Tenor
Auf die Beschwerde des Angeschuldigten wird der Beschluss des Landgerichts F. vom 24. April 2009 aufgehoben und der Haftbefehl des Amtsgerichts E. vom 12. September 2008 gegen die Weisungen außer Vollzug gesetzt, dass der Angeschuldigte bei seinem Sohn M. W. im H. in Wohnung zu nehmen hat und den Landkreis R. nur mit Erlaubnis der Schwurgerichtskammer verlassen darf.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Angeschuldigten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
Gründe
Am 12.9.2008 erließ das Amtsgericht E. gegen den Angeschuldigten unter dem Vorwurf des versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung jeweils in zwei Fällen einen auf den Haftgrund der Fluchtgefahr gestützten Haftbefehl, auf dessen Grundlage sich der am gleichen Tag festgenommene Angeschuldigte seit dem 13.9.2009 ununterbrochen in Untersuchungshaft befindet. Mit Beschluss vom 18.3.2009 hat der Senat im Verfahren der besonderen Haftprüfung nach § 121 f. StPO die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet, wobei er den Haftgrund wegen nicht auszuschließender Fluchtgefahr der Vorschrift des § 112 Abs. 3 StPO entnommen hat. Mit am 25.3.2009 eingekommenem Schriftsatz seines Verteidigers hat der Angeschuldigte, gegen den die Staatsanwaltschaft zwischenzeitlich unter dem Datum des 20.3.2009 Anklage erhoben hat, mündliche Haftprüfung mit dem Ziel der Aufhebung des Haftbefehls, hilfsweise seiner Außervollzugsetzung beantragt. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts F. hat nach mündlicher Anhörung am 7.4.2009 den Haftbefehl mit Beschluss vom gleichen Tage aufrechterhalten und in Vollzug belassen. Zwar sei davon auszugehen, dass "eine nennenswerte Fluchtgefahr i.S.v. § 112 Abs. 2 Nr. 1 StPO nicht (mehr) bestehen dürfte". Doch könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Angeschuldigte nach einer Entlassung versuchen könnte, sein Tötungsvorhaben zu vollenden. Im Hinblick auf diese nicht fern liegende Gefahr sei deshalb der Haftgrund des § 112 Abs. 3 StPO gegeben.
Die am 21.4.2009 eingekommene Beschwerde des Angeschuldigten, der die Schwurgerichtskammer mit Beschluss vom 23.4.2009 nicht abgeholfen hat und die erst am 11.5.2009 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt wurde, hat in der Sache insoweit Erfolg, als der Haftbefehl des Amtsgerichts E. vom 12.9.2008 mit den im Tenor genannten Auflagen außer Vollzug zu setzen ist.
Die Voraussetzungen eines Haftbefehls sind allerdings auch nach Auffassung des Senats nach wie vor gegeben. Dabei kann hinsichtlich des dringenden Verdachts der dem Angeschuldigten auch mit der Anklage vorgeworfenen Taten auf den Haftfortdauerbeschluss vom 18.3.2009 verwiesen werden. Auch steht ein aus Art. 1 GG folgendes Verfahrenshindernis der Durchführung des Strafverfahrens trotz der infausten Prognose für den an einem ossär metastasierenden Prostatakarzinom erkrankten Angeschuldigten auf der Grundlage der dem Senat vorliegenden Erkenntnisse derzeit nicht entgegen. Ebensowenig schließt nach den am 26.3.2009 zu den Akten gelangten Ausführungen des Sachverständigen Dr. F. zur Zeit eine mangelnde Verhandlungsfähigkeit die Fortsetzung jedenfalls des strafgerichtlichen Erkenntnisverfahrens aus.
Ob die nicht auszuschließender Gefahr der Vollendung des bislang nur versuchten Tötungsdelikts auf der Grundlage der Vorschrift des § 112 Abs. 3 StPO die Anordnung der Untersuchungshaft rechtfertigen kann, erscheint dem Senat allerdings zweifelhaft.
Nach § 112 Abs. 3 StPO darf gegen den Beschuldigten, der u.a. einer Straftat nach §§ 211, 22, 23 StGB dringend verdächtig ist, die Untersuchungshaft auch angeordnet werden, wenn ein Haftgrund nach Abs. 2 dieser Vorschrift nicht besteht.
Diese Vorschrift darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG NJW 1966, 243) aber nicht dahin ausgelegt werden, dass bei dringendem Verdacht eines Verbrechens gegen das Leben ohne weiteres, also ohne die Prüfung der weiteren Voraussetzungen, Untersuchungshaft angeordnet werden dürfte. Vielmehr fordert der aus den Freiheitsgrundrechten der Art. 2 Abs. 2 und 104 GG wie aus der im Rechtsstaatsprinzip angelegten Unschuldsvermutung folgende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass auch bei Anwendung des § 112 Abs. 3 StPO der Zweck der Untersuchungshaft, der vornehmlich darin besteht, ein geordnetes Strafverfahren zu gewährleisten und ggf. eine spätere Strafvollstreckung sicherzustellen, nicht aus dem Auge verloren werden darf. § 112 Abs. 3 StPO (in der damaligen Fassung noch Abs. 4) soll deshalb verfassungskonform dahingehend ausgelegt werden, dass bei Verdacht der dort bezeichneten Straftaten auf die in § 112 StPO genannten Haftgründe - Flucht, Flucht- und Verdunkelungsgefahr sowie die damals in Abs. 3 geregelte Wiederholungsgefahr - zwar nicht verzichtet werden kann, die an diese regelmäßig gestellten strengen Voraussetzungen - das Vorliegen "bestimmter Tatsachen" - aber gelockert werden können, so dass es insoweit genügen kann, dass diese nicht ausschließbar vorliegen.
Damit ist auch in Fällen des § ...