Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit von Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts
Leitsatz (amtlich)
Reisekosten eines nicht im Bezirk des Verfahrensgerichts (Prozessgerichts) niedergelassenen Rechtsanwalts, dessen Beauftragung nicht notwendig war, sind nicht erstattungsfähig, auch nicht in Höhe der fiktiven Reisekosten eines fiktiven Bevollmächtigten mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks.
Normenkette
FamFG § 113; ZPO § 91
Verfahrensgang
AG Bruchsal (Beschluss vom 23.11.2016; Aktenzeichen 3 F 359/13) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG - Familiengericht - Bruchsal vom 23.11.2016, 3 F 359/13, abgeändert:
Die von der Antragsgegnerin an die Antragstellerin gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 106 ZPO nach dem rechtskräftigen Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.01.2016 zu erstattenden Kosten werden auf 2,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 ZPO hieraus seit 11.05.2016 festgesetzt.
2. Die weiter gehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
5. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 210,28 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten im Kostenfestsetzungsverfahren über die Erstattungsfähigkeit der Reisekosten der Bevollmächtigten der Antragstellerin. In der Hauptsache hatte die Antragstellerin einen Unterhaltsanspruch (Elternunterhalt) aus übergegangenem Recht verfolgt.
Die Antragstellerin - Sozialverwaltung des Bezirks O. in Bayreuth - lies sich im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe durch in Bayreuth kanzleiansässige Rechtsanwälte vertreten. Nach dem rechtskräftigen Beschluss des Senats vom 22.01.2016 hat die Antragstellerin 44 %, die Antragsgegnerin 56 % der Kosten zu tragen. Im Kostenfestsetzungsverfahren meldete die Antragstellerin Reisekosten und Abwesenheitsgelder für ihre Bevollmächtigten für 2 Gerichtstermine in Karlsruhe und einen Gerichtstermin beim AG Bamberg (Rechtshilfevernehmung) an. Diese wurden von der Rechtspflegerin des AG im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 22.01.2016 abgesetzt mit der Begründung, die Antragstellerin als Behörde mit rechtlich geschulten Mitarbeitern sei durchaus in der Lage gewesen, einen Anwalt am Ort des Gerichts schriftlich zu informieren. Ersatzweise wurden tatsächliche (Termin 28.11.2014) und fiktive (Termine 06.05.2015, 17.09.2015) Fahrtkosten für jeweils einen Mitarbeiter der Behörde zu den Gerichtsterminen angesetzt.
Gegen diesen, ihr am 01.12.2016 zugestellten, Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Antragstellerin die am 15.12.2016 beim AG eingegangene sofortige Beschwerde eingelegt, der die Rechtspflegerin des AG nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin beruft sich darauf, dass für sie in jedem Fall Reisekosten in der Höhe erstattungsfähig seien, wie sie für einen am entferntesten Ort des OLG-Gerichtsbezirks niedergelassenen Rechtsanwalt entstanden wären. Diese beliefen sich auf 535,20 EUR und seien somit höher als die tatsächlich geltend gemachten Kosten von insgesamt 298,70 EUR. Die Antragsgegnerin tritt der sofortigen Beschwerde entgegen.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 104 Abs. 3, 567 ff. ZPO, 11 Abs. 1 RPflG zulässig. Insbesondere beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 200 EUR, (geltend gemachte Kosten 1.149,80 EUR, berücksichtigte Kosten 774,30 EUR, Differenz 375,50 EUR, 56 % hiervon sind 210,28 EUR).
Die sofortige Beschwerde ist - nur - teilweise begründet.
1) Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Ansicht sind die Reisekosten eines auswärtigen Rechtsanwalts nicht stets bis zur Höhe der fiktiven Reisekosten von dem weitest entfernt liegenden Ort im Gerichtsbezirk zu erstatten. Die Frage ist allerdings in Literatur und Rechtsprechung umstritten (wie hier OLG Celle NJW 2015, 2670; OLG Frankfurt JurBüro 2016, 203; Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 14. Aufl., § 91 Rn. 18; a.A. OLG Köln MDR 2016, 184; OLG Schleswig NJW 2015, 3311; OLG Frankfurt, Beschl. v. 23.03.2015 - 25 W 17/15, juris; Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 91 Rn. 13 "Reisekosten des Anwalts"; BeckOK ZPO/Jaspersen/Wache, § 91 Rn. 168).
Zweifelsfrei ist, dass die Reisekosten auch eines am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des OLG-Bezirks (hier nach Angaben der Beschwerdeführerin Laufenburg, Entfernung nach Karlsruhe 231 km) niedergelassenen bevollmächtigten Rechtsanwalts ohne weitere Prüfung der Notwendigkeit erstattungsfähig wären, §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Diese Konstellation liegt jedoch hier nicht unmittelbar vor. Die Antragstellerin hat tatsächlich nicht einen Rechtsanwalt in Laufenburg beauftragt.
Die Regelung in § 91 Abs. 2 Satz1 ZPO legt zunächst den Schluss nahe, dass bis zur Höhe der - fiktiven - Kosten der Reise eines - fiktiven - Verfahrensbevollmächtigten mit Niederlassung am weite...