Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 23.09.2015; Aktenzeichen 41 F 2039/15)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 23.09.2015 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für einen beabsichtigten Antrag auf Räumung der ehemaligen Ehewohnung nebst Zahlung von Nutzungsentschädigung.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 23.09.2015 hat das Familiengericht den Verfahrenskostenhilfeantrag zurückgewiesen, da der Antragsteller Fragen zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen innerhalb der gesetzten Frist nicht hinreichend beantwortet und seine Angaben nicht ausreichend glaubhaft gemacht habe. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.

In seiner hiergegen gerichteten Beschwerde hat sich der Antragsteller auf seinen bisherigen Vortrag berufen. Das Familiengericht hat daraufhin der Beschwerde mit Beschluss vom 26.10.2015 nicht abgeholfen.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet.

Der Antragsteller hat seine Bedürftigkeit trotz entsprechender, detaillierter Aufforderung des Familiengerichts nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Konkrete Feststellungen zur Bedürftigkeit des Antragstellers können daher nicht getroffen werden, sodass eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht in Betracht kommt, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO. Dies gilt nach den zutreffenden Ausführungen des Familiengerichts insbesondere vor dem Hintergrund der bestehenden Kapitallebensversicherung.

1. Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat der Beteiligte sein Vermögen vorrangig zur Finanzierung der Verfahrenskosten einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 SGB XII gilt insoweit entsprechend. Nur Kapitalbeträge, die der zusätzlichen Altersversorgung im Sinn des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dienen und deren Ansammlung staatlich gefördert wurde, sind nicht einzusetzen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII). Dies sind vornehmlich die nach Bundesrecht geförderten so genannten Riester- oder Rürup-Renten (vgl. OLG Nürnberg vom 19.02.2008 - 7 UF 739/07, FamRZ 2008, 2289, juris Rn. 4 ff.; OLG Stuttgart vom 15.07.2009 - 8 WF 105/09, FamRZ 2010, 311, juris Rn. 12 ff.; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Auflage 2016, § 115 Rn. 52). Um eine solche Versicherung handelt es sich bei der vom Antragsteller unterhaltenen Lebensversicherung bei der... nicht. Diese ist daher grundsätzlich zur Verfahrensführung einzusetzen (BGH FamRZ 2010, 1643, juris Rn. 14 ff.; OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1917, 1920; OLG Karlsruhe vom 08.09.2015 - 18 WF 187/15; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 13. Auflage 2016, § 115 Rn. 53; Prütting/Helms/Stößer, FamFG, 3. Auflage 2014, § 76 Rn. 31).

Der Einsatz der Versicherung ist dem Antragsteller zumutbar und stellt für ihn keine besondere Härte dar (§ 90 Abs. 3 SGB XII). Das gilt auch, wie das AG zutreffend ausgeführt hat, wenn das Kapital der Alterssicherung dienen sollte (OLG Karlsruhe vom 08.09.2015 - 18 WF 187/15; OLG Saarbrücken NZFam 2014, 280). Der Notwendigkeit zusätzlicher Altersvorsorge wird im Rahmen der Abzugsfähigkeit von Beiträgen zur staatlich geförderten Altersvorsorge grundsätzlich hinreichend Rechnung getragen. Im Übrigen unterliegt die Verfahrenskostenhilfe den im Sozialhilferecht anwendbaren Maßstäben, sodass zunächst alle das Schonvermögen übersteigenden verfügbaren Mittel einzusetzen sind, bevor staatliche Hilfen auf Kosten der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden (OLG Stuttgart vom 08.04.2008 - 17 WF 66/08, FamRZ 2008, 2290). Die Finanzierung der Verfahrenskosten genießt gegenüber einem späteren, völlig ungewissen Bedarf des derzeit...-jährigen Antragstellers im Alter Vorrang.

Von einer bedürftigen Partei, die in finanziell beengten Verhältnissen lebt, kann erwartet werden, dass sie auf derartige finanzielle Reserven zurückgreift und nicht etwa weiter Gelder anspart, deren künftige Erforderlichkeit und spätere Verwendung für die Altersversorgung derzeit noch völlig ungewiss ist (vgl. OLG Karlsruhe vom 08.09.2015 - 18 WF 187/15; OLG Karlsruhe FamRZ 2008, 423, juris Rn. 20; OLG Saarbrücken vom 18.01.2012 - 9 WF 151/1, juris Rn. 4; OLG Koblenz FamRZ 2016, 253).

Dabei bedarf es nicht zwingend einer Auflösung der Lebensversicherung, da Kapitallebensversicherungen regelmäßig durch Inanspruchnahme eines so genannten Policen-Darlehens beliehen werden kann. Dies ist dem Antragsteller bereits deshalb zumutbar, weil er nach eigenen Angaben davon ausgeht, dass ihm aus der angestrebten Teilungsversteigerung der im hälftigen Miteigentum stehenden ehemaligen Ehewohnung ein Betrag von 90.000 EUR zusteht.

2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 10520086

FamRZ 2017, 313

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?