Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsversprechen einer Existenzschutzversicherung - Schadensersatzansprüche und gewohnheitsrechtliche Erfüllungshaftung nach Inkrafttreten des VVG 2008
Leitsatz (amtlich)
1. Aus dem Begriff "Existenzschutzversicherung" ergibt sich keine Beschreibung der versicherten Risiken. Das Leistungsversprechen einer Existenzschutzversicherung ergibt sich erst aus der Konkretisierung der versicherten Risiken in den Versicherungsbedingungen.
2. Fehlt eine Konkretisierung der vereinbarten Risiken, weil die Versicherungsbedingungen nicht wirksam in den Vertrag einbezogen wurden, kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in der Regel nicht in Betracht; denn es gibt für Existenzschutzversicherungen weder ein gesetzliches Leitbild noch allgemein übliche Versicherungsbedingungen.
3. Wenn eine Beschreibung der versicherten Risiken fehlt, kommt kein wirksamer Vertrag über eine Existenzschutzversicherung zustande.
4. Erklärt der Versicherungsvertreter bei Vertragsabschluss, die Versicherungsnehmerin werde bei einem Burnout eine Rente erhalten, obwohl dies nicht den vereinbarten Bedingungen der Existenzschutzversicherung entspricht, liegt ein Beratungsfehler vor. Wird die Versicherungsnehmerin später auf Grund einer schweren Depression berufsunfähig, kommt ein Schadensersatzanspruch gemäß § 6 Abs. 5 VVG in Betracht, wenn die Versicherungsnehmerin bei zutreffender Beratung eine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen hätte.
5. Bei einem Beratungsfehler im Sinne von § 6 VVG sind Schadensersatzansprüche gegen den Versicherer seit 2008 in § 6 Abs. 5 VVG abschließend geregelt. Für eine Anwendung der gewohnheitsrechtlichen Erfüllungshaftung gibt es daneben seit 2008 keine rechtliche Grundlage mehr.
Normenkette
BGB § 305 Abs. 2; VVG § 6 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Konstanz (Aktenzeichen C 10 O 11/19) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 18.09.2019 - C 10 O 11/19 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Der Beschluss des Senats und das Urteil des Landgerichts Konstanz sind vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.
4. Der Streitwert wird auf 380.540,00 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung der Klägerin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Auch die weiteren Gesichtspunkte gemäß § 522 Abs. 2 Ziffer 2, 3 und 4 ZPO erfordern keine mündliche Verhandlung. Wegen des Sachverhalts und wegen der Gründe wird auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 22.02.2022 verwiesen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziffer 10 ZPO.
3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens ergibt sich aus den Anträgen der Klägerin im Berufungsverfahren.
Fundstellen
Dokument-Index HI15197218 |