Entscheidungsstichwort (Thema)
Weigerung eines Elternteils zur Mitwirkung an der Ausstellung eines Kinderausweises
Leitsatz (amtlich)
Weigert sich ein Elternteil, bei der Ausstellung eines Kinderausweises mitzuwirken, kann gem. § 1628 BGB dem anderen Elternteil das entsprechende Recht zur alleinigen Ausübung übertragen werden. Eine Eilentscheidung ist unter den Voraussetzungen des § 621g ZPO möglich. Eine einstweilige Verfügung ist unzulässig; der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann nicht in einen solchen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung umgedeutet werden.
Normenkette
BGB § 1628; ZPO §§ 621g, § 935 ff., § 935 ff.
Verfahrensgang
AG Mannheim (Beschluss vom 24.08.2004; Aktenzeichen 7B F 110/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Mutter gegen den Beschluss des AG - FamG - Mannheim v. 24.8.2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 500 Euro
Gründe
Die Mutter möchte erreichen, dass der Vater bei dem Antrag mitwirkt, dass für die gemeinsame Tochter V. ein Kinderausweis ausgestellt wird. Die Eltern üben die elterliche Sorge gemeinschaftlich aus. Die Mutter hat bei dem AG Mannheim eine einstweilige Verfügung beantragt mit folgendem Antrag:
1. Dem Antragsgegner wird unter Androhung eines Zwangsgeldes i.H.v. 5.000 Euro aufgegeben, seine Unterschrift auf dem Antrag auf Ausstellung eines Kinderausweises für seine Tochter V. K., geb. am .... 1993, zu leisten.
...
Außerdem hat sie beantragt, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss sowohl den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als auch das Prozesskostenhilfegesuch zurückgewiesen.
Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Mutter bleibt ohne Erfolg.
I. Wenn die Mutter erreichen will, dass die Ausstellung eines Kinderausweises für die gemeinsame Tochter nicht an der fehlenden Mitwirkung des Vaters scheitert, kann sie unter Berufung auf § 1628 BGB beantragen, ihr das Recht, einen Kinderausweis zu beantragen, zur alleinigen Ausübung zu übertragen. Über diesen Antrag entscheidet im Verfahren nach dem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) das FamG (§ 23b Abs. 1 Nr. 2 GVG, § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, § 64 Abs. 3 FGG i.V.m. § 621a ZPO). Eine Eilentscheidung des FamG ist möglich, wenn die Voraussetzungen des § 621g ZPO vorliegen. Dazu gehört insb., dass ein sog. Hauptsacheverfahren anhängig ist; eine isolierte einstweilige Anordnung sieht das Gesetz nicht vor.
Die von der Mutter beantragte einstweilige Verfügung war unzulässig, weil das Verfahren nach den §§ 935 ff. ZPO keine Parallele in dem Verfahren nach dem FGG hat, insb. das FGG eine isolierte einstweilige Anordnung nicht kennt. Das AG hat deshalb den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen und die für das Verfahren beantragte Prozesskostenhilfe versagt.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im selbständigen Verfügungsverfahren nach §§ 935 ff. ZPO kann nicht in den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung umgedeutet werden, weil, wie erwähnt, eine einstweilige Anordnung nicht isoliert ergehen kann, sondern nur im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens. Das eingeleitete isolierte Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung kann auch nicht in einen Hauptsacheantrag umgedeutet werden, da es sich um wesensverschiedene Verfahrensarten und Streitgegenstände handelt. Streitgegenstand der einstweiligen Verfügung ist nicht der Anspruch selbst, sondern die Notwendigkeit der einstweiligen Sicherung bzw. - bei der Leistungsverfügung - der einstweiligen Erfüllung, so dass Anträge in diesem Verfahren nicht zur Anhängigkeit des Anspruchs selbst führen (vgl. zur Umdeutung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Unterhaltsverfügung in eine Unterhaltsklage und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verneinend auch OLG Köln, Beschl. v. 10.12.1998 - 14 WF 179/98, OLGReport Köln 1999, 70 = FamRZ 1999, 661). Die Antragstellerin hatte vielmehr ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzunehmen und einen Antrag nach § 1628 BGB bzw. ein Prozesskostenhilfegesuch dafür neu einzureichen. Das AG hat deshalb auch zu Recht den dann tatsächlich eingereichten Antrag nach § 1628 BGB - zunächst - nicht zu Kenntnis genommen und der gegen die Zurückweisung der ursprünglich gestellten Anträge eingelegten sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, soweit die Mutter die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erfolglos angefochten hat. Soweit ihre Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe erfolglos war, ist gem. § 127 Abs. 4 ZPO eine Kostenentscheidung nicht erforderlich. Die für die erfolglose Beschwerde vorgesehene Gebühr von 50 Euro (KV-GKG-Nr. 1811) wird auch ohne Kostenentscheidung erhoben.
Fundstellen
Haufe-Index 1325141 |
FamRZ 2005, 1187 |
FamRZ 2005, 2076 |
ZKJ 2006, 101 |
FK 2005, 117 |
OLGR-Süd 2005, 486 |