Leitsatz (amtlich)

1. Haben künftige Ehegatten vor der Eheschließung als Gesamtschuldner einen Kredit zur Finanzierung eines nur einem Partner gehörenden Familienheims aufgenommen, so ist für den Zugewinnausgleich im Innenverhältnis ein Freistellungsanspruch des Nichteigentümers bezüglich der Kreditverbindlichkeit beim Anfangsvermögen mit einzustellen. Insoweit muss für die Zugewinnausgleichsberechnung bei der Bewertung der gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten im Anfangsvermögen das spätere Scheitern der Ehe berücksichtigt werden.

2. Die Verbindlichkeiten sind lediglich in der Höhe im Anfangsvermögen zu berücksichtigen, in der sie auch im Endvermögen eingestellt werden.

Hinweis: Die zugelassene Rechtsbeschwerde ist eingelegt worden (BGH -XII ZB 311/18-).

 

Normenkette

BGB §§ 426, 1374 Abs. 1, § 1375 Abs. 1, § 1378

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe-Durlach (Beschluss vom 18.07.2017; Aktenzeichen 3 F 166/13)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 06.11.2019; Aktenzeichen XII ZB 311/18)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe-Durlach vom 18.07.2017 (3 F 166/13) unter Ziffer 1 wie folgt abgeändert:

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, an den Antragsteller 3.616,19 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird der Antrag abgewiesen.

2. Die weitergehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

5. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird bis zum Schriftsatz vom 05.02.2018 auf 58.546,26 EUR und ab dem Schriftsatz vom 05.02.2018 auf 38.711,08 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Antragsteller ein Anspruch auf Zahlung von Zugewinnausgleich gegen die Antragsgegnerin zusteht.

Die am 26.08.2003 geschlossene Ehe der Beteiligten ist mit Beschluss des Amtsgerichts Karlsruhe-Durlach vom 02.05.2012 auf den am 17.09.2011 zugestellten Ehescheidungsantrag geschieden worden.

Die Beteiligten lebten bereits vor der Eheschließung (26.08.2003) zusammen. Der gemeinsame Sohn A. wurde im ... geboren. Im Jahr 2002 erfolgte auf den Namen der am ... geborenen Antragsgegnerin und zu deren Alleineigentum der Kauf der Immobilie ... in W.. Die Beteiligten wollten in diese Immobile einziehen. Die Finanzierung des Kaufpreises der Immobilie in Höhe von 190.00,00 EUR (I, 437) erfolgte durch den Einsatz von Eigenkapital in Höhe von 20.000,00 EUR (I, 616), wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, von wem das Eigenkapital stammte, durch einen Vorfinanzierungskredit mit Abschluss eines Bausparvertrages bei der L. über 40.000,00 EUR sowie durch Aufnahme eines Kredits bei der K. in Höhe von 50.000,00 EUR und eines S.darlehens über 80.000,00 EUR. Für die Verbindlichkeiten hafteten die Beteiligten als Darlehensnehmer gesamtschuldnerisch. Der am ... geborene Antragsteller arbeitete zu dieser Zeit als Geschäftsführer bzw. Mitarbeiter in verschiedenen Nachtbars, die Antragsgegnerin arbeitete als Bürokraft in einem Verlag, danach in einer Bäckerei und in einem Hotel. Nachdem dem Antragsteller im Jahr 2005 gekündigt worden war, übernahm die Antragsgegnerin zunächst eine Bar auf ihren Namen, nach ihrem Vorbringen führte aber tatsächlich der Antragsteller den Betrieb. Wegen eines Ratenrückstandes kündigte die S. K. im Juni/Juli 2005 das Kreditengagement. Die Antragsgegnerin erhielt daraufhin im Rahmen einer Umfinanzierung zum 01.08.2005 einen Kredit bei der V., den sie nach ihrem Vorbringen allein bedient hat.

Die Antragsgegnerin, die zum Zeitpunkt der Trennung der Eheleute (01.05.2010) weiterhin im Bereich der Vergnügungsgastronomie tätig war, wandte sich nach der Trennung wegen bestehender Schulden an die Schuldnerberatungsstelle der Stadt K. (vgl. Schreiben der Schuldnerberatung vom 12.11.2013 I, 117 f. und vom 04.05.2012 I, 73 f.). Das Finanzamt K.-Stadt hatte der kontoführenden V. eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 02.08.2011 wegen einer Abgabenschuld der Antragsgegnerin in Höhe von 24.092,37 EUR zugestellt (I, 53). Unter dem 17.10.2011 übersandte das Finanzamt der Antragsgegnerin eine Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsankündigung wegen eines Schuldbetrages einschließlich Säumniszuschlag von 28.533,51 EUR (I, 55 ff.). Zur Ablösung mehrerer Verbindlichkeiten nahm die Antragsgegnerin u.a. mit Vertrag vom 05.12.2011 ein weiteres Darlehen über 35.000,00 EUR bei der V. auf. Unter dem 29.03.2012 überwies sie 14.000,00 EUR als "Vergleichszahlung M. G. gem. Schreiben vom 16.03.2012" an das Finanzamt K.-Stadt.

Am 17.09.2011 betrug der Sollstand der beiden Immobiliendarlehen bei der V. insgesamt (39.670,36 EUR + 120.451,51 EUR =) 160.121,87 EUR (I, 225). Bei der Eheschließung am 26.08.2003 hatten sich die Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der S. K. auf (79.002,18 EUR + 49.825,72 EUR =) 128.827,90 EUR belaufen. Zuzüglich des Kredites bei der L. von 40.000,00 EUR best...

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