Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsbeschwerde nach § 116 StVollzG
Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 29.07.2003; Aktenzeichen StVK 482/02-B) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts – Strafvollstreckungskammer – Mannheim vom 29. Juli 2003 wird als unzulässig verworfen (§ 119 Abs. 3 StVollzG), weil es nicht geboten ist, die Nachprüfung des Beschlusses zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zu ermöglichen (§ 116 Abs. 1 StVollzG).
2. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Beiordnung seines gewählten Verteidigers als Pflichtverteidiger für das Rechtsbeschwerdeverfahren, die ohnehin nur im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs.2 StVollzG in Betracht kommt, wird als unbegründet verworfen, da die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 120 Abs.2 StVollzG i.V.m. §§ 114, 121 ZPO).
3. Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen (§ 121 Abs.2 StVollzG).
4. Der Gegenstandswert wird auf 100 EUR festgesetzt (§§ 13, 48 a GKG).
Gründe
Zu bemerken ist lediglich:
Vorliegend kann ein nachträgliches Interesse des am …10.2002 gemäß § 456 a StPO in sein Heimatland abgeschobenen Beschwerdeführers an der gerichtlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in der Haftanstalt nicht bejaht werden. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht wiederholt entschieden, dass ein solches nachträgliches Feststellungsinteresse bei schwer wiegenden Grundrechtseingriffen, wie sie bei der Unterbringung in einem etwa 8 qm großen Einzelhaftraum ohne räumliche Abtrennung des Sanitärbereichs mit einem weiteren Mitgefangenen in Betracht kommen können (vgl. BVerfG NJW 2002, 2699 = EuGRZ 2002, 196 und NJW 2002, 2700 = EuGRZ 2002, 198), bestehen kann. Voraussetzung für ein solches nachträgliches Feststellungsinteresse ist jedoch, dass entweder Wiederholungsgefahr besteht (vgl. BVerfG EuGRZ 2002, 196), dass die direkte Belastung des Beschwerdeführers sich nach dem typischen Verfahrenslauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher der betroffene Verurteilte die gerichtliche Entscheidung in der von der Verfahrensordnung gegebenen Instanz kaum erlangen kann (vgl. BVerfG NJW 1998, 2432; Senat B. v. 13.11.2002 – 3 Ws 289/02) oder dass die beanstandete Maßnahme diskriminierend wirkt und deshalb ein Rehabilitationsinteresse des Betroffenen anzuerkennen ist (vgl. BVerfG EuGRZ 2002, 198).
Keine dieser drei Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt.
Nachdem die Erledigung der beanstandeten Unterbringung nicht lediglich auf einer anderweitigen Unterbringung des Beschwerdeführers bei fortdauernder Strafhaft beruht, sondern darauf, dass die Vollstreckungsbehörde mit Wirkung vom …10.2002 von der weiteren Vollstreckung der Strafe gemäß § 456 a StPO abgesehen hat und der Verurteilte in sein Heimatland abgeschoben wurde, ist keine Wiederholungsgefahr gegeben.
Es liegt auch kein Fall vor, in dem – etwa wegen der kurzen Dauer der beanstandeten Unterbringung – nach dem typischen Verfahrensablauf gerichtlicher Rechtsschutz in angemessener Zeit nicht zu erlangen war. Dass im vorliegenden Fall das Landgericht über den am 04.07.2002 gestellten Feststellungsantrag nicht noch vor Eintritt der Erledigung am …10.2002, sondern erst im Juli 2003 entschieden hat, ändert hieran nichts, weil auf den typischen Verfahrensablauf abzustellen ist (vgl. OLG Stuttgart Die Justiz 2003, 171 m.w.N.).
Schließlich kann die vom Beschwerdeführer beanstandete Unterbringung im vorliegenden Fall auch nicht als diskriminierend angesehen werden, weil sie ihren Grund nicht (allein) in der Überbelegung der Justizvollzugsanstalt C. hatte, sondern auf Besonderheiten in der Person des Verurteilten beruhte, die die Justizvollzugsanstalt – im Rahmen ihrer begrenzten Möglichkeiten bei der Entscheidung über die Unterbringung des Gefangenen zu berücksichtigen versucht hat. Denn aufgrund einer mehrfach ärztlich festgestellten psychiatrischen Grunderkrankung des Verurteilten mit Panikattacken im Zusammenhang mit größeren Menschenansammlungen einerseits und einem Anfallsleiden andererseits sollte und wollte der Gefangene nicht allein in einem Einzelhaftraum untergebracht werden. Eine ihm von der Justizvollzugsanstalt mehrfach angebotene Unterbringung in einem Gemeinschaftshaftraum von 12,5 qm, der üblicherweise mit drei Gefangenen belegt ist, hat der Verurteilte – nach seinem eigenen Vorbringen in der Beschwerdeschrift – jeweils abgelehnt, weil ihm die Justizvollzugsanstalt nicht die dauerhafte Belegung mit nur einem weiteren Gefangenen zugesichert habe.
Unter diesen – besonderen – Umständen kann die Unterbringung des Beschwerdeführers nicht als diskriminierend angesehen werden. Sie begründet kein anerkennenswertes Rehabilitationsinteresse und damit kein fortwirkendes Feststellungsinteresse trotz Erledigung der Maßnahme.
Fundstellen