Leitsatz (amtlich)
1. Eine Beschränkung der Vertragsstrafe nach § 13a Abs. 3 UWG setzt kumulativ voraus, dass die Zuwiderhandlung die Interessen von Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maß beeinträchtigt und dass der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.
2. Die Interessenbeeinträchtigung im Sinn von § 13a Abs. 3 UWG ist anhand der in § 13a Abs. 1 Nr. 1 UWG genannten Gesichtspunkte der Art, des Ausmaßes und der Folgen der Zuwiderhandlung vorzunehmen. Dabei korrespondiert das Maß, in dem eine Zuwiderhandlung die Interessen der Marktteilnehmer beeinträchtigt, aber auch mit § 13a Abs. 1 Nr. 2 bis 4 UWG entsprechenden Kriterien wie etwa der Größe und Marktstärke des Schuldners oder der Wiederholungswahrscheinlichkeit.
a) Daher ist die Beschränkung der Vertragsstrafe nach § 13a Abs. 3 UWG auch da-von abhängig, inwieweit die Höhe einer bereits zuvor verwirkten Vertragsstrafe sich als ungenügend erwiesen hat, um den Schuldner von weiteren Zuwiderhandlungen abzuhalten.
b) Eine unerhebliche Beeinträchtigung liegt nicht vor, wenn angesichts des Umfangs der Geschäftstätigkeit des Gewerbetreibenden eine größere Anzahl von Verbrauchern betroffen ist.
Normenkette
UWG § 13a Abs. 3
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 07.03.2024; Aktenzeichen 14 O 41/23 KfH) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 7. März 2024, Az.: 14 O 41/23 KfH, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 7.500 EUR festzusetzen.
3. Die Beklagte hat Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
I. Der als qualifizierte Einrichtung in die Liste gemäß § 4 UKlaG eingetragene Kläger verlangt von der Beklagten, die ein Autohaus in X betreibt, die Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Zuwiderhandlung gegen eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung, die auf Abmahnung wegen unlauteren Wettbewerbs eingegangen wurde.
Die Beklagte verstieß wiederholt gegen die Vorschriften der Verordnung über Verbraucherinformationen zu Kraftstoffverbrauch, Stromverbrauch, CO2-Emissionen und Energiekosten neuer Personenkraftwagen (Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung - Pkw-EnVKV). Aus gegenüber dem Kläger deswegen abgegebenen strafbewehrten Unterlassungserklärungen verwirkte sie mehrere Vertragsstrafen, darunter zuletzt Anfang März 2020 in Höhe von 6.000 EUR wegen eines Verstoßes gegen § 5 Pkw-EnVK. Die Beklagte verpflichtete sich anlässlich dieses fünften vom Kläger beanstandeten Verstoßes unter dem 11. März 2020 erneut strafbewehrt zu einer Unterlassung, nämlich
"unter Übernahme einer·für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung an die Deutsche Umwelthilfe e.V. zu zahlenden Konventionalstrafe in Höhe von 8.500,00 EUR
es künftig zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr elektronisches Werbematerial oder Werbung durch elektronische, magnetische .oder optische Speichermedien für nach § 5 Pkw-EnVKV kennzeichnungspflichtige neue Personenkraftwagen zu erstellen, erstellen zu lassen, zu verbreiten oder auf andere Weise zu verwenden und nicht sicherzustellen, dass in diesem Werbematerial Angaben über den offiziellen Kraftstoffverbrauch und die offiziellen spezifischen CO2- Emissionen des/der beworbenen Fahrzeugs/Fahrzeuge nach Maßgabe und unter Beachtung der Vorschriften der Pkw- Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (Pkw-EnVKV) in ihrer jeweils geltenden Fassung gemacht werden, so wie geschehen auf der Internetseite https://[...] am 5. März 2020."
Am 10. Februar 2023 warb die Beklagte in ihrem Internetauftritt unter www.[...].de in der Rubrik "Gebrauchtfahrzeuge" für zwei Neufahrzeuge, ohne die Werte des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen anzugeben, und für drei weitere Neufahrzeuge in der Weise, dass diesbezügliche Angaben erst nach Anklicken weiterer Detailseiten abruf- und einsehbar waren.
Der Kläger hat geltend gemacht, die mit der Werbung vom 10. Februar 2023 verwirkte Vertragsstrafe sei in Höhe von 8.500 EUR geschuldet.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 8.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat vorgebracht, wegen § 13a Abs. 3 UWG sei keine oder allenfalls eine Vertragsstrafe in Höhe von 1.000 EUR geschuldet.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen und Entscheidungsgründe ergänzend verwiesen wird, gemäß dem Klageantrag mit Zinsbeginn am 10. Oktober 2023 erkannt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe unstreitig gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung verstoßen und dem Grunde nach die Vertragsstrafe verwirkt. Eine Herabsetzung der vereinbarten Höhe nach § 13a Abs. 3 UWG komme bereits auf Grund des Umstands nicht in Betracht, dass es sich vorliegend um den sechsten Verstoß handele. Bei mehreren Verstößen gege...