Leitsatz (amtlich)

1. Zwar kann nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. B. v. 6.7.2010 - VI ZB 31/08) nicht ohne weiteres angenommen werden, die eigenständige Rechtsverteidigung eines Beklagten, dessen Haftpflichtversicherer den Verdacht einer Unfallmanipulation hegt, sei i.S.v. § 114 ZPO "mutwillig".

2. Im Rahmen der Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist indessen zu berücksichtigen, dass ein (erstbeklagter) Versicherungsnehmer in einer solchen Konstellation gegen seinen (zweitbeklagten) Haftpflichtversicherer einen Anspruch auf Freihaltung von den gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten der Rechtsverteidigung, namentlich auch solche der Beauftragung eines eigenen Rechtsanwalts, hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.9.2010 - IV ZR 107/09 -m.w.N.). Insbesondere dann, wenn der Haftpflichtversicherer Deckungsschutz zugesagt hat, entfällt damit eine Bedürftigkeit des Versicherungsnehmers i.S.v. § 114 ZPO (im Anschluss an BGH NJW 1991, 109; BFH B. v. 30.1.2004 - VII S 22/03 [PKH]).

 

Normenkette

ZPO §§ 114-115

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 10.12.2010; Aktenzeichen 8 O 504/09)

 

Tenor

Der Antrag des Beklagten Ziff. 1 vom 8.2.2011 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Rechtsanwaltsbeiordnung für das Berufungsverfahren gegen das Urteil des LG vom 10.12.2010 - 8 O 504/09 - wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall vom 27.7.2009. Die Beklagte Ziff. 2, der Haftpflichtversicherer des vom Beklagten Ziff. 1 seinerzeit gesteuerten Fahrzeugs, behauptet insoweit eine Unfallmanipulation im Einvernehmen zwischen Kläger und Beklagtem Ziff. 1.

Das LG hat mit Urteil vom 10.12.2010 die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt.

Hiergegen wendet sich die Beklagte Ziff. 2 mit ihrer im eigenen Namen sowie als Streithelferin zugleich für den Beklagten Ziff. 1 eingelegten Berufung, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin eine Klageabweisung erstrebt.

Mit Schriftsatz vom 8.2.2011 - bei Gericht eingegangen am 9.2.2011 - beantragt der Beklagte Ziff. 1 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sowie Rechtsanwaltsbeiordnung für das Berufungsverfahren und kündigt die Übersendung einer Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse an.

Am 9.2.2011 wies das Berufungsgericht auf die jüngste Rechtsprechung des BGH - Beschl. v. 6.7.2010 - VI ZB 31/08 - sowie Urt. v. 15.9.2010 - IV ZR 107/09 - hin und räumte allen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme ein.

Daraufhin forderte der Beklagte Ziff. 1 die Beklagte Ziff. 2 mit Schriftsatz vom 14.3.2011 im Hinblick auf die letztgenannte Entscheidung des BGH auf, ihn, den Beklagten Ziff. 1, von den ihm im Haftungsprozess entstandenen Rechtsanwaltskosten freizustellen.

Mit gerichtlicher Verfügung vom 14.3.2011 erhielt die Beklagte Ziff. 2 zu diesem Schriftsatz des Beklagten Ziff. 1 nochmals Stellungnahmemöglichkeit, verbunden mit der ausdrücklichen Anfrage, ob der Anspruch des Beklagten Ziff. 1 auf Freihaltung/-stellung von den Kosten seiner Rechtsverteidigung mit Blick auf die Entscheidung des BGH v. 15.9.2010 - IV ZR 107/09 - anerkannt werde.

Im Schriftsatz vom 21.3.2011 ließ die Beklagte Ziff. 2 alsdann erklären, dass die Rechtsprechung des BGH berücksichtigt würde.

II. Eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren kommt nicht in Betracht. Die Voraussetzungen von § 114 ZPO liegen nicht vor.

1. Nach dieser Vorschrift erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

2. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

a) Es kann dahinstehen, ob die Rechtsverteidigung des Beklagten Ziff. 1 hinreichende Aussicht auf Erfolg hätte.

b) Nach der jüngsten Rechtsprechung des BGH kann nicht ohne weiteres angenommen werden, die eigenständige Rechtsverteidigung eines Beklagten, dessen Haftpflichtversicherer den Verdacht einer Unfallmanipulation hege, sei i.S.v. § 114 ZPO "mutwillig" (vgl. Beschl. v. 6.7.2010 - VI ZB 31/08).

c) Eine Bedürftigkeit des Beklagten Ziff. 1 i.S.v. § 114 ZPO war jedoch nicht festzustellen.

aa) Entgegen seiner eigenen Ankündigung hat der Beklagte Ziff. 1 schon die erforderliche aktuelle Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (vgl. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO) bis zuletzt nicht vorgelegt.

bb) Darüber hinaus hat ein Antragsteller gem. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Bestreitung der Prozesskosten auch sein verwertbares Vermögen einzusetzen. Besteht Deckungsschutz durch eine Rechtsschutz- oder Haftpflichtversicherung, so ist der Antragsteller nicht hilfsbedürftig (vgl. BFH, B. v. 30.1.2004 - VII S 22/03 [PKH]; BGH NJW 1991, 109; KG VersR 1979, 449; Zöller/Geimer, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 115 Rz. 49c). So liegt der...

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