Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung
Leitsatz (amtlich)
Die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO setzt nicht voraus, dass die unrichtigen Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu einer objektiv unrichtigen Bewilligungsentscheidung geführt haben.
Normenkette
ZPO § 124 Nr. 2 Alt. 1
Verfahrensgang
LG Konstanz (Beschluss vom 17.11.2011; Aktenzeichen 5 O 120/10 T) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des LG Konstanz vom 17.11.2011 - 5 O 120/10 T - wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 15.6.2010 beantragte der Beklagte die Gewährung ratenfreier Prozesskostenhilfe. In der beigefügten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 25.5.2010 gab er an, er sei auf Arbeitssuche, habe keine Einkünfte und verfüge weder über Grundvermögen noch über sonstige Vermögenswerte. Auf entsprechende Fragen des Gerichts teilte er durch Schriftsätze seines Prozessbevollmächtigten vom 29.9. und 2.11.2010 mit, er verfüge über kein relevantes Bankguthaben, wohne bei der Mutter seines Sohnes, die ihm seinen Mietanteil stunde und ihn auch durch Naturalleistungen unterstütze. Einen Pkw habe er nicht, er könne jedoch ein Fahrzeug nutzen, das ihm leihweise von dritter Seite zur Verfügung gestellt werde, wodurch weitere Schulden aufliefen. Er biete sich als Security und für Bauarbeiten an und hoffe auf den Erfolg dieser selbständigen Tätigkeit, habe aber noch keine Aufträge erhalten. Derzeit sei er mittellos. Daraufhin wurde ihm mit Beschluss vom 9.11.2011 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt. Am gleichen Tag wurde der Rechtsstreit durch Vergleich beendet.
Mit Schriftsatz vom 21.6.2011 hat die Klägerin angeregt, dem Beklagten die Prozesskostenhilfe zu entziehen, weil er schon während des Rechtsstreits einen Audi A 6 gefahren und die monatlichen Unterhaltungs- und Leasingkosten i.H.v. rund 800 EUR bestritten habe. Hierzu hat der Beklagte erklärt, es handele sich um das ehemalige Firmenfahrzeug einer GmbH, deren Mitgesellschafter und Geschäftsführer er gewesen sei. Die Kosten für die Unterhaltung des Fahrzeugs und den Leasingvertrag, den er bei der Veräußerung seiner Gesellschaftsanteile habe übernehmen müssen, würden von Dritten ausgelegt. Auf richterliche Anordnung hat der Beklagte sodann neben verschiedenen Unterlagen zu dem Leasingfahrzeug auch den notariellen Anteilskauf- und Abtretungsvertrag vom 23.6.2010 vorgelegt, durch den er seinen Geschäftsanteil an der ... GmbH im Nennbetrag von 13.000 EUR und eine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft i.H.v. 26.429,04 EUR zum Preis von insgesamt 3.000 EUR an Mitgesellschafter verkauft, sein Amt als Geschäftsführer niedergelegt und das Recht erworben hatte, den Leasingvertrag zu übernehmen.
Durch Beschluss des Rechtspflegers vom 17.11.2011, auf dessen Gründe verwiesen wird, hat das LG die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 2 ZPO aufgehoben.
Mit der sofortigen Beschwerde will der Beklagte die Aufhebung des Beschlusses erreichen. Er macht geltend, die ursprünglichen Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten der Wahrheit entsprochen. Er habe nur keinen vollständigen Überblick über seine Schulden gehabt. Aus seiner Beteiligung an der ... GmbH und der Tätigkeit als Geschäftsführer habe er keine Einkünfte erzielt. Die Gesellschaft habe keine Umsätze erwirtschaftet. Die Möglichkeit zum Verkauf seiner Geschäftsanteile habe sich kurzfristig und unerwartet ergeben. Mit dem Erlös habe er einen Kredit bedient. Das Leasingfahrzeug habe er bislang nicht zu dem für dessen Ablösung erforderlichen Preis verkaufen können. Er sei weiterhin nicht in der Lage, die Prozesskosten aufzubringen. Der Sanktionscharakter des § 124 Nr. 2 ZPO müsse zurücktreten, weil er sich keine Vorteile verschafft und nicht habe absehen können, dass aus der Gesellschaftsbeteiligung noch Geld zu erwarten sei.
II. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte, fristgerecht eingelegte (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Der nach § 20 Nr. 4c) RPflG zuständige Rechtspfleger hat die Bewilligung der Prozesskostenhilfe zu Recht aufgehoben.
1. Die Voraussetzungen des § 124 Nr. 2 Alt. 1 ZPO liegen vor. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat. Das ist hier der Fall.
Zum Zeitpunkt des Prozesskostenhilfeantrags vom 15.6.2010 hielt der Kläger einen Geschäftsanteil an der ... GmbH im Nennbetrag von 13.000 EUR und eine Darlehensforderung gegen diese Gesellschaft i.H.v. 26.429,04 EUR. Diese Vermögenswerte hat er in der dem Antrag beigefügten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältniss...