Leitsatz (amtlich)

1. Der Gläubiger kann vom Schuldner bei einer Hinterlegung (§§ 372 ff. BGB) gem. § 380 BGB grundsätzlich nur dann eine Freigabeerklärung verlangen ("eine diese Berechtigung anerkennende Erklärung"), wenn es sich um eine rechtmäßige Hinterlegung handelt, das heißt, wenn die Voraussetzungen für die Hinterlegung gem. § 372 BGB vorliegen.

2. Nimmt die Hinterlegungsstelle beim AG eine Hinterlegung an, obwohl die Voraussetzungen des § 372 BGB nicht vorliegen, treten die zivilrechtlichen Wirkungen der Hinterlegung nicht ein. Der Gläubiger hat in diesem Fall gegen den Schuldner, der die Hinterlegung bewirkt hat, keinen Anspruch aus § 380 BGB auf eine Freigabeerklärung.

3. Die zivilrechtlichen Wirkungen treten bei einer an sich nicht rechtmäßigen Hinterlegung allerdings auch dann ein, wenn Gläubiger und Schuldner eine Vereinbarung über die Hinterlegung getroffen haben. Eine solche Vereinbarung kann auch dadurch getroffen werden, dass sich der Gläubiger ggü. dem Schuldner mit einer bereits erfolgten Hinterlegung einverstanden erklärt.

4. Auch ohne eine Vereinbarung über die Hinterlegung hat der Gläubiger gegen den Schuldner (bei einer an sich nicht rechtmäßigen Hinterlegung) einen Anspruch auf eine Freigabeerklärung, wenn der Schuldner mit der Hinterlegung die Vorstellung verbunden hat, der Gläubiger solle sich aus dem hinterlegten Betrag befriedigen können, wenn und soweit die Berechtigung der vom Gläubiger geltend gemachten Forderung geklärt wird.

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Aktenzeichen 1 O 3/05)

 

Tenor

1. Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird zurückgewiesen. ...

 

Gründe

I. Der Beklagte ist als Immobilienmakler tätig. Im Jahr 2003 wies er der A. GmbH & Co. KG (im Folgenden abgekürzt: A.) die Gelegenheit zum Erwerb eines Gewerbegrundstücks an der E. Straße in H. nach.

Am 24.3.2004 schlossen die Parteien - auf Vorschlag des Beklagten - eine schriftliche Vereinbarung, in der sie im Innenverhältnis eine Teilung der von A. zu zahlenden Provision vereinbarten, und zwar für den Fall, dass A. das betreffende Grundstück erwerben würde (I 11). In der Folgezeit erwarb A. das Grundstück und zahlte eine Provision i.H.v. 69.600 EUR an den Beklagten.

Mit einer Rechnung vom 12.10.2004 machte der Kläger ggü. dem Beklagten seinen Anteil an der Provision i.H.v. 34.800 EUR gemäß der Vereinbarung vom 24.3.2004 geltend. Der Beklagte hinterlegte daraufhin 34.800 EUR beim AG Heidelberg (54 HL 270/04).

Mit seiner Klage zum LG Heidelberg hat der Kläger von dem Beklagten verlangt, die Freigabe des hinterlegten Betrages zugunsten des Klägers zu erklären. Außerdem hat der Kläger von dem Beklagten Zahlung von Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem Betrag von 34.800 EUR seit dem 10.11.2004 verlangt. Mit Urteil vom 18.8.2005 hat das LG Heidelberg den Beklagten antragsgemäß sowohl zur Freigabeerklärung als auch zur Zinszahlung verurteilt.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt. Für die Durchführung des Berufungsverfahrens beantragt der Beklagte Bewilligung von Prozesskostenhilfe.

Der Beklagte möchte im Berufungsverfahren erreichen, dass das Urteil des LG abgeändert und die Klage abgewiesen wird. Er ist der Auffassung, er sei aus rechtlichen Gründen nicht verpflichtet, die von A. erhaltene Provision mit dem Kläger zu teilen. Der Kläger tritt den Anträgen des Beklagten entgegen. Er meint, die Berufung des Beklagten biete keine Aussicht auf Erfolg.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die vom Beklagten vorgelegten Unterlagen (fünf Aktenordner) verwiesen.

II. Der Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten ist nicht begründet. Das LG Heidelberg hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Berufung des Beklagten bietet, auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Daher kommt eine Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht in Betracht.

1. Gemäß § 114 Satz 1 ZPO kann Prozesskostenhilfe nur bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung - im vorliegenden Fall die Durchführung des Berufungsverfahrens - für den Beklagten "hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet". Das heißt, es ist zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Ausführungen des Beklagten mit der Möglichkeit zu rechnen ist, dass im Berufungsverfahren das Urteil des LG Heidelberg eventuell zugunsten des Beklagten abgeändert werden muss. Eine solche Möglichkeit ist nach Auffassung des Senats jedoch nicht erkennbar. Daher kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.

Bei der Prüfung der Erfolgsaussichten sind im Berufungsverfahren auch die Tatsachenfeststellungen des LG zu berücksichtigen: Das LG hat bestimmte entscheidungserhebliche Gesichtspunkte durch die Vernehmung der Zeugen M. und H. geklärt. Die Prüfung der Erfolgsaussichten im Berufungsverfahren unterscheidet sich in einem derartigen Fall von der Prüfung der Erfolgsaussichten zu Beginn eines erstinstanzlichen Verfahrens. Während in der ersten Instan...

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