Leitsatz (amtlich)
Setzt das LG im Berufungsverfahren den Streitwert fest, so ist der Beschluss mit der einfachen Beschwerde gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG anfechtbar. Die Anfechtbarkeit von Streitwertbeschlüssen des LG ist nicht auf Entscheidungen im ersten Rechtszug beschränkt (im Gegensatz zur Regelung der sofortigen Beschwerde in der ZPO gem. § 567 Abs. 1 ZPO).
Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 05.05.2006; Aktenzeichen 4 S 108/05) |
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen den Beschluss des LG Mannheim vom 5.5.2006 - 4 S 108/05 - (Streitwertfestsetzung) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Parteien haben vor dem AG Mannheim (19 C 88/05) und im Berufungsverfahren vor dem LG Mannheim (4 S 108/05) über wechselseitige Ansprüche aus einem Mietverhältnis gestritten. Das AG Mannheim hatte im Urteil vom 10.8.2005 die Klage abgewiesen und der Widerklage des Beklagten stattgegeben. Im Berufungsverfahren haben die Parteien den Rechtsstreit im Termin vom 19.4.2006 durch einen Vergleich beendet.
Mit Beschluss vom 5.5.2006 hat das LG Mannheim den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 2.613,66 EUR festgesetzt. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten. Sie ist der Auffassung, der Streitwert für das Berufungsverfahren sei auf 3.515,78 EUR festzusetzen. Außerdem habe das LG zu Unrecht einen Vergleichsmehrwert von 2.600 EUR nicht berücksichtigt.
Das LG Mannheim hat mit Beschluss vom 23.5.2006 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
1. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung ist zulässig.
a) Die Beschwerde ist statthaft. Gemäß § 68 Abs. 1 S. 1 GKG ist gegen die Streitwertfestsetzung des LG das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Der Umstand, dass das LG im Berufungsverfahren über den Streitwert entschieden hat, steht einer Beschwerde nicht entgegen. Das Gerichtskostengesetz kennt keine Einschränkung von Rechtsmitteln bei einer Streitwertfestsetzung im Berufungsverfahren. Die Regelung in § 567 Abs. 1 ZPO sieht zwar eine sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen des LG im Berufungsverfahren nicht vor; diese Regelung gilt allerdings nur für den Bereich der Zivilprozessordnung und ist auf die Streitwertbeschwerde gem. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG weder direkt noch analog anwendbar (vgl. OLG Celle v. 17.11.2005 - 3 W 142/05, OLGReport Celle 2006, 270, 271 f.). Der Gesetzgeber hat für den Bereich des Gerichtskostengesetzes eine Rechtsmittelbeschränkung lediglich insoweit vorgesehen, als eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes nicht stattfindet (§ 68 Abs. 1 S. 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG). Eine weitergehende Beschränkung von Rechtsmitteln ist den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes jedoch nicht zu entnehmen.
b) Der Zulässigkeit der Streitwertbeschwerde steht auch nicht entgegen, dass gegen eine Entscheidung des LG in der Hauptsache - im Berufungsverfahren - ein weitergehendes Rechtsmittel (ohne Zulassung der Rechtsbeschwerde) nicht gegeben wäre. Denn es gibt im Bereich der Zivilprozessordnung keinen Grundsatz, dass der Rechtsmittelzug bei einer Nebenentscheidung - wie bei der Streitwertfestsetzung - generell nicht weitergehen könne als der Rechtsmittelzug für die Anfechtung der Hauptsacheentscheidung. Die Zivilprozessordnung enthält in § 99 Abs. 1 ZPO in gewissem Umfang lediglich Beschränkungen für die Anfechtung von Kostenentscheidungen. Die Streitwertfestsetzung ist jedoch keine Kostenentscheidung i.S.v. § 99 Abs. 1 ZPO, so dass sich aus dieser Vorschrift keine Beschränkungen für die Streitwertbeschwerde herleiten lassen (anders OLG Stuttgart, Die Justiz 2006, 15 zu der ähnlichen Frage einer Streitwertbeschwerde im Rahmen des Strafvollzugsrechts).
c) Die Beschwerdebefugnis der Prozessbevollmächtigten des Beklagten ergibt sich aus § 32 Abs. 2 RVG. Die Beschwerdeführerin ist durch den Beschluss des LG Mannheim beschwert. Denn ein höherer Streitwert hätte zur Folge, dass die Rechtsanwältin höhere Anwaltsgebühren geltend machen könnte.
d) Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 EUR (vgl. § 68 Abs. 1 S. 1 GKG). Bei einer Festsetzung des Streitwerts entsprechend dem Begehren der Beschwerdeführerin würden sich die Anwaltsgebühren um mehr als 200 EUR erhöhen.
e) Das OLG Karlsruhe ist zur Entscheidung über die Beschwerde berufen. Bei einer Streitwertfestsetzung durch das LG im Berufungsverfahren ist das OLG das "nächst höhere Gericht" i.S.v. § 66 Abs. 3 S. 2 GKG (i.V.m. § 68 Abs. 1 S. 5 GKG) und nicht etwa der BGH (vgl. OLG Celle v. 17.11.2005 - 3 W 142/05, OLGReport Celle 2006, 270, 272).
2. Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Ausführungen des LG im Nicht-Abhilfebeschluss vom 23.5.2006 sind zutreffend. (Wird ausgeführt.)
Fundstellen
Haufe-Index 1721613 |
OLGR-Süd 2007, 686 |