Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsbefugnis für Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Sparbuchs; Anforderungen für die Glaubhaftmachung
Leitsatz (amtlich)
Im Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung eines Sparbuchs richtet sich die Antragsbefugnis nach § 467 Abs. 2 FamG. Der Gläubiger, der die Spareinlage in der Zwangsvollstreckung gepfändet und überwiesen bekommen hat, ist antragsberechtigt. Für die Glaubhaftmachung des Verlustes genügt nicht die Behauptung des Gläubigers, der Besitzer des Sparbuchs halte sich im Ausland auf.
Normenkette
BGB § 808; FamFG §§ 467, 468 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 29.09.2014; Aktenzeichen 7 UR II 51/14) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers vom 14.10.2014 gegen den Beschluss des AG Freiburg vom 29.9.2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) wendet sich gegen den Beschluss des AG, mit dem sein Antrag auf Erlass eines Aufgebots zur Kraftloserklärung zweier Sparbücher zurückgewiesen wurde.
Der Antragsteller betreibt als zuständige Behörde für die Bundesagentur für Arbeit die Zwangsvollstreckung gegen Frau A. M. (im Folgenden: Schuldnerin) und hat gegen sie am 5.4.2013 Pfändungs- und Einziehungsverfügung im Hinblick auf Spareinlagen der Schuldnerin bei der Drittschuldnerin (im Folgenden: Bank) erlassen. Die Bank hat in der Drittschuldnererklärung angegeben, dass die Auszahlung der Spareinlagen nur gegen Vorlage der Sparurkunden erfolge.
Mit Antrag vom 29.7.2014 beantragte der Antragsteller, zwei Sparbücher im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos zu erklären. Die Sparbücher befänden sich nicht in seinem Besitz und könnten von ihm auch nicht erlangt werden. Die Schuldnerin halte sich im Ausland auf. Ein Schriftstück an die zuletzt bekannte Anschrift der Schuldnerin in Schweden sei zurückgekommen. Daher sei der Aufenthalt der Schuldnerin nicht ermittelbar.
Das AG hat den Antrag zurückgewiesen, da der Antragsteller nicht antragsberechtigt sei. Ferner ergebe sich aus dem Vortrag des Antragstellers nicht, dass das Sparbuch in Verlust geraten sei. Dass die Schuldnerin sich im Ausland aufhalte, reiche hierfür nicht.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde. Er bringt vor, die Antragsberechtigung im vorliegenden Fall folge aus seiner Stellung als Pfändungsgläubiger. Dem Abhandengekommen der Urkunde sei die Nichterlangbarkeit wegen unbekannten Aufenthalts des letzten Inhabers gleichzustellen.
II. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff., 439 Abs. 3 FamFG zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Im Ergebnis ist das AG zu Recht davon ausgegangen, dass der Antrag des Antragstellers auf Erlass eines Aufgebots unzulässig ist.
1. Anders als das AG angenommen hat ist der Antragsteller allerdings antragsberechtigt.
Das Sparbuch ist ein sog. hinkendes Inhaberpapier i.S.v. § 808 BGB (Palandt, BGB, 70. Aufl. 2014, § 808 Rz. 6 m.w.N.). Dieses verkörpert zwar ein Leistungsversprechen an einen individualisierbaren Gläubiger. Der Schuldner ist jedoch bei Vorlage der Urkunde nicht zur Leistung verpflichtet, sondern nur hierzu berechtigt (§ 808 Abs. 2 S. 1 BGB). Die Gläubigerstellung ergibt sich aus den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln außerhalb der Urkunde.
Für das in § 808 Abs. 2 S. 2 BGB genannte Aufgebotsverfahren gelten grundsätzlich die §§ 466 bis 483 FamFG, auch wenn die Sonderregelung für hinkende Inhaberpapiere in § 483 S. 1 FamFG nur auf einen Teil der Vorschriften der §§ 466 bis 483 FamFG verweist (Schulte-Bungert/Weinreich, FamFG, 4. Aufl. 2014, § 483 Rz. 2; Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2. Aufl. 2013, § 483 Rz. 1). Insbesondere richtet sich die Antragsberechtigung nach § 467 FamFG. Dabei gilt nicht die spezielle Regelung des § 467 Abs. 1 FamFG, wonach bei Inhaberpapieren nur der bisherige Inhaber, d.h. die im Papier namentlich benannte Person das Aufgebot beantragen kann. Vielmehr gilt für hinkende Inhaberpapiere § 467 Abs. 2 FamFG. Danach ist antragsberechtigt, wer das Recht aus der Urkunde geltend machen kann, also wer nach materiellem Recht Gläubiger ist. Zweck des in § 808 Abs. 2 S. 2 BGB vorgesehenen Aufgebotsverfahrens ist es nämlich nicht, die förmliche Legitimation des bisherigen Inhabers wiederherzustellen, sondern die Vorlegung der Urkunde zu ersetzen, dem materiell Berechtigten also die Geltendmachung des Rechts trotz Verlustes der Urkunde zu ermöglichen (Staudinger, BGB, Bearb. 2009, § 808 Rz. 35; Juris PK-BGB, 6. Aufl. 2012, § 808 Rz. 29).
Materiell berechtigt im Hinblick auf die Spareinlage der Schuldnerin ist, anders als das AG ausführt, der Antragsteller, weil die Zwangsvollstreckung in eine Spareinlage mit Sparbuch nach den Vorschriften über die Forderungspfändung erfolgt (Staudinger, BGB, Bearb. 2009, § 808 Rz. 41), so dass der Antragsteller infolge der Pfändungs- und Einziehungsverfügung die Stellung des Gläubigers der Bank aus dem Sparvertrag erlangt hat, §§ 309, 314, 315, 252 AO
2. Das AG ist jedoch zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass der Antragsteller keine Tatsachen glaubhaft ge...