018 wurde der am 24.01.2018 gestellte Antrag dahin "ergänzt", dass Rechtsanwalt Y anstelle von Rechtsanwalt Dr. X zum Verfahrenspfleger bestellt werden solle. Telefonisch und mit Telefax vom 25.01.2018 bestätigte der Betroffene, von Rechtsanwalt Y vertreten werden zu wollen, und bevollmächtigte ihn. Rechtsanwalt Dr. X zeigte sich mit einem Wechsel in der Verfahrenspflegschaft erst nach Abschluss des laufenden Verfahrens einverstanden. Nachdem das Landgericht Konstanz mit einstweiliger Anordnung vom 02.02.2018 unter Anordnung der sofortigen Wirksamkeit die vorläufige Zustimmung zur zwangsweisen medikamentösen Behandlung des Betroffenen bis zum 16.02.2018 verlängert hatte, lehnte es mit weiterem Beschluss vom 05.02.2018 die Anträge auf Beiordnung von Rechtsanwalt Y zum Verteidiger und seine Bestellung als Verfahrenspfleger ab.
Mit Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten vom 14.02.2018 wurde gegen die Beschlüsse vom 02.02.2018 (dies ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens 2 Ws 57/18) und vom 05.02.2018 Beschwerde eingelegt, der das Landgericht Konstanz nicht abgeholfen hat.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Zunächst ist das Begehren des Betroffenen nach dem Inhalt der Schriftsätze vom 24.01.2018 und vom 25.01.2018 sachgerecht dahin auszulegen, dass allein ein Wechsel in der Verfahrenspflegschaft durch Entpflichtung von Rechtsanwalt Dr. X und Bestellung von Rechtsanwalt Y beantragt wurde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in Verfahren über die gerichtliche Zustimmung zur Zwangsbehandlung gemäß § 20 PsychKHG die Bestellung eines Verteidigers in entsprechender Anwendung von § 140 StPO nicht in Betracht kommt. § 20 Abs. 5 Satz 4 PsychKHG verweist hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrensrechts auf die die Zwangsbehandlung betreffenden Vorschriften über das Verfahren ...