Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung von staatsanwaltlichen Einstellungen. Strafrecht. Anfechtung von staatsanwaltlichen Einstellungen durch den möglichen Verletzten

 

Leitsatz (amtlich)

Stellt die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren nach § 153 Abs. 1 StPO oder unter Verweisung auf den Privatklageweg nach § 170 Abs. 2 StPO ein, sind diese Entscheidungen für den möglichen Verletzten - abgesehen von Gegenvorstellung und Dienstaufsichtsbeschwerde - grundsätzlich nicht anfechtbar.

 

Normenkette

EGGVG § 23; StPO §§ 153, 172; GG Art. 19 Abs. 4 S. 1

 

Verfahrensgang

StA Heidelberg (Entscheidung vom 26.05.2015; Aktenzeichen 140 Js 9138/15)

StA Heidelberg (Entscheidung vom 15.12.2014; Aktenzeichen 140 Js 26670/14)

StA Heidelberg (Entscheidung vom 30.09.2014; Aktenzeichen 140 Js 15952/14)

 

Tenor

  1. Der Antrag des Anzeigeerstatters G. K. vom 6. Juli 2015 auf gerichtliche Entscheidung gegen die Bescheide der Staatsanwaltschaft Heidelberg vom 30. September 2014 - 140 Js 15952/14 -, vom 15. Dezember 2014 - 140 Js 26670/14 - und vom 26. Mai 2015 - 140 Js 9138/15 - wird als unzulässig verworfen.
  2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
  3. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen.
  4. Der Geschäftswert wird auf 500,- EUR festgesetzt.
 

Gründe

I.

Der auf "§ 23 EGGVG oder Art. 19 Abs. 4 i.V.m. § 153 Abs. 1 Satz 1 analog StPO" gestützte Antrag richtet sich gegen die nachfolgenden Verfügungen der Staatsanwaltschaft Heidelberg. Diese hat aufgrund der Strafanzeigen des Antragstellers folgende Entscheidungen getroffen:

a) Das auf Strafanzeige vom 25.07.2014 (Beschuldigte: D.H. und A. H.) eingeleitete Ermittlungsverfahren 140 Js 15952/14 wurde durch Verfügung vom 30.09.2014 gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt; hinsichtlich möglicher Ordnungswidrigkeiten wurde das Verfahren an die Verwaltungsbehörde abgegeben. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Antragstellers wurde - als Dienstaufsichtsbeschwerde - mit Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 31.10.2014 - Zs 1974/14 - als unbegründet zurückgewiesen.

b) Das auf Strafanzeige vom 26.10.2014 (Beschuldigte: D.H. und A. H.) eingeleitete Ermittlungsverfahren 140 Js 26670/14 wurde durch Verfügung vom 15.12.2014 mangels Vorliegens des öffentlichen Interesses i.S.d. § 376 StPO unter Verweisung auf den Privatklageweg eingestellt; hinsichtlich möglicher Ordnungswidrigkeiten wurde das Verfahren an die Verwaltungsbehörde abgegeben. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Antragstellers wurde - als Dienstaufsichtsbeschwerde - mit Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 19.01.2015 - 6 Zs 78/15 - als unbegründet zurückgewiesen.

c) Das auf Strafanzeige vom 27.04.2015 (Beschuldigter: D.H.) eingeleitete Ermittlungsverfahren 140 Js 9138/15 wurde durch Verfügung vom 26.05.2015 gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt; hinsichtlich möglicher Ordnungswidrigkeiten wurde das Verfahren an die Verwaltungsbehörde abgegeben.

Sämtlichen Strafanzeigen liegen Beschuldigungen im Nachbarschaftsverhältnis - die Beschuldigten wohnen im Nachbarhaus -, insbesondere Hausfriedensbruch, Beleidigung, Lärmbelästigung u.s.w., zugrunde.

II.

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG ist als unzulässig zu verwerfen, da er im Hinblick auf den Grundsatz der Subsidiarität (§ 23 Abs. 3 EGGVG) nicht statthaft ist.

1. Eine Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft nach § 153 StPO (Verfügung vom 30.09.2014 und 27.04.2015) bzw. § 170 Abs. 2 StPO i.V.m. mit einer Verweisung auf den Privatklageweg (Verfügung vom 15.12.2014) kann zwar vom möglichen Verletzten nicht im Wege eines Antrags im Klageerzwingungsverfahren angefochten werden (§ 172 Abs. 2 Satz 3 StPO). Dieser Ausschluss einer Anfechtungsmöglichkeit steht in Übereinstimmung mit § 153 Abs. 2 Satz 4 StPO im Fall eines gerichtlichen Einstellungsbeschlusses - außer beim Fehlen einer prozessualen Voraussetzung für den Angeschuldigten und die Staatsanwaltschaft (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 153 Rn. 34) -, was auch für einen Nebenkläger gilt (§ 400 Abs. 2 Satz 2 StPO). Daher kommen für den Anzeigeerstatter bzw. Verletzten bei solchen Einstellungsverfügungen nur die Gegenvorstellung oder Dienstaufsichtsbeschwerde in Betracht (SK-StPO/Weßlau, 4. Aufl., § 153 Rn. 64). Dies gilt auch dann, wenn der Anzeigeerstatter die Verneinung des öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft (§ 376 StPO) für unrichtig hält (KK-Moldenhauer, StPO, § 172 Rn. 39). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebietet auch Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG keine Anfechtungsmöglichkeit. Ein Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG setzte nämlich eine im Interesse des Einzelnen gewährte Rechtsposition voraus; nur zum Schutz derartiger Rechtspositionen ist der Rechtsweg verfassungsrechtlich garantiert (BVerfGE 83, 182 [194]). Dabei genügt die Verletzung bloßer Interessen nicht; entscheidend ist, ob die einschlägige Norm dem Schutz des Betroffenen zu dienen bestimmt ist, d.h. ob sie einen...

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