Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Geschäftswert im Streitverfahren um Unterlassung der Prostitution in einer Wohnung
Verfahrensgang
LG Koblenz (Zwischenurteil vom 28.04.1997; Aktenzeichen 4 T 167/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin P… P… gegen den Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 4. Mai 1998 – 4 T 167/97 – wird, soweit ihr nicht bereits durch Beschluß vom 21. April 1999 abgeholfen worden ist, als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten sind Wohnungseigentümer der aus drei separaten Gebäuden mit insgesamt 42 Wohnungen bestehenden Eigentumswohnungsanlage M… Str. Str.… str. … str. in F…. Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Wohnung Nr. 13 im Gebäude M… Str. 58, Wohneinheiten umfaßt; die Antragsteller sind die übrigen Wohnungseigentümer der Anlage.
1. In der Wohnung der Antragsgegnerin wurde der Gewerbsunzucht nachgegangen. Mit Beschluß des Amtsgerichts Freiburg vom 16. Juni 1997 – 13 UR II 98/96 WEG – (AS 285/309) wurde die Antragsgegnerin – dem Antrag der übrigen Wohnungseigentümer entsprechend – verpflichtet, die Nutzung ihrer Wohnung zur Gewerbsunzucht durch Dritte zu beseitigen und in Zukunft eine derartige Nutzung zu unterlassen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde wurde durch den Beschluß des Landgerichts Freiburg vom 4. Mai 1998 – 4 T 167/97 – zurückgewiesen. Ihre weitere sofortige Beschwerde gegen die landgerichtliche Entscheidung (AS 463/465) hat die Antragsgegnerin mit Anwaltsschriftsatz vom 13. Aug. 1998 (AS 477) zurückgenommen.
2. Das Landgericht hatte in seinem Beschluß vom 4. Mai 1998 den Geschäftswert des Verfahrens auf 50.500,00 DM festgesetzt. Mit ihrer mit Schriftsatz vom 24. Sept. 1998 (AS 505/507) eingelegten Beschwerde erstrebt die Antragsgegnerin eine Herabsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren auf 6.000,00 DM. Durch Beschluß vom 21. April 1999 (AS 529/533) hat das Landgericht der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 26.740,00 DM festgesetzt.
II.
Die gemäß § 31 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 14 Abs. 3 S. 1 KostO zulässige Beschwerde dazu, daß es sich dabei entgegen OLG Celle RPflegeR 1960, S. 192 f., nicht um eine weitere, sondern um eine unbefristete zulassungsfreie Erstbeschwerde handelt, vgl. etwa BayObLG MDR 1997, S. 1059; Bärmann/Pick, WEG, 13. Aufl. 1994, Rnr. 5 zu § 48; Hartmann, Kostengesetze, 28. Aufl. 1999, Rnr. 41 zu § 31 KostO (jeweils m. w. N.) – hat in der Sache keinen Erfolg, soweit ihr nicht bereits durch das Landgericht abgeholfen worden ist.
1. Es ist nicht zu beanstanden, daß das Landgericht den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 26.740.00 DM festgesetzt hat.
a) Geht es im gerichtlichen Verfahren in Wohnungseigentumssachen um Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche, so richtet sich der Geschäftswert entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht allein an deren Interesse an einer Entscheidung. Maßgeblich sind vielmehr die Interessen aller Beteiligter, d. h. das Abwehrinteresse des Antragsgegnersund das Interesse der Antragsteller an der Beseitigung des beanstandeten Verhaltens der Antragsgegnerin. Das ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 48 Abs. 3 S. 1 WEG, wonach der Geschäftswert „nach dem Interesse der Beteiligten” festzusetzen ist (vgl. Staudinger/Wenzel, BGB, 12. Aufl. 1997, Rnr. 24 zu § 48 WEG).
b) Mit dem Landgericht schätzt der Senat das Interesse der antragstellenden Eigentümer an einem Unterlassen der von der Wohnung der Antragsgegnerin ausgehenden Beeinträchtigungen auf 500,00 DM für jede der übrigen 41 Wohnungen der Anlage. Nach Auffassung des Senats unterliegt es keinem Zweifel, daß der Wohn- und Mietwert der gesamten Anlage gemindert wird, wenn in einer der Wohnungen die Prostitution ausgeübt wird. Es mag zwar sein, daß dabei die Wertminderung in entfernt liegenden Einheiten geringer ist als in solchen, die der beanstandeten Wohnung unmittelbar benachbart sind. Im Durchschnitt ist der genannte Betrag aber keinesfalls überhöht. Das Beseitigungs- und Unterlassungsinteresse der Antragsteller bemißt sich mithin auf 20.500,00 DM. Beim Abwehrinteresse der Antragsgegnerin ist angesichts der von ihr gemachten Angaben davon auszugehen, daß bei Gestattung der Gewerbsunzucht eine um 520,00 DM erhöhte Monatsmiete erzielt wurde. Ihr Abwehrinteresse ist mit dem Landgericht auf die auf ein Jahr bezogene Mietdifferenz, mithin auf 6.240,00 DM, zu schätzen.
2. Mit seinem Beschluß vom 4. Mai 1998 hatte das Landgericht den Geschäftswert zwar undifferenziert, also für beide Instanzen gleich, auf 50.500,00 DM festgesetzt. Da mit der Beschwerde ausdrücklich nur eine Abänderung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren beantragt wurde, konnte sie nicht zu einer Geschäftswertänderung auch für das erstinstanzliche Verfahren führen. Angesichts seines klaren Wortlauts und des Umstandes, daß es von einem Rechtsanwalt eingelegt worden war, war eine Auslegung des Rechtsmittels dahingehend, daß auch eine Abänderung des Geschäftswert...