Leitsatz (amtlich)
Die fehlerhafte Angabe der Tatzeit durch eine unzutreffende Monatsangabe im Bußgeldbescheid berührt dessen Wirksamkeit nicht, wenn für den Betroffenen eine Verwechslungsgefahr hinsichtlich des ihm zur Last gelegten Verkehrsverstoßes nicht bestand, für ihn vielmehr offenkundig war, dass die falsche Datumsangabe auf einem Schreibversehen beruhte.
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts O. vom 03. November 2003 wird als unbegründet verworfen.
Der Betroffene trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Das Amtsgericht O. hat den Betroffenen am 3. November 2003 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Tateinheit mit vorsätzlicher Nichteinhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstands zu der Geldbuße von 150 EUR verurteilt und gegen ihn außerdem ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt.
Die vom Betroffenen gegen dieses Urteil eingelegte Rechtsbeschwerde erweist sich als unbegründet.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist, obgleich weder die Verletzung sachlichen oder formellen Rechts ausdrücklich gerügt wird, zulässig, weil sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, dass das Fehlen einer Verfahrensvoraussetzung, nämlich das Fehlen eines wirksamen Bußgeldbescheids, mithin ein Sachmangel, beanstandet wird.
Die auf die somit erhobene Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils hat keinen den Betroffenen beschwerenden Rechtsfehler aufgezeigt. Die Feststellungen tragen den Schuldspruch, und die Beweiswürdigung des hinsichtlich Geschwindigkeit und Abstand sachverständig beratenen Gerichts trägt die Feststellungen auch soweit hinsichtlich des Abstandsverstoßes vorsätzliches Handeln angenommen wurde. Die Höhe der Geldbuße und die Anordnung des Fahrverbots sind fehlerfrei begründet.
Näher einzugehen ist nur auf die Frage, ob der dem Verfahren zu Grunde liegende Bußgeldbescheid der zentralen Bußgeldstelle des Regierungspräsidiums K. vom 20.06.2003 Wirksamkeit entfalten konnte, obwohl in ihm die Tatzeit falsch - 22.03.2003 anstatt 22.04.2003 - angegeben war, ob mithin ein Verfahrenshindernis bestand.
Der Senat sieht den genannten Bußgeldbescheid als wirksam an und verneint das Vorliegen eines Verfahrenshindernisses.
Damit ein Bußgeldbescheid seiner Informationsfunktion und seiner Abgrenzungsfunktion von anderen Vorgängen genügen kann, bestimmt § 66 I 3 OWiG, dass die dem Betroffenen zur Last gelegte Tat sowie Zeit und Ort ihrer Begehung in ihm mitgeteilt werden müssen, um einer Verwechslungsgefahr vorzubeugen. Wesentliche Mängel der Abgrenzungsfunktion haben die Unwirksamkeit des Bußgeldbescheids zur Folge (KK OWi, 2. Aufl. § 66 Rdn. 48).
Die fehlerfreie Angabe der Tatzeit wird in Rechtsprechung und Literatur nicht als ein uneingeschränktes Wirksamkeitserfordernis angesehen (KK a.a.O. Rdn: 52). Die Wirksamkeit des Bußgeldbescheids mit der Angabe einer falschen Tatzeit wird auch nach Auffassung des Senats dann nicht in Frage gestellt, wenn der Betroffene den Irrtum über die Tatzeit als offensichtlich erkennen konnte und eine Verwechslungsgefahr mit einem anderen Vorgang nicht bestand (OLG Hamm NStZ-RR 98/372 m.w.N.). Zur Frage, ob sich die fehlerhafte Zeitangabe aus der Sicht des Betroffenen als offensichtlicher Irrtum darstellt, ist über den Bußgeldbescheid hinaus der gesamte Akteninhalt heranzuziehen (OLG Hamm a.a.O., OLG Köln NStZ 82/ 123).
Im vorliegenden Falle ergibt sich, dass für den Betroffenen eine Verwechslungsgefahr nicht bestand, dass für ihn vielmehr offenkundig war, dass die falsche Datumsangabe auf einem Schreibversehen beruhte, und dass er sehr wohl erkennen konnte, welche Tat geahndet werden sollte. Unmittelbar nach der Tat war er angehalten und kontrolliert worden. Dabei war ihm der doppelte Verkehrsverstoß, der auch im Bußgeldbescheid beschrieben ist, nämlich Geschwindigkeitsüberschreitung und Abstandsverstoß, vorgeworfen worden, und er war über sein Aussageverweigerungsrecht belehrt worden. Der Betroffene hatte daraufhin mit Datum vom 22.04.2003 die Erklärung unterzeichnet, dass er sich nicht zur Sache äußern wolle (AS 5). Bei dieser Sachlage ist die Unterscheidbarkeit und Individualität der Tat in so hohem Maße gewährleistet, dass die Möglichkeit einer Verwechslung mit einem gleichen Verkehrsverstoß an gleicher Stelle genau einen Monat zuvor aus der Sicht des Betroffenen als nur theoretisch, keinesfalls aber realistisch erscheint.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs.1 OWiG, 473 Abs. 1 StPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2578362 |
NStZ 2006, 27 |
NStZ-RR 2004, 307 |
VRS 2004, 467 |
GV/RP 2005, 327 |
KomVerw 2005, 86 |
FuBW 2005, 195 |
FuHe 2005, 304 |