Leitsatz (amtlich)
Die Erstattungsfähigkeit der Hebegebühr ist dann zu bejahen, wenn es sich wegen der im Vergleich vereinbarten Art der Zahlungsabwicklung aus objektiven Gründen anbot, diese über das Konto eines der beiden Prozessbevollmächtigten laufen zu lassen.
Im Anwaltsprozess bedarf es dabei keines Hinweises auf das Entstehen der Hebgebühr.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 10.05.2005; Aktenzeichen 14 O 213/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Freiburg vom 10.5.2005 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 516,20 EUR festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Erstattungsfähigkeit einer Hebegebühr des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nach § 22 BRAGO.
Der vorliegende Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet, der wie folgt lautet:
§ 1
a) Die Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin 385.357,50 EUR inkl. 16 % MwSt zzgl. 133.642,50 EUR Zinsen zu zahlen Zug um Zug gegen Herausgabe der Bauhandwerkersicherungsbürgschaft der B-Bank AG Nr. 55006332/1 vom 7.1.2000 über ursprünglich 1,8 Mio. DM, später über 1.520.762,50 DM.
b) Sie verpflichtet sich des Weiteren zur Herausgabe des Originals der Vertragserfüllungsbürgschaft Nr. 31817-01/240 der D. mbH, Frankfurt/M., vom 21.12.1999 i.H.v. 1,8 Mio. DM.
c) Die Zahlung der Vergleichssumme hat spätestens zum 15.2.2005 auf das Anderkonto des Beklagtenvertreters zu erfolgen
d) Die Klägerin und die Beklagte übergeben die jeweiligen Bürgschaften an Rechtsanwalt (Beklagtenvertreter) zu treuen Händen, der diese nach Eingang der Vergleichssumme an die jeweiligen Empfänger weiterleitet.
§ 2
Mit diesem Vergleich sind alle Werklohnansprüche der Klägerin aus dem Bauvorhaben "R.-Wohnpark" in B. abgegolten sowie evtl. Gewährleistungsansprüche der Beklagten wegen des gerügten Schallmangels in der Wohnung P.
§ 3
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1/3, die Beklagte zu 2/3 zu tragen.
§ 4
Dieser Vergleich wird gegenstandslos, wenn nicht die Zahlung der Vergleichssumme innerhalb der Frist des § 1c) erfolgt.
In den Kostenausgleich wurde von Seiten der Beklagten eine Hebegebühr ihres Prozessbevollmächtigten i.H.v. 1.335 EUR plus Mehrwertsteuer (1.548,60 EUR) eingestellt und mit dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss auch berücksichtigt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, die Hebegebühr sei nicht entstanden oder könne zumindest vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten gem. Treu und Glauben nicht geltend gemacht werden. Auf jeden Fall wäre sie jedoch nicht erstattungsfähig, da es sich hier nicht um Kosten des Rechtsstreits handele, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig gewesen seien. Wenn im Verhandlungstermin vom 16.12.2004 das Gericht und eine der Parteien oder der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auch nur mit der Möglichkeit gerechnet hätten, dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Falle einer Auszahlung der Vergleichssumme über sein Anderkonto eine Hebegebühr geltend machen werde, wäre mit Sicherheit eine andere Möglichkeit der Zahlungsabwicklung gewählt worden, nämlich entweder eine Abwicklung über das Konto des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, über ein bei irgend einer beliebigen Bank einzurichtendes Konto, über das beide Parteien nur gemeinsam verfügungsberechtigt gewesen wären oder durch direkte Zahlung des Vergleichsbetrages durch die Beklagte an die Klägerin, sobald die Beklagte von ihrem Prozessbevollmächtigten informiert worden wäre, dass die Bauhandwerkersicherungsbürgschaft bei ihm gem. § 1a) und d) des Vergleichs zu treuen Händen eingegangen sei.
Die Beklagte tritt der Beschwerde entgegen und hebt im wesentlichen darauf ab, dass sich beide Parteien im Vergleich ausdrücklich dafür entschieden hätten, eine Abwicklung über das Anderkonto des Prozessbevollmächtigen der Beklagten durchzuführen und der Prozessbevollmächtigte der Beklagten in dem vorliegenden Anwaltsprozess nicht verpflichtet gewesen sei, auf die Entstehung der Hebegebühr hinzuweisen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Das LG hat zu Recht bei der Kostenausgleichung eine auf Seiten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten angefallene Hebegebühr, die der Höhe nach nicht streitig ist, berücksichtigt.
1. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die Hebegebühr für den Prozessbevollmächtigten des Beklagten im Verhältnis zu diesem gem. § 22 BRAGO (vorliegend kommt gem. § 61 Abs. 1 RVG noch altes Gebührenrecht zur Anwendung) dadurch entstanden ist, dass er die Vergleichssumme auftragsgemäß von der Beklagten in Empfang genommen und diese nach Vorliegen der Vergleichs-Voraussetzungen an die Klägerin weitergeleitet hat. Zu Recht wird in dem angegriffenen Beschluss darauf hingewiesen, dass die Hebegebühr auch dann entsteht, wenn der Rechtsanwalt von se...