Leitsatz (amtlich)
1. Kostenansätze nach der KostO für die Beurkundung durch einen badischen Amtsnotar sind nur dann mit der Gesellschaftssteuerrichtlinie (RL) unvereinbar, wenn der Beurkundungsvorgang von einem der Verbotstatbestände des Art. 10 RL erfasst wird (gegen AG Freiburg, BWNotZ 2002, S. 89 f. = ZMR 2002, S, 360 f.).
2. § 140 KostO ist durch die Rspr. des EuGH (Modelo; Gründerzentrum) nicht außer Kraft gesetzt worden (gegen AG Freiburg, BWNotZ 2002, 89 f. = ZMR 2002, 360 f.).
3. Die Anwendung der KostO auch auf nicht von der Gesellschaftssteuerrichtlinie erfasste Beurkundungen durch badische Amtsnotare ist weder aufgrund des Gleichheitssatzes (Art. 3 GG) noch aufgrund der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 105, 106 GG) ausgeschlossen.
4. Der Inhalt Europarechtlicher Begriffe ist mit dem in der Übersetzung gleichlautender nationaler Rechtsbegriffe nicht notwendigerweise deckungsgleich.
Normenkette
EWGRL 335/69 Art. 10; EGV Art. 220; EGVtr Art. 234; GG Art. 3, 70, 105-106, 138; AO § 3 Abs. 1; KostO § 36 Abs. 2, §§ 142-143
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 12.07.2002; Aktenzeichen 4 T 113/02) |
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 14.01.2002; Aktenzeichen 13 UR 111/02) |
Nachgehend
Tenor
1. Die weitere Beschwerde der Kostenschuldner Nr. 3 bis 5 gegen den Beschluss des LG Freiburg vom 12.7.2002 – 4 T 113/97 – wird in Bezug auf Nr. 1 der Beschlussformel als unbegründet zurückgewiesen.
2. Soweit das LG die Sache an das AG zurückverwiesen hat, wird der Beschluss des LG Freiburg vom 12.7.2002 aufgehoben.
3. Die Sache wird an das LG zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des AG Freiburg vom 14.1.2002 – 13 UR 111/02 – zurückverwiesen.
Gründe
I.1. Der Notar beim Notariat 8 Freiburg hat am 16.4.1996 in der aus zwei Teilen bestehenden Urkunde 8 UR 554/1996 (AS. 1/53) zwei Verträge beurkundet, die nach den nicht angegriffenen Feststellungen des AG (Beschl. v. 14.1.2002, AS. 377) vom Kostenschuldner Nr. 5 – Notar beim Notariat 9 Freiburg – vorbereitet worden waren.
In dem mit „Auseinandersetzungs- und Kaufvertrag” überschriebenen Teil I der Urkunde setzte sich eine Erbengemeinschaft, welcher der Kostenschuldner Nr. 3 angehörte, bezüglich des Hausgrundstücks S-straße 59 in F. auseinander. Sie übertrug einen Miteigentumsanteil von 270/1000 an den Kostenschuldner Nr. 3, der seinerseits 1/2 Anteil hiervon an seine Ehefrau, die Kostenschuldnerin Nr. 4, als ehebedingte unbenannte Zuwendung übertrug. Weiter verkauften die Erben 460/1000 Miteigentumsanteile an die zwischen den Kostenschuldnern Nr. 1 und Nr. 2 bestehende BGB-Gesellschaft sowie 270/1000 Miteigentumsanteile an den Kostenschuldner Nr. 5.
In dem mit „Gesellschaftsvertrag und Nutzungsregelung” überschriebenen Teil II der Urkunde ließen die Kostenschuldner Nr. 1 bis 5 einen Vertrag über die Gründung einer aus ihnen bestehende BGB-Gesellschaft protokollieren, deren Zweck es gem. § 1 Abs. 1 ist, „das Anwesen S-straße 59 um- und auszubauen, insb. die nachfolgend beschriebenen Baumaßnahmen gemeinschaftlich durchzuführen”. In § 2 des Vertrags werden die geplanten Baumaßnahmen im Einzelnen aufgeführt. In § 12 wird eine „als Vereinbarung nach § 1010 BGB” bezeichnete (S. 25 der Urkunde, AS. 49) Nutzungsregelung getroffen.
2. Unter dem 17.4.1996 hat die Kostenbeamtin des Notariats 8 Freiburg für die Beurkundung des Vertragswerks eine Gebühr nach § 36 Abs. 2 KostO i.H.v. 8.620 DM, für die Beglaubigung von Abschriften eine Gebühr nach § 55 Abs. 1 KostO i.H.v. 20 DM, ferner eine Vollzugsgebühr (§ 146 Abs. 1, Abs. 4 KostO) i.H.v. 431 DM, zusammen – einschl. Schreibauslagen (114,80 DM) und 15 % MwSt. aus 9.185 DM (1.377,87 DM) – 10.563,67 DM in Ansatz gebracht (AS. 71). Dabei hat sie folgende Geschäftswerte zugrundegelegt:
Auseinandersetzung 500.000 DM
Kaufvertrag 1.000.000 DM
Zuwendung 250.000 DM
Gesellschaftsvertrag 1.000.000 DM
–50.000 DM
2.800.000 DM
Die den Beteiligten anteilsmäßig in Rechnung gestellten Kosten sind bezahlt.
3. In ihrem Prüfungsbericht 1997 hat die Bezirksrevisorin die Geschäftswertfestsetzung in Bezug auf die den Wert des Gesellschaftsvertrags (Teil II der Urkunde) bildenden Faktoren beanstandet. Mit Schreiben vom 8.7.1997 (AS. 119/123) hat auch der Kostenschuldner Nr. 5 den Kostenansatz vom 17.4.1996 beanstandet, wobei er sich insb. gegen die Bemessung des Gegenstandswertes des Gesellschaftsvertrags wandte.
4. Nachdem die daraufhin vom Notariat durchgeführten Maßnahmen zur Wertermittlung nicht weitergeführt hatten und der Kostenschuldner Nr. 5 unter dem 13.8.1997 um die Einleitung des gerichtlichen Wertfestsetzungsverfahrens gebeten hatte (AS. 141), hat die Bezirksrevisorin mit Schriftsatz vom 14.10.1997 (AS. 151/153) beim AG Freiburg die gerichtliche Festsetzung des Geschäftswerts bezüglich der Beurkundung des Gesellschaftsvertrags gem. Teil II der Urkunde beantragt (§§ 31, 142 KostO). Das AG hat sodann weitere diesbezügliche Ermittlungen angestellt (Besch...