Verfahrensgang
AG Bruchsal (Entscheidung vom 04.04.2023) |
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Bruchsal vom 4. April 2023 wird mit den zu Grunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an dieselbe Abteilung das Amtsgerichts Bruchsal zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Betroffene wurde durch Urteil des Amtsgerichts Bruchsal vom 04.04.2023 wegen vorsätzlicher Überschreitung der innerorts zulässigen Höchstgeschwindigkeit (von 30 km/h) um 31 km/h zu einer Geldbuße in Höhe von 520 € verurteilt. Zugleich wurde - unter Gewährung der Vier-Monats-Frist des § 25 Abs. 2 a StVG - ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet.
Hiergegen legte die Betroffene über ihren Verteidiger am 06.04.2023 Rechtsbeschwerde ein, die er nach am 23.05.2023 erfolgter Zustellung form- und fristgemäß mit am selben Tag eingegangenen Schriftsatz vom 23.06.2023 begründete. Neben der uneingeschränkt erhobenen Sachrüge, mit der er u.a. die Lückenhaftigkeit der Urteilsgründe aufgrund des Fehlens einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung der Betroffenen gerügt wird, erhebt der Verteidiger verschiedene Verfahrensrügen. Hierbei rügt er neben der Verletzung des rechtlichen Gehörs, des Rechts auf ein faires Verfahren und auf effektive Verteidigung, weil das Amtsgericht das Messergebnis trotz eines bestehenden Beweisverwertungsverbots ("fair-trial-Verstoß wegen gelöschter Rohmessdaten", "fehlende Bestellung zum Hilfsbeamten") verwertet habe, u.a., dass das Amtsgericht zu Unrecht den in der Hauptverhandlung gestellten Antrag auf Aussetzung des Verfahrens aufgrund der nicht gewährten Einsicht in vorhandene Messunterlagen abgelehnt habe.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Schrift vom 20.07.2023 beantragt, die Rechtsbeschwerde durch Beschluss als unbegründet zu verwerfen.
In ihrer Gegenerklärung vom 14.08.2023 hat die Verteidigung ihren Antrag weiter ausgeführt und diese mit Schreiben vom 18.08.2023 ergänzt.
Dem Verfahren liegt im Wesentlichen folgender Verfahrensgang zugrunde:
Bereits vor Erlass des Bußgeldbescheides am 18.08.2022, auf den wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen wird (Tatzeit: 11.05.2022), hatte der Verteidiger nach erhaltener Akteneinsicht mit Schreiben an die Verwaltungsbehörde vom 28.06.2023 beantragt, ihm im einzelnen benannte Unterlagen zur Verfügung zu stellen, darunter die digitalen Faldatensätze der gesamten Messreihe inklusive Rohmessdaten sowie Token-Datei und Passwort und weitere Unterlagen (Wartungsunterlagen bzw. "Lebensakte", Schulungsnachweis des Auswertepersonals, Baumusterprüfbescheinigung, Konformitätsbescheinigung, Gebrauchsanweisung für Messgerät und Gerätesoftware, Beschilderungsplan, verkehrsrechtliche Anordnung der Geschwindigkeitsbeschränkung, Standort - Erstbetriebnahmeprotokoll und Verwendungsanzeige gemäß § 32 MessEG) beantragt, die ihm jedoch in der Folge nur teilweise gewährt wurde. Nach Vorlage einer beschreibbaren CD wurden dem Verteidiger von der Verwaltungsbehörde insbesondere die "gesamte Messreihe sowie die Rohmessdaten der betreffenden Messung" übermittelt, jedoch nicht (den zur Entschlüsselung der Daten des Messgeräts notwendigen) Software-Token samt Passwort. Insoweit verwies die Verwaltungsbehörde mit Schreiben vom 01.08.2022 und - nach dem mit Schriftsatz vom 06.09.2023 insbesondere auch deshalb Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 62 Abs. 1 OWiG gestellt wurde - mit Schreiben vom 29.09.2022 den Verteidiger u.a. darauf hin, dass die Bußgeldbehörde nicht "befugt" sei, den Software-Token samt Passwort, Gebrauchsanweisung des Messgeräts, Verträge mit der Firma radarrent GmbH etc. herauszugeben. Ein (Gutachten-)Token könne jederzeit bei der hessischen Eichdirektion angefordert werden. Die Gebrauchsanweisung könne beim Hersteller erworben werden. Eine Vorlage des Antrags auf gerichtliche Entscheidung an das Amtsgericht gern. § 62 Abs. 2 OWiG erfolgte nicht.
Nach Eingang der Akten beim Amtsgericht am 09.02.2023 bestimmt dieses mit Verfügung vom 14.02.2023 Termin zur Hauptverhandlung auf den 04.04.2023. Mit Schriftsatz vom 06.03.2023 beantragte der Verteidiger, das Verfahren einzustellen, hilfsweise dieses gemäß § 69 Abs. 5 S. 1 OWiG wegen offensichtlich ungenügender Aufklärung des Sachverhalts an die Verwaltungsbehörde zurückzugeben. Obwohl mit Schriftsatz vom 06.09.2023 Antrag auf gerichtliche Entscheidung in Bezug auf die verwehrte Überlassung verschiedener Messdaten und Messunterlagen gestellt worden sei, sei über diesen nicht entschieden und die Sache verfrüht ans Amtsgericht abgegeben worden. Für den Fall, dass einer Zurückweisung nicht erfolge, werde die Einsichtnahme im gerichtlichen Verfahren weiterverfolgt.
In der Hauptverhandlung vom 04.04.2023, bei der die Betroffene aufgrund Beschluss des Amtsgerichts vom 04.04.2023 vom persönlichen Erscheinen entbunden war, widersprach die Verteidigung der Verwertung der Geschwindigkeitsmesserg...