Normenkette
BGB § 1761 Abs. 1 Hs. 2
Verfahrensgang
AG Überlingen (Beschluss vom 07.02.2023; Aktenzeichen 2 F 242/22) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Annehmenden wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Überlingen vom 07.02.2023 (2 F 242/22) in Ziffer 1 des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Anzunehmende
J. M. N., geboren am ... in ..., deutscher Staatsangehöriger, wohnhaft ... wird von dem Annehmenden
E. S. N., geboren am ... in ..., deutscher Staatsangehöriger, wohnhaft ...
1. als Kind angenommen.
2. Die Wirkungen der Annahme richten sich nach § 1770 BGB.
3. Der Anzunehmende führt als Geburtsnamen den Familiennamen der Annehmenden
"N.".
II. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Annehmende und der Anzunehmende je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 300.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die von den Antragstellern begehrte Volljährigenadoption des Anzunehmenden durch den Annehmenden.
Der am ... geborene, ledige und kinderlose Annehmende bewirtschaftet einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung in S.. Er wohnt gemeinsam mit seinen 80 und 81 Jahre alten Eltern auf dem Hof.
Der am ... geborene, ledige und kinderlose Anzunehmende ist der Neffe des Annehmenden. Er absolviert ein duales Studium in M. mit dem Ziel, einen Bachelorabschluss in Betriebswirtschaft mit der Vertiefungsrichtung Agrarwirtschaft zu erreichen. Ab Oktober 2024 plant er den Besuch der Fachschule für Landwirtschaft im Nebenerwerb in S., die er im Jahr 2026 abschließen möchte. Soweit er sich nicht studienbedingt in M. oder anderen Ausbildungsorten aufhält, wohnt er weiterhin bei seinen leiblichen Eltern, V. und H. N., in ...
Mit notariell beurkundetem Antrag vom 05.12.2022, der am 07.12.2022 beim Amtsgericht Überlingen eingegangen ist, haben der Annehmende und der Anzunehmende die Annahme des Anzunehmenden als Kind des Annehmenden beantragt. Zugleich haben beide erklärt, dass sie keine Volladoption wünschten. Anträge zur Namensführung wurden nicht gestellt.
Zur Begründung ihres Antrags haben der Annehmende und der Anzunehmende angegeben, dass zwischen ihnen ein Eltern-Kind-Verhältnis bestehe. Der Annehmende habe sich schon als kleiner Junge oft im Betrieb seines Onkels aufgehalten und ihm dort geholfen. Seit seiner Geburt bestehe ein sehr gutes Verhältnis. Der Annehmende werde in absehbarer Zeit einen Sohn brauchen, weil er seine Aufgaben - die in naher Zukunft zu erwartende Pflege seiner Eltern sowie die Bewirtschaftung des Betriebes - nicht mehr alleine bewältigen könne.
Das Amtsgericht Überlingen hat den Annehmenden und den Anzunehmenden am 19.01.2023 persönlich angehört.
Mit auf den 01.02.2023 datierten und am 07.02.2023 erlassenen Beschluss (2 F 242/22) hat das Amtsgericht Überlingen den Adoptionsantrag zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass das bestehende Eltern-Kind-Verhältnis des Anzunehmenden zu seinen leiblichen Eltern der Annahme eines - weiteren - Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen den Beteiligten des Adoptionsverfahrens entgegenstehe. Soweit die Beteiligten die Beziehung des Anzunehmenden zu seinem leiblichen Vater als belastet darstellten, sei dies als verfahrenstaktische Einlassung zu werten. Das gute Verhältnis des Anzunehmenden zu seiner leiblichen Mutter werde nicht infrage gestellt. Die Annahme könne auch nicht im Hinblick auf eine zu erwartende Entstehung eines Eltern-Kind-Verhältnisses ausgesprochen werden, weil neben der familiären auch finanzielle Motive für die beabsichtigte Adoption bestünden, welcher es daher an der sittlichen Rechtfertigung fehle.
Gegen diese ihm am 09.02.2023 zugestellte Entscheidung wendet sich der Annehmende mit seiner am selben Tag beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde vom 08.03.2023.
Das Beschwerdegericht hat am 12.07.2023 den Annehmenden und den Anzunehmenden persönlich angehört und ergänzend die Mutter des Anzunehmenden und Schwester des Annehmenden, H. N., geb. N., als Zeugin vernommen. Der leibliche Vater des Anzunehmenden, V. N., hat durch den Verfahrensbevollmächtigten des Annehmenden eine schriftliche Stellungnahme vorgelegt, die den Beteiligten im Termin vom 12.07.2023 bekannt gegeben und zur Akte genommen wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes, des Vorbringens der Beteiligten und des Verfahrensgangs wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde des Annehmenden ist begründet.
1. Die formalen Voraussetzungen der Adoption sind erfüllt.
Der Annehmende und der Anzunehmende haben den Adoptionsantrag am 05.12.2022 in notarieller Form und somit formgerecht gestellt (§§ 1768 Abs. 1, 1767 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1752 Abs. 2 Satz 2 BGB).
Der 50-jährige Annehmende erfüllt das Alterserfordernis von 25 Jahren (§ 1767 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1743 Satz 1, 1. Var. BGB). Da er nicht verheiratet ist, kann er den Anzunehmenden alleine annehmen (§ 1767 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 1741 Abs. 2 Satz 1 BGB).