Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des Verbringens i.S. von § 12a Abs. 1 S. 1 FVG

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Verbringen i.S. von § 12a Abs. 1 S. 1 FVG liegt vor, wenn eine von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft über einen anzeigepflichtigen Geldbetrag gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn die Betroffene den Geldbetrag - unabhängig von den Eigentumsverhältnissen - in ihrer Handtasche mitführt, die auf dem Rücksitz des PKW abgelegt ist.

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Aktenzeichen 7 OWi 51 Js 589/02)

 

Gründe

I.

Mit Urteil vom 21. Februar 2002 hat das Amtsgericht K. die Betroffene wegen eines vorsätzlichen Verstoßes gegen das FVG zu einer Geldbuße von 2.200.--EURO verurteilt. Nach den Feststellungen hatte die Betroffene als Beifahrerin im PKW ihres Ehemanns trotz entsprechender Fragen des Zollbeamten G. bewusst und gewollt verschwiegen, dass sie in ihrer auf dem Rücksitz des Fahrzeuges unter Kleidern abgelegten Handtasche einen Bargeldbetrag in Höhe von DM 55.000.-- mitführte.

II.

Die Verfahrensrüge entspricht nicht den Anforderungen des § 79 Abs. 3 OWiG i.V.m. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Es wird nicht ausgeführt, welches Beweisergebnis die Vernehmung des POM W. erbracht hätte.

Die zulässig erhobene Sachrüge ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die in der Handtasche der Betroffenen aufgefundenen DM 55.000.-- von ihr mitgeführt wurden und dies als Verbringen i.S.v. § 12 a Abs. 2 Satz 1 FVG ausgelegt. Verbringen i.S.d. Vorschrift (und somit auch i.S.v. § 12 a ZollVG) ist enger auszulegen als sonst im Zollrecht, wo ausreicht, dass die Ware aufgrund eines von einem Menschen getragenen Willens in das Zollgebiet gelangt (Dorsch-Kock, Zollkodex, Art. 37, Rdnr. 23). Verbringen i.S.v. § 12 a Abs. 2 FVG und 12 a Abs. 1 ZollVG setzt darüber hinaus eine von natürlichem Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft über den anzeigepflichtigen Geldbetrag voraus. Dies ist nach den Feststellungen des Amtsgerichts für den gesamten in der Handtasche der Betroffenen befindlichen Geldbetrag der Fall, da es sich hierbei um ein generell von der Betroffenen beherrschtes Behältnis handelt, das ihrer Gewahrsamssphäre zugerechnet werden kann.

Hierbei kann dahingestellt bleiben, wer im Einzelfall (Allein- oder gemäß §§ 948, 947 BGB Mit-) Eigentümer dieser Geldscheine war. Demgemäss hängt die Erfüllung des Bußgeldtatbestandes auch nicht - wie die Rechtsbeschwerde rügt- von Zufälligkeiten ab, sondern ausschließlich davon, ob der jeweils Betroffene zu dem Zeitpunkt, zu dem er gem. § 12 a Abs. 2 FVG bzw. 12 a Abs. 1 ZollVG von den Zollbediensteten befragt wird, von einem natürlichen Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft über Bargeld oder gleichgestellte Zahlungsmittel im Wert von 15.000.--EURO oder mehr hat, die in die, aus den oder durch die in § 12 a Abs. 1 FVG bzw. § 1 Abs. 3 a Satz 1 ZollVG bezeichneten Gebiete von ihm verbracht oder befördert werden. Dies war nach den Feststellungen des Amtsgerichts bei der Betroffenen der Fall.

Es bestehen auch keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angewandten Vorschriften des Finanzverwaltungsgesetzes bzw. der gleichlautenden Vorschriften des Zollverwaltungsgesetzes. Der aus Art. 103 Abs. 2 GG i.V.m. § 3 OWiG abzuleitende Grundsatz der Bestimmtheit der Norm bestimmt sich sowohl auf die Voraussetzungen wie auch die Rechtsfolgen einer Ordnungswidrigkeit (BVerfGE 25, 269, 285; 26, 41, 42; 37, 201, 207; 45, 370). Der Grundsatz nulla poena sine lege ist hierbei jedoch nicht soweit auszulegen, dass der Gesetzgeber stets jeden Tatbestand bis ins Letzte ausgestalten müsste. Gegen die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe im Ordnungswidrigkeitenrecht bestehen jedenfalls dann keine Bedenken, wenn sich mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung einer Norm gewinnen lässt, so dass der Einzelne die Möglichkeit hat, den durch die Norm geschützten Wert sowie das Verbot bestimmter Verhaltensweisen zu erkennen und die staatliche Reaktion vorauszusetzen (BVerfGE 45, 372). Diesen Anforderungen wird § 12 c FVG gerecht (Senatsent. vom 14. November 2001 -1 Ss 184/01 -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 473 Abs. 1 StPO.

Der Schriftsatz des Verteidigers vom 11.09.02 lag dem Senat vor.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2578260

NWB 2003, 737

wistra 2003, 36

FamRB 2003, 36

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