Verfahrensgang
LG Konstanz (Entscheidung vom 28.04.2021; Aktenzeichen 6 Ns 21 Js 17353/20) |
LG Konstanz (Entscheidung vom 03.05.2021; Aktenzeichen 6 Ns 21 Js 17353/20) |
Tenor
Die Beschwerde der Angeklagten gegen die Beschlüsse des Landgerichts Konstanz vom 28. April 2021 und 3. Mai 2021 wird kostenpflichtig (§ 473 Abs. 1 Satz 1 StPO) verworfen.
Gründe
I.
Die Angeklagte begehrt mit ihrem Rechtsmittel weiterhin die Entbindung ihres derzeitigen Pflichtverteidigers, Rechtsanwalt X., und die Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. O.
Das Amtsgericht Konstanz hat die Angeklagte, die sich seit dem 16.7.2020 ununterbrochen in Untersuchungshaft befindet, am 7.1.2021 wegen Betrugs in 21 Fällen - unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Mannheim vom 5.5.2020 (Geldstrafe wegen Erschleichens von Leistungen) - zu der ersten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten sowie wegen Betrugs in zwei weiteren Fällen - unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Oberndorf vom 28.7.2020 (Geldstrafe wegen Erschleichens von Leistungen) - zu der zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt; überdies wurde die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 17.215,22 Euro angeordnet. Die Angeklagte und die Staatsanwaltschaft haben Berufung gegen dieses Urteil eingelegt. Die Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht Konstanz findet seit dem 4.5.2021 in Gegenwart eines psychiatrischen Sachverständigen statt, der zu den medizinischen Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB in der Person der Angeklagten gehört werden soll.
Der Angeklagten war am 16.7.2020 zunächst Rechtsanwalt D. als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Zuvor hatte Rechtsanwalt X. auf die telefonische Anfrage des Gerichts während des laufenden Termins zur Haftbefehlseröffnung, ob er bereit sei, wunschgemäß die Verteidigung der Angeklagten zu übernehmen, mitgeteilt, er kenne die Angeklagte und lehne eine Mandatsübernahme ab. Trotz dieser ihr bekannten Haltung von Rechtsanwalt X. beantragte die Angeklagte noch mit Schreiben vom selben Tag, diesen zu ihrem Verteidiger zu bestellen und Rechtsanwalt D. zu entpflichten. Bevor und nachdem das Amtsgericht Konstanz mit Beschluss vom 27.7.2020 eine Auswechslung des Pflichtverteidigers abgelehnte hatte, verfolgte sie dieses Ziel mit unzähligen, zum Teil täglich mehrfach in inhaltlichen Varianten eingereichten Anträgen, Beschwerden und sonstigen schriftlichen Eingaben, in denen sie Rechtsanwalt D. u.a. als inkompetent bezeichnete und gegen ihn Strafantrag wegen Rechtsbeugung, Nötigung und Erpressung stellte. Rechtsanwalt X. sei demgegenüber - so die Angeklagte - zuverlässig und äußerst befähigt, wie ihr aus einem Verfahren vor dem Landgericht Tübingen (9 Qs 10/20) bekannt sei, in welchem er sie vertreten habe.
Das Landgericht Konstanz wies als Beschwerdegericht mit Verfügung vom 17.8.2020 Rechtsanwalt X. darauf hin, dass er bereits Pflichtverteidiger in einem gegen die Angeklagte geführten Verfahren der Staatsanwaltschaft Tübingen (18 Js 24942/19) sei, dieses zum vorliegenden Verfahren verbunden werden solle und daher auch vorliegend seine Bestellung zum Verteidiger erwogen werde. Dazu führte Rechtsanwalt X. mit Schriftsatz vom 18.8.2020 u.a. aus, er habe die Angeklagte bereits früher in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Tübingen (9 Ds 11 Js 20636/16) verteidigt. Es bestünden durchgreifende Bedenken hinsichtlich des Bestehens eines Vertrauensverhältnisses, da die Angeklagte in jenem Verfahren dem Gericht umfangreiche Beweisanträge direkt unterbreitet und ihm - unzutreffend - Versäumnisse vorgeworfen habe. Die Vorstellungen zu Ziel und Vorgehensweisen seien "stark" auseinandergelaufen. Er sehe u.a. darin einen wichtigen Grund, der seiner Beiordnung entgegenstehe und beantrage, seine im Verfahren der Staatsanwaltschaft Tübingen erfolgte Bestellung zum Pflichtverteidiger aufzuheben.
Mit Beschluss vom 19.10.2020 hob das Landgericht Konstanz den Beschluss des Amtsgerichts Konstanz vom 27.7.2020 auf und bestellte Rechtsanwalt X. zum Verteidiger der Angeklagten, da sie auch unter Berücksichtigung der von diesem geäußerten Vorbehalte an ihm festgehalten habe.
Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils erhob die Angeklagte mit Schreiben vom 28.1.2021 "Dienstaufsichtsbeschwerde" gegen Rechtsanwalt X., weil dieser nach der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht und anschließenden Berufungseinlegung keinen Kontakt zu ihr halte. Im Nachgang verfolgte die Angeklagte mit unzähligen umfänglichen Anträgen, Beschwerden und sonstigen Eingaben (u.a. einer "Kündigung des Mandatsverhältnisses") die Entbindung von Rechtsanwalt X. als Pflichtverteidiger sowie die Beiordnung von Rechtsanwalt O., der auf Anfrage der Angeklagten allerdings eine Mandatsübernahme im Januar 2021 schriftlich abgelehnt hatte. Zur Begründung ihres Wunsches nach erneuter Auswechslung des Pflichtverteidigers gab die Angeklagte (sinngemäß) an, Rechtsanwalt X. habe bereits in zurückliegenden gegen sie gerichteten Verfahren vo...