Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständiges Gericht für Adoption eines ausländischen Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Die Konzentrationswirkung gem. § 43b Abs. 2 S. 2 FGG greift auch dann ein, wenn ausländische Sachvorschriften dahin "zur Anwendung" kommen, wenn sie vom VormG (als Vorfrage oder Hauptfrage) zu prüfen sind.

 

Normenkette

FGG § 43b Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Kehl (Aktenzeichen XVI 6/05)

 

Tenor

Zuständiges Gericht ist das AG Karlsruhe - VormG.

 

Gründe

I. Die Antragsteller sind deutsche Staatsangehörige und wollen ein minderjähriges indisches Kind adoptieren. Dazu haben sie einen notariell beurkundeten Adoptionsantrag beim AG Kehl - ihrem Wohnsitzgericht - gestellt. Das AG Kehl hat sich für unzuständig erklärt und das Adoptionsverfahren an das AG Karlsruhe - VormG - abgegeben, weil zwar die Adoption gem. Art. 22 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB dem deutschen Sachrecht unterliege, jedoch nach Art. 23 S. 1 EGBGB das indische Heimatrecht des Kindes anzuwenden sei.

Das AG Karlsruhe hat die Übernahme des Verfahrens abgelehnt, worauf das AG Kehl das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Gerichts dem Senat vorgelegt hat.

II. Der Senat ist gem. § 5 FGG zur Entscheidung berufen, welches Gericht zuständig ist (OLG Karlsruhe v. 15.3.2005 - 19 AR 5/05, FamRZ 2005, 1695; OLG Stuttgart v. 2.12.2003 - 8 AR 22/03, OLGReport Stuttgart 2004, 181 = FamRZ 2004, 1124).

Als zuständiges Gericht für das Adoptionsverfahren war gem. § 43b Abs. 2 S. 2 FGG das AG Karlsruhe als Konzentrationsgericht zu bestimmen. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass die Gerichtsstandskonzentration des § 43b Abs. 2 S. 2 FGG auch dann eingreift, wenn neben deutschem Sachrecht auch ausländisches Sachrecht als Vorfrage anzuwenden ist (OLG Karlsruhe v. 15.3.2005 - 19 AR 5/05, FamRZ 2005, 1695; OLG Stuttgart v. 2.12.2003 - 8 AR 22/03, OLGReport Stuttgart 2004, 181 = FamRZ 2004, 1124; BayObLG v. 16.12.2004 - 1Z AR 168/04, BayObLGReport 2005, 279 = FamRZ 2005, 1694; Palandt/Heldrich, BGB, 65. Aufl., EGBGB Art. 22 Rz. 9; a.A. OLG Hamm OLGReport Hamm 2003, 189; LG Koblenz v. 15.1.2003 - 2 AR 10/02, FamRZ 2003, 1572; Maurer, FamRZ 2005, 2095). Der 11. ZS des OLG Karlsruhe hat auf Anfrage mitgeteilt, dass er an seiner gegenteiligen Rechtsprechung - vgl. OLG Karlsruhe v. 20.10.2003 - 11 AR 6/03, OLGReport Karlsruhe 2004, 125; Die Justiz 2006, 143 - nicht festhält, sondern aus Praktikabilitätsgründen der Rechtsprechung des 19. ZS folgt.).

Die Neufassung des § 43b FGG - um die es hier geht - ist durch das Gesetz zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsrechts (s. BT-Drucks. 14/6001) eingeführt worden.

"Kommen ausländische Sachvorschriften zur Anwendung, so gilt ergänzend § 5 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 des Adoptionswirkungsgesetzes ..."

Wenn in dieser Vorschrift auf die Anwendung von ausländischen Sachvorschriften abgestellt wird, um die Zuständigkeit des AG am Sitz des OLG als Konzentrationsgerichts zu bestimmen, so muss das im Zusammenhang des gesamten Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsrechts gesehen werden.

In der amtlichen Begründung dazu (BT-Drucks. 14/6001) wird im Rahmen des Gesetzes über Wirkungen der Annahme als Kind nach ausländischem Recht - Adoptionswirkungsgesetz - AdWirkG - (Art. 2 des Gesetzes zur Regelung von Rechtsfragen auf dem Gebiet der internationalen Adoption und zur Weiterentwicklung des Adoptionsrechts) tatsächlich zwischen der Anwendung von ausländischem Kollisionsrecht und ausländischem Sachrecht bei der Entscheidung über die Adoption unterschieden.

Dazu führt die amtliche Begründung (BT-Drucks. 14/6001, 20) aus, dass nach Art. 4 der Haager Übereinkunft eine Adoption nur durchgeführt werden kann, wenn die zuständigen Behörden des Heimatstaates festgestellt haben, dass das Kind adoptiert werden kann und dass eine ... Adoption seinem Wohl dient, und wenn sie sich vergewissert haben, dass die Zustimmungs- und Mitwirkungsrechte insb. des Kindes und seiner leiblichen Eltern gewahrt sind.

Bei der Umsetzung dieser Bestimmungen stellt sich die Frage, welche Prüfungsmaßstäbe anzulegen sind, insb. ob dies dem Sachrecht des Aufnahme- oder des Heimatstaates oder dem durch das Kollisionsrecht des einen oder anderen Staates berufenen Sachrecht zu entnehmen ist (BT-Drucks. 14/6001, 21).

Zum Vorgehen bei einer internationalen Adoption wird für die im Inland durchzuführende Annahme der Prüfung durch das VormG eine Vorprüfung durch die Vermittlungsstelle mit im Wesentlichen gleichem Prüfungsprogramm vorgeschaltet (BT-Drucks. 14/6001, 21b). Dies soll durch die Schaffung einer kompetenten zentralen Behörde als Kooperationspartner der Behörden des Heimatstaates gesichert werden, um die Fortsetzung des Adoptionsverfahrens nach Art. 17c des Übereinkommens nicht zum Schaden des Kindes zu verzögern oder aber kaum tragbare Zusatzbelastungen für die Vormundschaftsgerichte nicht zu verursachen (BT...

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