Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit durch das Beschwerdegericht
Leitsatz (amtlich)
Eine Aufhebung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit gem. § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG durch das Beschwerdegericht kommt nicht in Betracht. § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG enthält mit dem Verweis auf §§ 707 Abs. 1, § 719 Abs. 1 ZPO eine spezielle Regelung, die den Rückgriff über § 120 Abs. 1 FamFG auf die allgemeinen Regelungen über die Zwangsvollstreckung in der ZPO - hier: § 718 ZPO - ausschließt.
Verfahrensgang
AG Singen (Beschluss vom 31.05.2013; Aktenzeichen 4 F 384/12) |
Tenor
Der Antrag des Antragsgegners auf Aufhebung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit in dem Beschluss des AG - Familiengericht - Singen vom 31.5.2013 (4 F 384/12) wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsgegner begehrt die "Aufhebung der sofortigen Wirksamkeit" aus dem Beschluss des AG - Familiengericht - Singen vom 31.5.2013. Darin wurde der Antragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin für den Zeitraum Juni 2011 bis Februar 2012 einen rückständigen Trennungsunterhalt i.H.v. 3.059 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.7.2012 zu zahlen. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wurde angeordnet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 31.5.2013 verwiesen.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, den Beschluss aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin vollumfänglich abzuweisen.
Zur Begründung seines gleichzeitig gestellten Antrages auf "Aufhebung der sofortigen Wirksamkeit" trägt der Antragsgegner vor, dass das AG das Ermessen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FamFG nicht richtig ausgeübt habe. Er sei arbeitssuchend und beziehe seit dem 1.3.2013 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung. Vom 1.9.2013 habe er gemäß Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See vom 6.6.2013 einen Anspruch auf volle Erwerbsminderungsrente. Die Antragstellerin dagegen sei erwerbstätig und erziele ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen von 1.269 EUR, wobei davon auszugehen sei, dass sie kostenfrei wohne. Auch Darlehen bediene sie nicht. Angesichts dieser Verhältnisse sei die sofortige Wirksamkeit nicht anzuordnen gewesen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Der auf "Aufhebung der sofortigen Wirksamkeit" gerichtete Antrag des Antragstellers ist allenfalls als Vollstreckungsschutzantrag nach §§ 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG, 719 Abs. 1, 707 Abs. 1 Satz 2 ZPO zulässig, als solcher aber unbegründet.
1. Eine Aufhebung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit, die allein auf der Grundlage der §§ 120 Abs. 1 FamFG, 718 ZPO erfolgen könnte, kommt nicht in Betracht. Insofern enthält § 120 Abs. 2 Satz 3 FamFG mit dem Verweis auf §§ 707 Abs. 1, § 719 Abs. 1 ZPO eine spezielle Regelung, die die Anwendbarkeit des Generalverweises in § 120 Abs. 1 FamFG auf die allgemeinen Regelungen über die Zwangsvollstreckung in der ZPO ausschließt.
Die Vorschriften zur vorläufigen Vollstreckung nach §§ 708 - 713 ZPO sind in Unterhaltssachen nicht anzuwenden, da das FamFG insofern in §§ 120 Abs. 1, 116 Abs. 3 FamFG Sonderregelungen vorsieht (vgl. Wendl/Dose/Schmitz, Unterhaltsrecht, 8. Aufl. 2011, § 10 Rz. 84; BT-Drucks. 16/6308, 226). Vorliegend beruht die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit auf § 116 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Diese Vorschrift wird durch § 120 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO zum Schutz des Schuldners ergänzt (Musielak/Borth/Grandel FamFG, 4. Aufl. 2013, § 120 Rz. 2; BT-Drucks. 16/6308, 412). Aus diesem Regelungszusammenhang ergibt sich, dass die §§ 714 bis 720 ZPO trotz der Globalverweisung in § 120 Abs. 1 ZPO nur anzuwenden sind, soweit sie nicht mit dem Regelungsbereich in § 120 Abs. 2 Satz 2 bzw. 3 ZPO in Konflikt geraten (Musielak/Borth/Grandel, a.a.O., § 120 Rz. 2; s. auch Prütting/Helms, FamFG, 2. Aufl. 2011, § 120 Rz. 3). In diesem Kontext bestimmt das FamFG durch den ausdrücklichen Verweis auf §§ 707, 719 ZPO, dass die Vollstreckung nur unter der engen Voraussetzung vorläufig eingestellt werden kann, dass der Schuldner glaubhaft macht, dass die Vollstreckung ihm einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde. Damit wird allein auf die Folgen der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit abgestellt, eine Überprüfungsmöglichkeit betreffend die Voraussetzungen für diese Anordnung aber nicht eröffnet. Dementsprechend kommt eine Überprüfung der Anordnung der sofortigen Wirksamkeit selber nicht in Betracht. Insofern fehlt es in § 120 Abs. 2 FamFG an einem Verweis auch auf § 718 ZPO (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 28.2.2013 - 18 UF 363/12; im Ergebnis ebenso Wendl/Dose/Schmitz, a.a.O., § 10 Rz. 85; Bumiller/Harders, FamFG, 10. Aufl. 2011, § 120 Rz. 2 - 4, die die Anwendung anderer Vorschriften als §§ 120 Abs. 2 FamFG, 707, 719 ZPO gar nicht erörtern, sondern davon ausgehen, dass die Einstellung der Zwangsvollstreckung abweichend von den ZPO-Vorschriften geregelt wurde; s. auch MünchK...