Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Der von dem allgemeinen Vertreter des ausschließlich bevollmächtigten Verteidigers entgegen der zwischen dem Betroffenen und dem Verteidiger ausdrücklich getroffenen Abrede eingelegte Einspruch gegen den Bußgeldbescheid ist unwirksam.

  • 2.

    Durch die - sei es auch form- und fristgerechte - Einlegung des unwirksamen Einspruchs wird der Eintritt der Rechtskraft des Bußgeldbescheides nicht gehemmt. Die Rücknahme des Bußgeldbescheides und der Erlass eines neuen Bußgeldbescheides sind ausgeschlossen.

  • 3.

    Wird das Verfahren trotz Rechtskraft des Bußgeldbescheides auf Grund eines gleichwohl neu erlassenen Bußgeldbescheides fortgesetzt und entscheidet nach hiergegen eingelegtem - weiteren - Einspruch des Betroffenen das Amtsgericht sachlich, so ist im Rechtsbeschwerdeverfahren die Entscheidung des Amtsgerichts aufzuheben und das fortgeführte Verfahren einzustellen.

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Entscheidung vom 08.03.2001; Aktenzeichen 21 OWi AK 25/01)

 

Tenor

  • 1.

    Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 08. März 2001 aufgehoben.

  • 2.

    Der Einspruch gegen den seit 13. Oktober 2000 rechtskräftigen Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25. September 2000 - Az. 19.893466.0 - wird als unzulässig verworfen.

  • 3.

    Das mit Bußgeldbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 23. Oktober 2000 - Az. 19.893466.0 - fortgeführte Verfahren wird eingestellt.

  • 4.

    Die Kosten des Verfahrens und die dem Betroffenen erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last, mit Ausnahme derjenigen Kosten des Verfahrens und notwendigen Auslagen, die bis 13. Oktober 2000 angefallen sind; diese trägt der Betroffene selbst.

 

Gründe

I.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe erließ gegen den Betroffenen unter dem 25.09.2000 Bußgeldbescheid wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerorts (Tatzeit: 19.07.2000); neben der auf DM 150 festgesetzten Geldbuße wurde ein Fahrverbot nicht angeordnet. Der Bußgeldbescheid wurde dem von dem Betroffenen mit der Verteidigung ausschließlich bevollmächtigten Rechtsanwalt A. K, dessen Vollmacht sich seit 22.08.2000 bei den Akten befindet, am 28.09.2000 zugestellt. Während der Urlaubsabwesenheit des Verteidigers legte der mit diesem in Bürogemeinschaft verbundene Rechtsanwalt W. K. in Unkenntnis der zwischen dem Verteidiger und dem Betroffenen nach Beratung ausdrücklich erzielten Übereinkunft, den Bußgeldbescheid nicht anzufechten, vielmehr in Rechtskraft erwachsen zu lassen, am 04.10.2000 Einspruch ein. Mit Verfügung vom 23.10.2000 nahm die Bußgeldbehörde den Bußgeldbescheid vom 25.09.2000 zurück und erließ unter dem 23.10.2000 wegen desselben Tatvorwurfs neuen Bußgeldbescheid über DM 150 nebst einem Fahrverbot von einem Monat Dauer. Der Verteidiger des Betroffenen legte gegen letzteren Bußgeldbescheid, der ihm am 30.10.2000 zugestellt wurde, am 13.11.2000 Einspruch mit dem Antrag ein, festzustellen, dass der Bußgeldbescheid vom 23.10.2000 infolge Eintritts der Rechtskraft des Bußgeldbescheides vom 25.09.2000 am 13.10.2000 gegenstandslos ist. Das Verfahren wurde indes fortgeführt. Mit Urteil vom 08.03.2001 setzte das Amtsgericht Mannheim gegen den Betroffenen wegen der Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße von DM 150 sowie ein Fahrverbot von einem Monat Dauer fest. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, der die Aufhebung des Urteils und die Einstellung des Verfahrens begehrt. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt dies.

II.

Die statthafte Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist zulässig; sie hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Das Urteil des Amtsgerichts vom 08.03.2001 kann keinen Bestand haben. Unter Verwerfung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid vom 25.09.2000 ist vielmehr das mit Bußgeldbescheid vom 23.10.2000 fortgeführte Verfahren wegen eines Verfahrenshindernisses einzustellen.

Die dem Senat auf die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde hin eröffnete, schon von Amts wegen gebotene Überprüfung des Verfahrens auf Prozesshindernisse ergibt, dass das Amtsgericht den Betroffenen wegen der verfahrensgegenständlichen Tat nicht mehr hätte verurteilen dürfen. Die "Strafklage" war nämlich nach Maßgabe des § 84 Abs. 1 OWiG wegen der mit Ablauf des 12.10.2000 eingetretenen Rechtskraft des dieselbe Tat betreffenden Bußgeldbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.09.2000 verbraucht. Dieser Bußgeldbescheid war mangels wirksamen Einspruchs des Rechtsanwalts W. K. rechtskräftig geworden, so dass dieselbe Tat nicht mehr - erneut - als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden konnte bzw. durfte (vgl. ähnlich OLG Naumburg NJW 1995, 332; Göhler OWiG 12. Aufl. § 84 Rdnr. 11; Rdnr. 37 vor § 59).

Der Bußgeldbescheid vom 25.09.2000 war aufgrund der von dem mit dem Vorgang betrauten Sachbearbeiter der Bußgeldbehörde am 22.09.2000 getroffenen, das automatisierte EDV-Verfahren in Gang setzenden Verfügung wirksam erlassen worden. Der geg...

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