Leitsatz (amtlich)
Fristsetzung zur Klageerhebung hat dann nicht zu erfolgen, wenn einerseits der Antragsgegner in Vermögensverfall geraten ist und andererseits angesichts des eindeutigen Ergebnisses des selbständigen Beweisverfahrens ein Erfolg der Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten wäre (Anschluss an OLG Rostock v. 10.6.1996 – 4 W 81/95, BauR 1997, 169; gegen LG Göttingen BauR 1998, 590).
Normenkette
ZPO § 494a Abs. 1
Verfahrensgang
LG Offenburg (Beschluss vom 16.12.2002; Aktenzeichen 2 OH 55/99) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin im Beweissicherungsverfahren gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Offenburg vom 16.12.2003 – 2 OH 55/99 – wird kostenpflichtig als unbegründet zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdewert wird auf 4.500 Euro festgesetzt.
3. Der Antrag der Beschwerdeführerin, ihr zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Zwischen dem Grundstück der Antragsteller im Beweissicherungsverfahren (künftig auch: Beschwerdegegner) und dem darunter gelegenen benachbarten Grundstück der Antragsgegnerin im Beweissicherungsverfahren (künftig auch: Beschwerdeführerin) liegt ein Steilhang, der im Anschluss an seitens der Beschwerdeführerin durchgeführte ungesicherte Abgrabungen ins Rutschen geriet. Die Antragsteller haben bezweifelt, ob daraufhin von der Beschwerdeführerin in Eigenarbeit vorgenommene Hangsicherungsmaßnahmen fachmännisch und einwandfrei erfolgt sind. In dem deshalb von den Antragstellern eingeleiteten selbständigen Beweisverfahren hat das LG mit Beschluss vom 11.1.2000 Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Rutschsicherheit des Hanges und dazu, welche Maßnahmen zur Beseitigung einer etwaigen Gefahr erforderlich sind, angeordnet. Mit Beschluss vom 26.4.2000 hat das LG der Antragsgegnerin für das selbständige Beweisverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt.
In seinem unter dem 11.1.2002 erstatteten schriftlichen Gutachten kam der Sachverständige zum Ergebnis, dass die Standsicherheit im oberen Bereich der Auffüllböschung den zu stellenden Anforderungen bei weitem nicht genüge. Die Kosten für die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen hat der Sachverständige auf 40.000 Euro bis 55.000 Euro zzgl. 16 % Mehrwertsteuer geschätzt.
Mit Beschluss vom 16.12.2002, der Antragsgegnerin zugestellt am 27.12.2002, hat das LG den Antrag auf Fristsetzung mit der Begründung abgewiesen, es fehle hierfür angesichts des eindeutig zugunsten der Antragsteller im Beweissicherungsverfahren ausgefallenen Beweisergebnisses und angesichts der Vermögenslosigkeit der Antragsgegnerin am Rechtsschutzbedürfnis. Hiergegen richtet sich die am 31.12.2002 beim LG eingegangene (sofortige) Beschwerde der Antragsgegnerin, welcher das LG mit Beschluss vom 11.2.2003 nicht abgeholfen hat.
II. Die sofortige Beschwerde ist statthaft (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und auch sonst zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg. Deshalb konnte der Beschwerdeführerin auch keine Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens bewilligt werden.
1. Zwar bestimmt § 494a Abs. 1 ZPO, dass das Gericht nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens dem Antragsteller des Beweisverfahrens auf Antrag Frist zur Klageerhebung zu setzen hat. Selbstverständliche Voraussetzung hierfür ist indessen ein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis des Antragsgegners des Beweisverfahrens (vgl. Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 61. Aufl. 2003, § 494a Rz. 5). Ein solches ist nur dann gegeben, wenn das Ziel der Durchführung des Hauptsacheprozesses im Einklang mit dem Regelungszweck des § 494a ZPO steht, dem Antragsgegner dann einen Kostenanspruch zu geben, wenn der Antragsteller wegen des für ihn ungünstigen Ausgangs des selbständigen Beweisverfahrens auf eine Hauptsacheklage verzichten will (vgl. BGH v. 22.5.2003, IBR 2003, 459 [LS], unter II 2b der Gründe). Dem Sinn der Vorschrift entspricht es dagegen nicht, den Antragsteller zu einem von vornherein sinnlosen Hauptsacheprozess zu zwingen. Demgemäß besteht Einigkeit darüber, dass Fristsetzung nach Abs. 1 und eine Kostenregelung nach Abs. 2 der Vorschrift dann nicht in Betracht kommen, wenn der Hauptanspruch zwischenzeitlich erfüllt ist oder fallen gelassen wurde oder wenn die Parteien sich anderweitig geeinigt haben (vgl. die Nachweise bei Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., 2003, § 494a Rz. 3; für die entsprechende Problematik beim Arrestverfahren vgl. Stein/Jonas/Grunsky, ZPO, 22. Aufl. 2002, § 926 Rz. 7).
2. Aus diesen Grundsätzen ergibt sich, dass im vorliegenden Fall eine Anordnung nach § 494a Abs. 1 ZPO nicht in Betracht kommt:
Angesichts des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme würde die Beschwerdeführerin mit hoher Wahrscheinlichkeit eine für sie günstige Kostenentscheidung nicht erreichen können. Demgegenüber wäre ein obsiegender Titel für die Antragsteller des Beweisverfahrens wertlos, weil die Beschwerdeführerin – wie sich aus ihrem Vortrag zweifelsfrei ergibt – vermögenslos ist. Die V...