Verfahrensgang
AG Bruchsal (Entscheidung vom 07.06.2019; Aktenzeichen 11 OWi 760 Js 9940/19) |
Tenor
- Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Bruchsal vom 07. Juni 2019 aufgehoben.
- Das Verfahren wird eingestellt.
- Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen entstandenen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht Bruchsal verurteilte den Betroffenen am 07.06.2019 wegen fahrlässiger illegaler Verbringung von Abfällen, die keine gefährlichen Güter sind, gemäß § 18 Abs. 2 Nr. 2 AbfVerbrG zu der Geldbuße von 300 €, weil er als verantwortlicher Geschäftsführer der Firma C. in D. bei der Anmeldung einer Sendung von Altschuhen in den Irak in der Ausfuhrmeldung angegeben habe, es handle sich um "sortierte Altschuhe" während es sich in Wahrheit um eine "unsortierte Mischung aus alten tragbaren und nicht mehr tragbaren paarweisen Schuhen" gehandelt habe, welche aus den von der Firma C. aufgestellten Sammelcontainern für Altschuhe stammten.
Mit der hiergegen eingelegten Rechtbeschwerde erstrebt der Betroffene seinen Freispruch. Er ist der Ansicht, dass es sich bei den zum Versand verpackten Schuhen nicht mehr um Abfall gehandelt habe, weil bezüglich der in den Containern vorhandenen Schuhe insoweit eine Vorsortierung vorgenommen worden sei und diese von sonstigen verwertbaren oder unverwertbaren Alttextilien und Fehlwürfen getrennt worden seien. Eine solche "Vorsortierung" genüge, weil für derartige Schuhe ein Markt bestehe, weshalb der Container mit den Schuhen für einen Betrag von 22.724,00 € an einen Abnehmer im Irak verkauft habe werden können. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat die Ansicht vertreten, das Amtsgericht habe den Betroffene zu Unrecht lediglich wegen einer Ordnungswidrigkeit verurteilt, vielmehr habe der Betroffenen eine Straftat nach § 18b Abs.1 Nr. 1 AbfVerbrG begangen, da die Ausfuhr derartiger Waren einer Notifizierung bedurft hätte.
Auf die Rechtsbeschwerde, über die der Senat gem. § 80a Abs. 1, Abs. 2 OWiG in der Besetzung mit einem Richter entscheidet, da dem Verfahren ein Bußgeldbescheid von weniger als fünftausend Euro zugrunde liegt, war das Verfahren mit der sich aus § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG ergebenden Kosten- und Auslagenfolge einzustellen, weil es an einem wirksamen Bußgeldbescheid und damit an einer Verfahrensvoraussetzung fehlt (§ 206a StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG).
II.
1. In ihrem Bußgeldbescheid vom 13.12.2018 "umschreibt" die Bußgeldstelle des Landkreises Karlsruhe den Tatvorwurf wie folgt:
Ihnen wird zur Last gelegt, am ... in ... als Verantwortlicher der Firma C. folgende Ordnungswidrigkeit begangen zu haben:
Sie haben eine Verbringung von Abfällen durchgeführt, die gem. § 18 Abs. 2 Nr. 2 AbfVerbrG i.V.m. Art. 2 Nr. 35 Buchst. e VO (EG) Nr. 1013/2006 wegen des Verstoßes gegen die in Art. 2 AbfVerbrG i.V.m. Art. 2 Nr. 35 Buchst. e VO (EG) Nr. 1013/2006 wegen des Verstoßes gegen die in Art. 37 und Art. 49 VO EG) Nr. 1013/2006 i.V.m. Art. 13 AbfRRL 2008/98 EG normierten gemeinschaftlichen Bestimmungen zur Verwertung der Abfälle unzulässig ist.
§ 130 OWiG
2. Der Bußgeldbescheid muss nach § 66 Absatz 1 Nr. 3 OWiG unter anderem die Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, sowie Zeit und Ort ihrer Begehung, bezeichnen. Wie die Anklage oder der Strafbefehl im Strafverfahren beschreibt und begrenzt der Bußgeldbescheid die Tat im Sinne von § 264 StPO und damit den Prozessgegenstand des Bußgeldverfahrens in persönlicher und sachlicher Hinsicht (BGHSt 23, 280; BeckOK, OWiG/Hettenbach, OWiG, § 71 Rn. 6). Erfüllt der Bußgeldbescheid seine Aufgabe nicht, den Tatvorwurf in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht von anderen denkbaren Tatvorwürfen abzugrenzen, fehlt es an einer Prozessvoraussetzung, wobei die Frage, ob der Bußgeldbescheid seiner Abgrenzungsfunktion gerecht wird, allein aus dem Bußgeldbescheid ohne Hilfe anderer Erkenntnisquellen, wie etwa des Akteninhalts, zu beantworten ist (Senat, Beschluss vom 23.01.2020, 1 Rb 21 Ss 967/19, abgedruckt bei juris; OLG Hamm, Beschluss vom 18.11.2015 - 3 Ss Owi 1218/15, BeckRS 2015, 20268). Der Umfang der im Bußgeldbescheid gebotenen Tatschilderung wird dabei maßgeblich von der Gestaltung des Einzelfalls und der Art der verletzten Vorschrift determiniert (OLG Hamm, a.a.O.; BeckOK OWiG/Sackreuther OWiG § 65 Rn. 3). Unwirksam ist ein Bußgeldbescheid aber auch dann, wenn ihm im Falle eines Einspruchs jede tragfähige Grundlage für eine Sachentscheidung fehlt, insbesondere, wenn er an besonders schweren Mängeln leidet (Seitz/Bauer in Göhler, OWiG, 17. Auflage 2017, § 66 Rn. 38, 39a), etwa weil er sich neben Bezeichnung von Ort und Zeit der Tat auf die bloße Wiedergabe des Gesetzestextes beschränkt ohne den eigentlichen Tatvorwurf auch nur ansatzweise zu beschreiben.
3. So liegt der Fall hier. Der Bußgeldbescheid der Bußgeldstelle des Landkreises G. vom 13.12.2018 leidet an besonders schweren Mängeln und erfüllt insoweit auch seine Umgrenzungsfunktion nicht. Er ...