rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
schwerwiegende Gefährdung des Kindeswohls. Beschleunigungs-Grundsatz. Sachverständigengutachten. Herausgabe des Kindes
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Hinnahme des Rechtsbruchs (durch den entführenden Elternteil) ist bei der gebotenen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden restriktiven Auslegung des Ausnahmetatbestandes des Art. 13 HkiEntÜ (BverfG FamRZ 1999, 85) nur bei ungewöhnlich schwerwiegender Beeinträchtigung des Kindeswohls gerechtfertigt.
2. Bei Beachtung des Beschleunigungsgrundsatzes des Art. 11 HkiEntÜ besteht mit Blick auf die gebotene summarische Tatsachenprüfung im Rückführungsverfahren als Eilverfahren im allgemeinen kein Anlass, ein psychologisches Sachverständigengutachten einzuholen.
Normenkette
HKiEntÜ Art. 13
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Beschluss vom 28.08.2001; Aktenzeichen 6 F 261/01) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Karlsruhe vom 28.08.2001 in Verbindung mit dem ergänzenden Beschluss des Amtsgerichts vom 10.09.2001 (6 F 261/01) wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
3. Der Beschwerdewert wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Aus der am 22.11.1986 geschlossenen und mit Urteil des Amtsgerichts V. vom 29.01.1999 (3 F 232/97) geschiedenen Ehe der Parteien sind die Kinder G. (geb. am 25.05.1987) und A. (geb. am 04.05.1989) hervorgegangen. Im Scheidungsurteil wurde die elterliche Sorge für die beiden Kinder dem Vater (Antragsteller des vorliegenden Verfahrens) übertragen. Schon zuvor hatte das Amtsgericht V. mit Beschluss vom 25.07.1997 nach Einholung eines Sachverständigengutachtens für die Zeit des Getrenntlebens der Eltern eine Sorgerechtsentscheidung zu Gunsten des Vaters getroffen.
Die Kinder, die sich seit 10.12.1998 beim Vater aufhalten, leben seit April 1999 zusammen mit ihm in England. Der Vater, der die britische Staatsangehörigkeit besitzt, ist dort als Golflehrer tätig. Entsprechend einer Vereinbarung der Eltern kam das Mädchen A. am 21.07.2001 zur Mutter (Antragsgegnerin) nach B.-B., um dort bis zum 12.08.2001 die Sommerferien zu verbringen. Die seit 24.04.1999 wieder verheiratete Mutter, deutsche Staatsangehörige, arbeitet ganztags in einer Firma in E..
Am 23.07.2001 stellte die Mutter beim Amtsgericht B.-B. den Antrag (2 F 347/01), in Abänderung des Urteils des Amtsgerichts V. vom 29.01.1999 ihr die elterliche Sorge für A. zu übertragen. Zur Begründung führte die Mutter u.a. aus, das Kind habe ihr schon lange vor dem Urlaubsantritt mitgeteilt, es wolle nicht mehr nach England zurückkehren, wo es völlig unglücklich sei. Es fühle sich mehr und mehr zurückgesetzt, weil es wenig Interesse an den Golfleidenschaften ihres Vaters, der in England als Golfprofi tätig sei, wie auch ihres Bruders habe. Das sich in der beginnenden Pubertät befindliche Mädchen wende sich mehr und mehr zu ihr als Mutter hin.
Der Vater trat dem Antrag entgegen. Dem angerufenen Familiengericht sei es untersagt, im Fall der widerrechtlichen Zurückhaltung des Kindes eine Sorgerechtsentscheidung zu treffen.
Nachdem die Mutter innerhalb der ihr vom Vater gesetzten Frist nicht die von ihm gewünschte Erklärung abgegeben hatte, ihm das Kind bis 12.08.2001 zurückzugeben, reichte der Vater beim Amtsgericht Karlsruhe einen zunächst beim Amtsgericht B.-B. gestellten, auf das Haager-Kindesentführungsübereinkommen gestützten Antrag auf Herausgabe des Kindes A. vom 30.07.2001 ein.
Wie er am 30.07.2001 von dem sich derzeit ebenfalls bei der Mutter aufhaltenden Sohn G. erfahren habe, habe die Mutter A. auf einem Reiterhof, an einem unbekannten Ort im Schwarzwald versteckt. Noch am 12.08.2001 habe ihn die Mutter angerufen und mitgeteilt, sie habe A. ins Flugzeug nach England gesetzt. Als er das Kind in London habe abholen wollen, sei es nicht in der Maschine gewesen.
Die Mutter beantragte Zurückweisung des Herausgabeverlangens des Vaters. Dem stünde Art. 13 des genannten Abkommens entgegen. Das Kind weigere sich standhaft, zum Vater zurückzukehren, der ihm mehrfach gedroht habe, er lasse es nie mehr zur Mutter zurückkehren, wenn das Kind nicht freiwillig nach England zurückkomme. Eine Rückführung gegen den Willen des Kindes würde für dieses zu einem traumatischen Erlebnis führen. Der Sachvortrag des Vaters hinsichtlich des Gesprächs vom 12.08.2001 sei unrichtig. Letztmals am 10.08.2001 habe sich der Vater telefonisch mit A. in Verbindung gesetzt. Diese habe dem Vater mitgeteilt, sie habe bislang keine Entscheidung getroffen, ob sie zurückkäme. Wenn sie den Vater nicht bis 12.00 Uhr zurückrufe, fliege sie am 12.08.2001 nicht nach England zurück.
Am 27.08.2001 reichte das Amt für Familien, Soziales und Jugend der Stadt B.-B. beim Amtsgericht Karlsruhe seinen – gegenüber dem Amtsgericht B.-B. im Sorgerechtsverfahren erstatteten – Bericht vom 14.08.2001 ein.
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