Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung des zuständigen Gerichts für die Bestellung von Notorganen für eine sog. Rest- bzw. Spaltgesellschaft einer nach 1945 in Polen enteigneten Aktiengesellschaft.
Verfahrensgang
Tenor
Als zuständiges Gericht für die Bestellung eines Notvorstandes der Zuckerfabrik M. AG hinsichtlich ihres im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland belegenen Vermögens wird das AG Mannheim - Registergericht - bestimmt.
Gründe
I. Die Antragstellerin, die S. AG M. mit Sitz in Mannheim, hat beim AG Mannheim - Registergericht - Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Notvorstands gem. § 85 Abs. 1 AktG für die Restgesellschaft Zuckerfabrik M. AG gestellt. Die S. Zucker AG, deren Rechtsnachfolgerin die Antragstellerin ist, sei Aktionärin der schlesischen Zuckerfabrik M. AG gewesen und habe dort rd. 93,6 % der Aktien gehalten. Die Zuckerfabrik M. AG sei nach dem zweiten Weltkrieg und der Gründung der Volksrepublik Polen nach polnischem Recht enteignet und liquidiert worden und bestehe heute rechtlich nicht mehr. Sie habe vor ihrer Enteignung und Liquidation über Vermögenswerte in Deutschland verfügt, nämlich Aktien der P.-Werke A. G. in Hamburg. Die P.-Werke seien zwischenzeitlich in der B. AG (heute: B. S. E.) aufgegangen, die B.-Aktien seien an die Stelle der P.-Aktien getreten. Das Vermögen der liquidierten Zuckerfabrik stelle eine sog. Restgesellschaft dar.
Das AG Mannheim hat mit Beschluss vom 21.1.1954 (2 FR VIII 2741/54) für die Zuckerfabrik M. AG in M./Schlesien Abwesenheitspflegschaft angeordnet mit dem Wirkungskreis der Wahrnehmung der Aktienrechte des Pfleglings an den P.-Werken AG in Hamburg. Zuletzt ist der Leiter der Rechtsabteilung der S. AG M. als Abwesenheitspfleger bestellt gewesen.
Das Betreuungsgericht Mannheim hat mit Beschluss vom 9.2.2010 die Abwesenheitspflegschaft wegen Wegfalls der Gesetzesgrundlage aufgehoben, da durch Art. 48 des Ersten Gesetzes über die Bereinigung von Bundesrecht in Zuständigkeit des Bundesministeriums der Justiz vom 19.4.2006 (BGBl. I, 866) u.a. § 10 des Gesetzes zur Ergänzung von Zuständigkeiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts, des Handelsrechts und des Strafrechts (Zuständigkeitsergänzungsgesetz) vom 7.8.1952 (BGBl. I, 407) aufgehoben worden ist. Der ehemalige Abwesenheitspfleger hat dem AG Mannheim - Betreuungsgericht - mit Schreiben vom 22.11.2010 mitgeteilt, dass die Vermögenswerte der Zuckerfabriken verkauft worden seien, um die Hinterlegung durch Umwandlung des Vermögens in Geldbeträge zu ermöglichen und hat dann die Vermögenswerte bei der Hinterlegungsstelle des AG Mannheim hinterlegt.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, es bestehe ein Bedürfnis einer gerichtlichen Bestellung eines Notvorstands gem. § 85 Abs. 1 AktG. Die Verteilung des in der Restgesellschaft verhafteten Vermögens an die Aktionäre erfordere eine rechtmäßige Liquidation der Aktiengesellschaft, hierzu bedürfe es eines Auflösungsbeschlusses der Hauptversammlung der Restgesellschaft, dies setze die wirksame Einberufung der entsprechenden Hauptversammlung voraus. Die Hauptversammlung könne nur durch den Vorstand oder in Ausnahmefällen durch den Aufsichtsrat einberufen werden, beide Gesellschaftsorgane seien in der antragsgegenständlichen Restgesellschaft nicht vorhanden. Damit fehle hier jegliches Vorstandsmitglied i.S.v. § 85 Abs. 1 AktG. Die erforderliche Dringlichkeit i. S. dieser Regelung ergebe sich bereits dadurch, dass die Handlungsfähigkeit der Restgesellschaft nur durch die gerichtliche Bestellung eines Notvorstands wieder hergestellt werden könne. Die S. AG M. habe als Mehrheitsaktionärin der Restgesellschaft ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse an der Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit.
Örtlich zuständig für diesen Antrag sei das AG Mannheim, denn maßgeblich sei der geplante Verwaltungssitz, der im Bezirk des AG Mannheim liege.
Mit Verfügung vom 24.2.2014 hat das AG Mannheim dem OLG Karlsruhe die Akten mit der Bitte um Bestimmung des zuständigen Gerichts übersandt.
II.1. Das OLG Karlsruhe ist zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen.
Nach dem Vortrag der Antragstellerin, der auch in den beigezogenen Pflegschaftsakten des AG Mannheim nicht belegt ist, ist die Zuckerfabrik M. AG, die wohl 1883 im damals zu Preußen und dem Deutschen Reich gehörenden M. gegründet worden ist, das heute auf dem Gebiet der Republik Polen liegt (Z.), nach dem zweiten Weltkrieg enteignet und liquidiert worden. Sie verfüge über Vermögenswerte in Deutschland, ursprünglich Aktien der P.-Werke.
Durch die Enteignung bei Vorhandensein von Vermögenswerten in Deutschland dürfte unter Berücksichtigung des Territorialitätsprinzips und der Spaltungstheorie unter Beibehaltung ihrer Rechtsform für das "Auslandsvermögen", also das Vermögen in der Bundesrepublik Deutschland, eine Rest- oder Spaltgesellschaft als fortbestehend gelten. Da hier nicht nur die Mitgliedschaftsrechte enteignet worden sein sollen, sondern die alte Gesellschaft vernichtet worden sein soll, handelt es sich woh...