Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses gemäß § 3 Abs. 3 FamFG.
2. Das Verfahren auf Adoption eines Minderjährigen (§§ 1741 ff BGB) und das Verfahren auf Adoption eines Volljährigen (§§ 1767 ff BGB) haben unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen und damit unterschiedliche Verfahrensgegenstände.
3. Der Grundsatz der perpetuatio fori gilt nicht bei einer Änderung des Verfahrensgegenstandes. Er ist daher nicht anwendbar, wenn nach Eintritt der Volljährigkeit des Anzunehmenden bei dem für den früheren Antrag auf Minderjährigenadoption örtlich zuständigen Konzentrationsgericht ein weiterer Antrag auf Volljährigenadoption eingeht, für den die Zuständigkeitskonzentration gemäß §§ 187 Abs. 4 FamFG, 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AdWirkG nicht gilt und daher ein anderes Familiengericht örtlich zuständig ist.
Tenor
Als zuständiges Gericht wird das Amtsgericht Freiburg im Breisgau bestimmt.
Gründe
I. Am 24.10.2018 ging beim Amtsgericht Karlsruhe ein notariell beurkundeter Antrag der Beteiligten Ziffer 1 ein, mit dem der Ausspruch der Annahme der am 3.11.2000 geborenen Beteiligten Ziffer 2 als ihr Kind beantragt wurde.
Mit Verfügung vom 29.10.2018 wies der zuständige Familienrichter darauf hin, dass nicht zu erkennen sei, ob eine Minderjährigen- oder eine Volljährigenadoption beantragt werde. Für einen Antrag auf Volljährigenadoption sei das Verfahren an das örtlich zuständige Familiengericht Freiburg im Breisgau zu verweisen.
Mit Schreiben vom 16.11.2018 teilte die Beteiligte Ziffer 1 mit, sie werde einen Antrag auf Volljährigenadoption mit den Wirkungen der Minderjährigenannahme einreichen. Sie bitte darum, die beiden Anträge zusammenzuführen und gegebenenfalls an das zuständige Gericht weiterzuleiten.
Nach Eingang der notariellen Erklärung vom 19.11.2018 wurde durch Erklärung beider Beteiligter der Adoptionsantrag "nunmehr dahingehend ergänzt, dass beantragt wird, beim Ausspruch der Annahme zu bestimmen, dass sich die Wirkung der Annahme nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen richten" (Ergänzung eines Adoptionsantrages). Daraufhin erklärte sich das Familiengericht Karlsruhe mit Beschluss vom 20.11.2018 für unzuständig und verwies das Verfahren an das Familiengericht Freiburg im Breisgau. Im Verfahren der Volljährigenadoption seien die §§ 187 Abs. 4 FamFG, 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AdWirkG nicht anwendbar. Für die Entscheidung über die Adoption eines Volljährigen sei daher das Wohnsitzgericht zuständig.
Mit Beschluss vom 30.11.2018 lehnte das Familiengericht Freiburg im Breisgau die Übernahme ab und legte die Akte dem Oberlandesgericht Karlsruhe zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vor. Das Familiengericht Freiburg vertritt die Auffassung, die Entscheidung des Familiengerichts Karlsruhe sei nicht bindend, da ihr jede rechtliche Grundlage fehle. Maßgeblich für die Feststellung der örtlichen Zuständigkeit seien die Umstände bei Eingang des Antrages. Eine spätere Änderung der die örtliche Zuständigkeit begründenden Umstände führe nicht zum Wegfall der örtlichen Zuständigkeit.
II. Nachdem sich sowohl das Amtsgericht Karlsruhe als auch das Amtsgericht Freiburg für örtlich unzuständig erklärt haben, hat das Oberlandesgericht Karlsruhe gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 FamFG das örtlich zuständige Amtsgericht zu bestimmen.
Zuständig ist das Amtsgericht Freiburg, da der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Karlsruhe vom 20.11.2018 Bindungswirkung entfaltet.
Gemäß § 3 Abs. 3 FamFG ist ein Verweisungsbeschluss grundsätzlich bindend. Diese Bindungswirkung ist im Bestimmungsverfahren zu beachten. Deshalb ist grundsätzlich das Gericht als zuständig zu bestimmen, an das die Sache durch den ersten - bindenden - Verweisungsbeschluss gelangt ist. Dabei kommt einem Verweisungsbeschluss grundsätzlich auch dann Bindungswirkung zu, wenn er sachlich unrichtig ist oder auf Verfahrensmängeln beruht (vgl. Keidel/Sternal, FamFG, 19. Aufl., § 5 Rdn. 45 m.w.N.).Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH MDR 2015, 908) kommt lediglich offenbar gesetzeswidrigen und offensichtlich unrichtigen Verweisungsbeschlüssen keine Bindungswirkung zu. Offensichtlich unrichtig in diesem Sinne sind Verweisungsbeschlüsse insbesondere dann, wenn sie "schlechterdings nicht als im Rahmen des Gesetzes ergangen angesehen werden können, weil sie nicht nur auf unrichtiger Rechtsanwendung beruhen, sondern jeder gesetzlichen Grundlage entbehren" (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 32. Aufl., § 3 FamFG Rn. 4 m.w.N.; Keidel/Sternal, a.a.O., § 3 Rn. 52).
Nach diesem Maßstab ist der Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts Karlsruhe bindend.
Zur Entscheidung über den Antrag auf Minderjährigenadoption war das Familiengericht Karlsruhe gemäß §§ 187 Abs. 4 FamFG, 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 AdWirkG örtlich zuständig. Durch die Verweisung auf § 5 Abs. 1 Satz 1 AdWirkG ist für Inlandsadoptionssachen, in denen ausländische Sachvorschriften zur Anwendung kommen, die örtliche Zuständigkeit für den Bezirk eines Oberlandesgerichts bei dem ...