Leitsatz (amtlich)
Der nach § 349 Abs. 2 und 3 ZPO an Stelle der Kammer entscheidende Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ist nicht Einzelrichter i.S.v. § 568 S. 1 ZPO.
Normenkette
ZPO §§ 349, 568
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Aktenzeichen 11 OH 2/00 KfH) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Sachverständigen … gegen die Entscheidung des LG Heidelberg vom 8.2.2002 – 11 OH 2/00 KfH – in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses vom 14.3.2002 wird zurückgewiesen.
2. Der Sachverständige trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 305,45 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der mit Beweisbeschluss vom 20.9.2001 zum Sachverständigen bestellte Regierungsdirektor am Materialprüfungsamt … wurde von der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 17.9.2001 wegen Besorgnis der Befangenheit erfolgreich abgelehnt. Zu diesem Ablehnungsschreiben fertigte er die Stellungnahme vom 24.9.2001, der er seine Kostennote über 817,80 DM beifügte.
Der Vorsitzende der KfH beim LG Heidelberg hat am 8.2.2002 eine Entschädigung abgelehnt. Auf die Beschwerde des Sachverständigen hat er dem Rechtsmittel insoweit abgeholfen, als er für zwei Stunden 220,40 DM festgesetzt hat, weil der Sachverständige in seiner Stellungnahme zum Teil auch auf Einwendungen gegen seine gutachterlichen Feststellungen eingegangen ist. Im Übrigen hat das LG die Beschwerde dem Senat vorgelegt.
II. Die Beschwerde des Sachverständigen ist nach § 16 Abs. 2 ZSEG i.V.m. § 567 ff. ZPO zulässig. Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
1. Zur Entscheidung über die Beschwerde des Sachverständigen ist der Senat zuständig. Die angefochtene Entscheidung hat nämlich nicht ein Einzelrichter i.S.v. § 568 ZPO, sondern der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen erlassen.
Nach § 568 ZPO entscheidet das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Ob der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen Einzelrichter im Sinne dieser Vorschrift ist, wenn er nach § 349 Abs. 2, 3 ZPO entscheidet, ist streitig (bejahend, ohne Angabe von Gründen: Zöller/Gummer, ZPO-Kommentar, 23. Aufl., § 568 Rz. 2; Thomas-Putzo-Reichold, ZPO-Kommentar, 24. Aufl., § 568 Rz. 2; vgl. aber auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO-Kommentar, 60. Aufl., § 349 Rz. 1).
Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ist nach Auffassung des Senats nicht Einzelrichter i.S.v. § 568 S. 1 ZPO. Zwar hat der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen durchaus Befugnisse, die denjenigen eines Einzelrichters vergleichbar sind. Die gesetzlichen Regelungen sehen den Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen aufgrund seiner Entscheidungsbefugnis aber gerade nicht als „Einzelrichter” an:
§ 350 ZPO unterscheidet für die Anfechtung ausdrücklich zwischen Entscheidungen „des Einzelrichters (§§ 348, 348a ZPO)” und Entscheidungen „des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen (§ 349 ZPO)”. Diese Unterscheidung für das Rechtsmittelrecht gilt auch im Rahmen der Vorschrift des § 568 ZPO.
Anders als den Einzelrichter am LG i.S.v. § 348, 348a ZPO und den alleine entscheidenden Richter am AG (vgl. § 22 Abs. 1 GVG: „Den Amtsgerichten stehen Einzelrichter vor”) bezeichnen die Gesetze den entscheidungsbefugten Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen ausdrücklich gerade nicht als „Einzelrichter” (vgl. § 105 Abs. 1 GVG, § 349 ZPO), sondern in seiner Funktion als Vorsitzenden. Soweit der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ausnahmsweise „echter” Einzelrichter sein soll, hat das Gesetz dies auch festgelegt (vgl. §§ 526 Abs. 4, 527 Abs. 1 S. 2 ZPO). Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen verkörpert bei einer Alleinentscheidung „als „Vorsitzender” die Kammer als Prozessgericht (§ 349 Abs. 3 ZPO: „an Stelle der Kammer”), die die „Einzelrichter”-Befugnisse regelnden §§ 348, 348a ZPO sind in § 349 Abs. 4 ZPO ausdrücklich für nicht anwendbar erklärt worden. Schließlich hat der Kammervorsitzende auch an anderen Stellen der ZPO und des GVG als ein besonders herausgehobenes Mitglied der Kammer besondere Funktionen bzw. Befugnisse (vgl. etwa §§ 136, 272 Abs. 2, 275, 276 ZPO; §§ 176, 194 GVG); die weitergehenden Befugnisse speziell des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen nach § 349 Abs. 2 und 3 ZPO haben den Gesetzgeber aber gerade nicht veranlasst, ihn in dieser weitergehenden Funktion nunmehr „als Einzelrichter” zu bezeichnen.
Zuletzt ist auch zu berücksichtigen, dass die Entscheidungsbefugnis des Einzelrichters in Beschwerdesachen vom Gesetzgeber als Ausnahme konzipiert ist, wie sich insbesondere aus der Fassung des § 568 ZPO ergibt. Ausnahmen sind aber nach den üblichen Auslegungskriterien restriktiv auszulegen und zu zu handhaben, so dass es auch aus diesem Gesichtspunkt heraus naheliegend ist, den Gesetzeswortlaut – die Terminologie des Gesetzes – der Auslegung zugrunde zu legen. Danach wird aber durchgängig zwischen der Entscheidungsbefugnis „des Einzelrichters” und derjenigen „des Vorsitzender der Kammer für Handelssa...